Die Gilde von Shandar: Die Spionin
dass es Shalidar unmöglich würde, sich ihm zu nähern, ohne seine Identität preiszugeben. Dann sollten die Wachen Shalidar aufhalten und ihn bei jeder Gelegenheit nach Waffen absuchen. Wenn der Kaiser kam, wollte Femke ihren Einfluss auf ihn nutzen, um Shalidar als Auftragsmörder zu entlarven. Dann würde sie wieder als Botschafterin eingesetzt werden und ihr Ruf wäre wiederhergestellt.
»Und wenn Femke eine respektable Botschafterin ist, würde Euch das auch gut in Eure Pläne passen«, bemerkte Shalidar beiläufig. »Eine Beziehung mit einer Botschafterin würde der Familie nicht so viel Schande bereiten, nicht wahr? Wohingegen ich ziemlich sicher bin, dass die traditionsbewussteren Mitglieder Eurer Familie Euren Umgang mit einer Spionin sicherlich nicht sonderlich gern sehen würden. Es wäre alles so schön gewesen. Unglücklicherweise habe ich noch nie den Wert von Liebhabern zu schätzen gewusst, und von Liebe selbst auch nicht. Ich bin nicht gerade ein Romantiker.«
Shalidar hielt inne, und Danar schloss fest die Augen, weil er jeden Augenblick fürchtete zu spüren, wie das Messer über seine Kehle schnitt. Der Killer hatte, was er wollte. Danar hatte keine Ahnung, wie er aus dieser Sache wieder herauskommen sollte. Der Tod schien unausweichlich.
Er könnte auch noch Femkes Notfallplan verraten, aber das würde ihm wenig nutzen. Vielleicht würde es ihm ein paar Sekunden verschaffen, auch noch den Rest zu erzählen, aber Shalidar schien mit der Information, die er bisher erhalten hatte, zufrieden zu sein. Danar wusste noch mehr. Viel mehr. Aber dieses Wissen zurückzuhalten, verschaffte ihm insgeheim so etwas wie ein Triumphgefühl.
Er versuchte, nicht daran zu denken, wie es sich anfühlen würde, wenn das Messer seine Luftröhre durchschnitt, aber vor seinem inneren Auge stand ihm ein langsamer, schmutziger Tod bevor. Doch dann gab ihm Shalidar zu seinem höchsten Erstaunen einen Hoffnungsschimmer.
»Seit ich Femke kenne, war sie eine Plage. Wenn sie noch ein Jahr älter werden will, dann sag ihr, dass sie sich dem König stellen und die Verantwortung für die Morde an Baron Anton und Graf Dreban übernehmen muss. Wenn sie das tut, werde ich mich nicht in die Entscheidung des königlichen Gerichtshofes einmischen oder mich darum kümmern, wenn sie wieder aus dem Gefängnis ausbricht. Allerdings muss sie versprechen, sich nie wieder in meine Angelegenheiten einzumischen. Wenn ich feststelle, dass sie das getan hat, werde ich sie bis ans Ende der Welt jagen, um sie zu töten. Ist das klar?«
»Vollkommen, Shalidar. Ich werde ihr Eure Nachricht sofort ausrichten.«
»Allerdings werdet Ihr das, denn wenn Ihr nicht sofort geht, dann werdet Ihr sterben, bevor Ihr noch eine Chance bekommt«, versicherte ihm der Killer. Dann stieß er ihm einen scharfen Gegenstand hinten ins Bein. Danar zuckte zusammen und fühlte wieder, wie die Klinge an seiner Kehle leicht seine Haut ritzte. Ein Blutfaden rann langsam über seinen Hals, und Danar fragte sich, was in aller Welt der Killer da nur tat.
Shalidar schubste Danar zur Tür, doch er öffnete sie nicht sofort. In seinem Bein machte sich ein Pochen bemerkbar, wo er gestochen worden war, und plötzlich stieg aus seiner Magengrube ein ekelhaftes Gefühl auf.
»Wenn Ihr leben wollt, dann beeilt Euch, zu Femke zurückzukommen. Sagt ihr, dass ich Euch mit einer mit Nephtis infizierten Wunde gesegnet habe. Das ist ein seltenes Gift, aber ich weiß, dass Femke es schon verwendet hat. Wenn Ihr Glück habt, gibt sie Euch das Gegengift. Verschwendet keine Zeit, Danar. Nephtis zeigt schnell seine Wirkung. Viel Glück und vergesst meine Botschaft nicht.«
Damit öffnete Shalidar die Tür, nahm das Messer von seiner Kehle und gab ihm einen Stoß in den Rücken, der ihn in den Gang beförderte. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und noch bevor er das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, erklang das Geräusch eines Schlüssels, der im Schloss herumgedreht wurde.
In ohnmächtiger Wut wirbelte der junge Lord herum und hämmerte mit der Faust heftig an die Tür. Es war eine nutzlose Geste, da er immer noch unbewaffnet war, aber das kleine Zeichen der Auflehnung tat ihm gut.
Da der Lord keine Ahnung von der Wirkungsweise von Giften hatte, machte er sich nicht die Mühe, seinen Zorn zu beherrschen, als er in Richtung der Gästezimmer rannte. Er wusste nur, dass, je schneller er zu Femke kam, sie ihm umso früher das Gegengift geben konnte. Doch seine Rechnung ging nicht
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