Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
dachte sie über jeden einzelnen ihrer Mitschüler nach. Elayk entsprach ganz dem Bild, das sie sich von einem männlichen Vertreter des lonmarischen Volkes gemacht hatte. Erzogen in einer Welt, in der man Frauen versteckte, sie zwar mit Luxus umgab, ihnen aber praktisch jede Freiheit nahm, war er nicht daran gewöhnt, mit weiblichen Wesen zu reden. Er behandelte Bina und Issle mit derselben kalten Gleichgültigkeit wie sie. Faren, der Dieb, der sie im vergangenen Jahr vor der Gilde versteckt hatte, war da ganz anders gewesen, aber schließlich war Faren auch kein typischer Lonmar!
Gennyls Vater war ebenfalls ein Lonmar, aber seine Mutter war Kyralierin, und er schien keine Probleme im Umgang mit Bina und Issle zu haben. Sonea ignorierte er zwar, aber ihr war verschiedentlich aufgefallen, dass er sie mit schmalen Augen beobachtete.
Shern richtete nur selten das Wort an andere Novizen und starrte die meiste Zeit über ins Leere. Sonea konnte noch immer seine seltsame magische Aura wahrnehmen, die jedoch nicht mehr so sprunghaft pulsierte wie am Anfang.
Bina war ein stilles, zurückhaltendes Mädchen, und Sonea vermutete, dass sie einfach zu schüchtern und zu verlegen war, um an irgendeinem Gespräch teilzunehmen. Als Sonea versucht hatte, mit ihr zu reden, war das Mädchen zurückgewichen und hatte gesagt: »Ich darf nicht mit dir sprechen.« Da Sonea sich an die Bemerkungen erinnerte, die die Mutter des Mädchens vor der Aufnahmezeremonie gemacht hatte, überraschte sie Binas Verhalten nicht weiter.
Kano, Alend und Vallon benahmen sich wie kleine Jungen, lachten über die kindischsten Dinge und prahlten mit ihren Besitztümern und ihrem Erfolg bei Mädchen. Da Sonea solche Dinge häufig von den Jungen in Harrins Bande gehört hatte, wusste sie, dass die Geschichten über Letzteres reine Erfindungen waren. Die Jungen aus den Hüttenvierteln hätten allerdings in ihrem Alter genug Erfahrung gehabt, um solchen Prahlereien schon lange entwachsen zu sein.
Regin war der Mittelpunkt aller Aktivitäten der Novizen. Er beherrschte die anderen mit Komplimenten, Scherzen und überlegen klingenden Bemerkungen. Sonea war aufgefallen, dass all ihre Mitschüler nickten, wann immer Regin eine Meinung äußerte. Diese Beobachtung hatte sie erheitert, bis er angefangen hatte, bei jeder Gelegenheit gehässige Bemerkungen über Soneas Vergangenheit zu machen. Selbst Ahrind, der zu Anfang Sonea gegenüber eine gewisse Freundlichkeit gezeigt hatte, lachte über Regins böse Scherze. Und nach ihrem gescheiterten Versuch, Bina in ein Gespräch zu verwickeln, war Regin prompt neben dem Mädchen erschienen und hatte Charme und Freundlichkeit versprüht.
»Sonea!«
Hinter ihr erklang eine atemlose Stimme. Sie drehte sich um und sah, dass Ahrind auf sie zugelaufen kam.
»Ja?«
»Heute Abend bist du an der Reihe«, stieß er keuchend hervor.
»An der Reihe?« Sie runzelte die Stirn. »Womit?«
»Küchendienst.« Er starrte sie an. »Hat man dir das nicht gesagt?«
»Nein...«
Er schnitt eine Grimasse. »Natürlich. Regin hat den Plan. Wir alle müssen einmal die Woche abends Küchendienst machen. Heute bist du an der Reihe.«
»Oh.«
»Du solltest dich besser beeilen«, warnte er sie. »Du willst doch nicht zu spät kommen.«
»Vielen Dank«, erwiderte Sonea.
Alend zuckte die Achseln und ging davon.
Küchendienst. Sonea seufzte. Es war den ganzen Tag über drückend heiß gewesen, und sie hatte sich auf ein kühles Bad vor dem Abendessen gefreut. Wahrscheinlich würde man den Novizen jedoch keine schmutzigen oder zeitaufwendigen Arbeiten zuweisen, so dass ihr vielleicht doch noch ein wenig Zeit bleiben würde.
Sie lief die Wendeltreppe zum Erdgeschoss hinunter und ließ sich von den Essensgerüchen zum Speisesaal leiten. Etliche Novizen hatten bereits an den Tischen Platz genommen. Sonea folgte einer Dienerin, die mit einem schweren Tablett unterwegs war, in die Küche und fand sich in einem großen, mit langen Bänken gesäumten Raum wieder. Aus brodelnden Töpfen stieg Dampf auf, Fleisch zischte auf dem Grill, und das Klirren von Metall auf Metall war zu hören. Etliche Diener eilten umher und versuchten, sich trotz des Lärms miteinander zu verständigen.
Sonea blieb an der Tür stehen, überwältigt von dem Chaos und der Vielzahl der Gerüche. Eine junge Frau, die in einem Topf rührte, blickte auf. Sie starrte Sonea an, dann drehte sie sich um und rief eine ältere Frau herbei, die ein weites, weißes Gewand trug. Als
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