Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
Gesicht stieg. Als Narron sie mit finsterer Miene musterte, wandte sie sich um und stürzte aus dem Raum.
Sie war erst wenige Schritte gelaufen, als Wut in ihr aufstieg. Wie hätte sie wissen können, dass Shern tot war oder dass Benon sein Vetter war? Die Frage, warum der Unterricht ausfiel, war vollkommen vernünftig gewesen.
Oder etwa nicht?
Ihre Gedanken kehrten zu Shern zurück. Als sie ihre Gefühle erforschte, konnte sie nicht mehr als eine leichte Traurigkeit finden. Shern hatte niemals mit ihr gesprochen, und auch mit sonst niemandem. Tatsächlich hatte die ganze Sommerklasse ihn während der wenigen Wochen, die er an der Universität verbracht hatte, einfach ignoriert.
Als sie das Ende der Treppe erreicht hatte, sah sie zu ihrer Erleichterung, dass Rothen ihr entgegenkam.
»Da bist du ja«, sagte er. »Hast du es schon gehört?«
»Der Unterricht fällt aus.«
»Ja.« Er nickte. »So wird es immer gehandhabt, wenn etwas Derartiges geschieht. Ich habe dich in deinem Zimmer gesucht, aber du warst nicht dort. Komm, lass uns etwas Heißes trinken gehen.«
Schweigend begleitete Sonea ihn. Sie fand es bemerkenswert, dass die Gilde wegen des Todes eines Novizen, der kaum mehr als wenige Wochen dort verbracht hatte, die Universität schloss. Aber da abgesehen von ihr alle Novizen aus den Häusern stammten, war der Junge wahrscheinlich mit mehreren Novizen und Magiern verwandt gewesen.
»Shern war in deiner ersten Klasse, nicht wahr?«, fragte Rothen, als sie sein Quartier betraten.
»Ja.« Sonea zögerte. »Darf ich fragen, was ihm zugestoßen ist?«
»Natürlich.« Rothen nahm eine Kanne und zwei Tassen von einem Tisch, dann holte er zwei Krüge aus einem Schrank. »Ich habe dir einmal davon erzählt, dass ein Magier bei seinem Tod die Kontrolle über seine Kräfte verliert. Erinnerst du dich daran?«
»Alle ungenutzte Magie wird freigesetzt und verzehrt den Körper.«
Rothen nickte. Er stellte die Tassen und Krüge ab. »Shern hat die Kontrolle über seine Magie verloren.«
Ein kalter Schauer überlief Sonea. »Aber er hat die Zweite Stufe gemeistert.«
»Das hat er, allerdings nicht zur Gänze. Sein Geist war nie stabil genug.« Rothen schüttelte den Kopf. »So etwas ist sehr selten, aber es kommt bisweilen vor. Verstehst du, wenn man bei Kindern magisches Potenzial entdeckt, prüfen wir sie auch auf Probleme wie dieses. Manchmal haben sie einfach nicht die geistige Kraft oder Stabilität, um Magie zu kontrollieren.«
»Ich verstehe«, sagte Sonea nickend. Rothen füllte die Kanne mit Wasser und fügte einige Sumi-Blätter aus einem der Krüge hinzu. Sonea griff nach dem anderen Krug, mischte ein wenig Raka-Pulver mit Wasser und erhitzte das Ganze mit Magie.
»Bedauerlicherweise entwickeln manche Menschen eine solche geistige Instabilität erst, wenn sie älter werden«, fuhr Rothen fort, »oder wenn man ihre Magie freisetzt. Aber dann ist es zu spät. Früher oder später verlieren sie die Kontrolle, die man sie gelehrt hat - im Allgemeinen während der ersten Jahre. Shern hat vor einigen Monaten erste Anzeichen von Instabilität gezeigt. Die Gilde hat ihn aus der Stadt fortgeholt und in ein Haus gebracht, das wir eigens für solche Novizen erbaut haben. Wir versuchen, ihnen ein ruhiges, glückliches Leben zu ermöglichen, und sie werden von Heilern behandelt, die mit dem Problem wohlvertraut sind. Aber niemand hat je ein Heilmittel dafür gefunden, und selbst wenn wir ihre Kräfte blockieren, geht es meist nicht lange gut.«
Sonea schauderte. »Als ich ihn das erste Mal sah, fand ich seine Aura merkwürdig.«
Rothen runzelte die Stirn. »Du hast die Instabilität schon so früh gespürt? Niemand sonst hat etwas davon bemerkt. Das muss ich unbedingt dem Direktor...«
»Nein!«, rief Sonea. Wenn Rothen irgendjemandem erzählte, dass sie Sherns Problem gespürt hatte, hätten die Novizen noch etwas, an dem sie ihr die Schuld geben konnten. »Tut das nicht. Bitte.«
Rothen betrachtete sie nachdenklich. »Niemand wird es dir verübeln, dass du nichts gesagt hast. Du konntest unmöglich wissen, was du gespürt hast.«
Sie hielt seinem Blick stand. Rothen seufzte. »Na gut. Jetzt spielt es wahrscheinlich ohnehin keine Rolle mehr.« Er legte die Hände um die Kanne. Sofort stieg Dampf aus der Tülle auf. »Was empfindest du, wenn du an Shern denkst, Sonea?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich habe ihn nicht gekannt.« Dann erzählte sie Rothen, was geschehen war, als sie kurz zuvor das Klassenzimmer
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