Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Meisterin - The Magician's Guild 3: The High Lord
wäre, dass er ohne Gefahr mit dem Gelehrten im Schlepptau in die Gilde zurückkehren könnte, hätte er die entsprechenden Vorkehrungen getroffen. Möglicherweise würde es sogar die Gerüchte ein und für alle Mal im Keim ersticken, wenn man sah, dass sie »normal« miteinander umgingen. Aber er wusste, dass schon eine kleine Andeutung der Wahrheit in argwöhnischen Geistern Verdacht erregen würde - und solche Geister gab es in der Gilde mehr als genug.
»Ich werde übers Meer nach Kyralia fahren«, rief er Tayend ins Gedächtnis. »Ich hätte gedacht, dass du eine Seereise gern vermeiden würdest.«
Tayends Miene bewölkte sich, aber nur für einen Moment. »Ein wenig Seekrankheit würde ich schon in Kauf nehmen, wenn sie mit angenehmer Gesellschaft verbunden wäre.«
»Nicht diesmal«, erwiderte Dannyl entschlossen. Dann unterschrieb er den Brief und legte ihn beiseite. »Also, was hast du entdeckt?«
»Erinnerst du dich an die Inschrift, die wir auf dem Grab der Frau bei den Gräbern der Weißen Tränen gefunden haben? Dort stand, dass die Frau ›hohe Magie‹ bewirkt habe.«
Dannyl nickte. Die Reise nach Vin, die sie auf der Suche nach Beweisen für alte Magie angetreten hatten, schien so lange zurückzuliegen.
»Die Worte ›hohe Magie‹ wurden mit einem Schriftzeichen geschrieben, das eine Mondsichel und eine Hand enthielt.« Tayend schlug das Buch des Dem auf und schob es über den Tisch zu Dannyl hinüber. »Dies ist die Kopie eines Buches, das vor zweihundert Jahren verfasst wurde, als die Allianz gebildet und das Gesetz geschaffen wurde, nach dem alle Magier von der Gilde unterrichtet und kontrolliert werden sollten. Die meisten Magier außerhalb Kyralias waren Mitglieder der Gilde, aber nicht alle. Dieses Buch gehörte einem Magier, der der Gilde nicht angehörte.«
Dannyl zog das Buch zu sich heran und stellte fest, dass am oberen Rand der Seite die gleiche Glyphe stand, über die sie nun seit einem Jahr rätselten. Er las den Text darunter:
Der Ausdruck »höhere Magie« umfasst verschiedene Künste, die früher einmal in allen Ländern allgemein gebräuchlich waren. Zu den geringeren Künsten zählt die Fähigkeit, »Blutsteine« oder »Blutjuwelen« zu schaffen, die es ihrem Schöpfer erleichtern, aus der Ferne mithilfe der Gedankenrede Kontakt zu einer anderen Person aufzunehmen. Außerdem gibt es »Speichersteine« oder »Speicherjuwelen«, die Magie auf bestimmte Weise binden und freisetzen können.
Die wichtigste Form der höheren Magie ist auf Gewinn gerichtet. Wenn ein Magier über das entsprechende Wissen verfügt, kann er Kraft von lebenden Geschöpfen beziehen, um seinen Vorrat an Stärke zu vergrößern.
Dannyl hielt den Atem an und blickte entsetzt auf die Seite hinab. Hier wurde etwas beschrieben, das Ähnlichkeit hatte mit... Ein kalter Schauer lief über Dannyls Rücken. Als leite ihn ein fremder Wille, wanderten seine Augen weiter durch den Text.
Um dies zu erreichen, muss die Barriere, die das Geschöpf oder die Pflanze schützt, durchbrochen oder geschwächt werden. Dazu braucht man lediglich die Haut tief genug einzuschneiden, um Blut oder anderen Körpersaft zutage treten zu lassen. Andere Möglichkeiten beinhalten das freiwillige oder unfreiwillige Herabsenken der Barriere. Mit ein wenig Übung lässt sich die natürliche Barriere willentlich überwinden. Auf dem Höhepunkt sexueller Freuden neigt die Barriere dazu, zu »schwanken«, so dass sich eine flüchtige Gelegenheit bietet, einer anderen Person Kraft abzuziehen.
Dannyl war es inzwischen bis auf die Knochen kalt geworden. Zur Vorbereitung auf seine Position hatte man ihm Informationen gegeben, die gewöhnlichen Magiern nicht zugänglich waren. Einige dieser Dinge waren politischer Natur, andere drehten sich um Magie. Zu den magischen Warnzeichen, die zu erkennen man ihn gelehrt hatte, zählten auch jene, die auf schwarze Magie hindeuteten.
Und jetzt hielt er ein Buch in Händen, das Anweisungen für deren Benutzung gab. Allein indem er dieses Buch las, brach er ein Gesetz.
»Dannyl? Ist alles in Ordnung mit dir?«
Er sah zu Tayend auf, konnte aber nicht sprechen. Tayend erwiderte seinen Blick mit besorgter Miene.
»Du bist ja schneeweiß. Ich dachte... nun ja... wenn dieses Buch Recht hat, haben wir entdeckt, was höhere Magie ist.«
Dannyl öffnete den Mund, schloss ihn dann jedoch wieder und wandte sich erneut dem Buch zu. Er starrte auf die Glyphe, die durch den Halbmond und die Hand gebildet wurde.
Weitere Kostenlose Bücher