Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
fiel ihr der Ärmel über das Handgelenk, und sie hörte ein leises Keuchen in ihrer Nähe. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass Narron das Incal anstarrte.
»Sonea«, sagte Elben. »Ich habe dir einen Platz in der ersten Reihe reserviert.«
Erst jetzt bemerkte sie, dass in der ersten Reihe tatsächlich ein Stuhl frei geblieben war. Porils Stuhl. Sie drehte sich um und stellte fest, dass ihr alter Freund im hinteren Teil des Raumes saß. Er errötete und wich ihrem Blick aus.
»Vielen Dank, Mylord«, erwiderte sie. »Das war sehr freundlich von Euch, aber ich würde es vorziehen, weiterhin auf meinem alten Platz zu sitzen.«
Die Augen des Magiers wurden schmal. Einen Moment lang schien es, als würde er Einwände erheben, aber dann besann er sich offenkundig eines Besseren.
»Nun gut.« Er ließ sich auf seinen Stuhl sinken und legte die Hand auf einen Stapel Papiere auf seinem Pult. »Heute werde ich eure Kenntnisse der Alchemie prüfen«, erklärte er der Klasse. »Ich werde euch eine Liste mit Fragen geben, die ihr beantwortet. Danach werdet ihr einige verschiedene Aufgaben bekommen. Nach der Mittagspause folgen dann die praktischen Prüfungen.«
Als er die Papierbögen verteilte, stieg in Sonea eine alte, beinahe vergessene Furcht auf. Die Prüfungen. Sie überflog die Fragen und seufzte vor Erleichterung. Trotz der Verachtung der Lehrer, trotz aller Versuche Regins, sie zu behindern, war es ihr gelungen, den Unterrichtsstoff zu lernen und zu behalten. Als sie ihre Feder hervornahm und zu schreiben begann, fühlte sie sich bereits besser.
Einige Stunden später verkündete der Gong das Ende der Prüfung, und die Erleichterung der Klasse war mit Händen zu greifen.
»Das ist alles«, sagte Elben. »Ihr dürft jetzt gehen.«
Die Novizen erhoben sich und verbeugten sich vor dem Lehrer. Als sie einer nach dem anderen den Raum verließen, fing Sonea mehrere Blicke von ihren Klassenkameraden auf. Bei dem Gedanken an den Grund dafür krampfte ihr Magen sich vor Angst zusammen.
»Warte, Sonea«, sagte Elben, als sie an seinem Pult vorbeikam. »Ich möchte gern kurz mit dir sprechen.«
Als der Raum sich geleert hatte, sagte er: »Nach der Mittagspause möchte ich, dass du den Platz einnimmst, den ich für dich reserviert habe.«
Sonea schluckte. Hatte Jerrik solche Dinge gemeint, als er davon sprach, dass die Lehrer sie in Zukunft bevorzugt behandeln würden? Sollte sie diesen Vorteil nutzen, wie der Direktor es ihr nahe gelegt hatte?
Aber was konnte sie gewinnen, indem sie in die erste Reihe umzog? Nur das Wissen, dass Poril ihretwegen in der Klasse noch mehr Ansehen eingebüßt hatte. Sie schüttelte den Kopf.
»Ich ziehe es vor, am Fenster zu sitzen.«
Elben runzelte die Stirn. »Es wäre passender, wenn du jetzt ganz vorn in der Klasse säßest.«
Passender? Ärger loderte in ihr auf. Hier ging es nicht darum, ihr beim Lernen zu helfen, hier ging es darum, zu demonstrieren, dass man die Novizin des Hohen Lords bevorzugte. Wahrscheinlich rechnete er damit, dass sie Akkarin von jeder noch so kleinen Vergünstigung, die ihr zuteil wurde, berichten würde. Sie unterdrückte ein bitteres Lachen. Sie würde so wenig wie möglich mit ihrem neuen Mentor sprechen.
Eins hatte sie in den vergangenen sechs Monaten gewiss gelernt: Die Rangordnung der Klasse durfte auf keinen Fall durcheinander gebracht werden. Wenn sie Porils Platz einnahm, würde das weit mehr bedeuten als nur einen Tausch mit ihm. Die Novizen mochten sie schon jetzt nicht; sie brauchte ihnen nicht noch zusätzliche Gründe dafür zu liefern. Sie sah Elben an, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte, und aus ihrem Ärger wurde Trotz.
»Ich werde an meinem alten Platz sitzen bleiben«, erklärte sie ihm.
Elben spitzte missbilligend die Lippen, aber etwas in Soneas Blick ließ ihn zögern. Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Vorne kann man besser sehen und hören«, bemerkte er.
»Ich bin nicht taub, Lord Elben, und auch nicht kurzsichtig.«
Sein Kiefer verspannte sich. »Sonea.« Er trat näher an sie heran und sprach jetzt sehr leise. »Wenn du den Platz in der ersten Reihe ablehnst, könnte man dies als... Nachlässigkeit meinerseits werten...«
»Vielleicht sollte ich Akkarin erklären, dass Ihr mich nicht dort sitzen lassen wollt, wo ich zu sitzen wünsche.«
Seine Augen weiteten sich. »Wegen einer solchen Kleinigkeit würdest du ihn doch gewiss nicht behelligen...«
Sie lächelte. »Ich bezweifle, dass er sich überhaupt
Weitere Kostenlose Bücher