Die Gilde von Shandar: Die Spionin
auf, denn dadurch dass er zornig war und rannte, anstatt sich zu beruhigen und langsam zu gehen, begann Danar, das tödliche Gift schnell durch seinen ganzen Körper zu pumpen.
KAPITEL FÜNFZEHN
König Malo schritt im Garten auf und ab und wälzte Theorien. Jedes Mal wenn er an den Mord an seinem Freund Anton dachte, überwältigte ihn der Zorn, doch jetzt war er damit beschäftigt, die Lösung für die Rätsel der letzten Zeit zu finden. Noch nie hatte Malo so eine Zeit der Intrigen im Palast erlebt.
Als Junge hatte Malo gerne Rätsel gelöst. Seine Lehrer hatten seine Fähigkeit zu logischem Denken und seine Beharrlichkeit dabei, einem Problem auf den Grund zu gehen, bewundert. Es war eine Fähigkeit, die ihm in seiner Regierungszeit immer wieder nützlich gewesen war, aber das augenblickliche Gewirr von Problemen schien völlig unlösbar zu sein.
Seit über vierzig Jahren hatte Thrandor mit seinen Nachbarn in Frieden gelebt. König Malo hatte viele diplomatische Krisen überstanden, aber keine war so weit gegangen, dass man zu den Waffen gegriffen hätte, bis zur Invasion der terachitischen Nomaden aus der Wüste südlich der Grenze im letzten Jahr. Seit dieser Zeit war die Welt verrückt geworden, stellte Malo traurig fest. Es waren Unmengen von Blut vergossen worden, wie aus dem Nichts waren Magier aufgetaucht, um vor den Toren seiner Stadt Duelle auszufechten, und jetzt, nach Jahren ruhigen Lebens am Königshof, gab es auf einmal eine wahre Flut von Morden, Diebstahl und Betrug.
Warum?, fragte er sich. Warum jetzt und warum hier? Was konnte Botschafterin Femke durch den Mord an Anton und Dreban gewinnen? Hatte sie sie ermordet? Worin bestand die Verbindung zwischen den beiden Männern und der Botschafterin?
Malos Wissen nach hatten Anton und Dreban nicht viel miteinander zu tun gehabt. Anton schien den Grafen verabscheut zu haben und hatte dessen Bemühungen, am Königshof zu Macht zu gelangen, verhindert. Dreban hatte einen zweifelhaften Ruf genossen. Malo wusste, dass er gerne manipuliert hatte, doch er hatte nie den Beweis für irgendeine illegale oder gar verräterische Handlung erhalten. Wenn der Graf Pläne geschmiedet hatte, die Macht an sich zu reißen, dann war sein Geheimnis gewahrt geblieben.
Soweit es Malo bekannt war, hatten sich Botschafterin Femke und Baron Anton nur ein einziges Mal getroffen, als Femke die Gaben von Kaiser Surabar in den Thronsaal gebracht hatte. Graf Dreban war zu dieser Zeit nicht anwesend gewesen. Seines Wissens nach hatten sich Femke und Dreban nicht getroffen, bevor er ermordet wurde, obwohl es möglich schien, dass sie sich während der öffentlichen Sitzung gesehen hatten, der Femke beigewohnt hatte.
Nun war die Botschafterin aus dem Palastgefängnis entflohen, eine Tat, die König Malo für unmöglich gehalten hatte. Hatte dieser Ennas, den Lord Danar als einen Angehörigen des Hofes von Shandar identifiziert hatte, etwas mit dem Raubüberfall auf den Staatsschatz und der Befreiung der Botschafterin zu tun? Wann war er nach Mantor gekommen? Warum hatten die Räuber nur so wenig mitgenommen? Sie hätten leicht noch mehr stehlen können. Es gab tausend Fragen, auf die König Malo gerne eine Antwort gehabt hätte, bevor der Kaiser von Shandar eintraf, aber wenn er nicht eine plötzliche Eingebung hatte oder Femke gefunden wurde, war es wohl unwahrscheinlich, die Wahrheit zu finden.
Malo bereute es, Femke nicht aufgesucht zu haben, solange sie in Haft war. Er hatte die Gelegenheit vertan, die Botschafterin ausführlich über die Morde zu befragen, weil er geglaubt hatte, er sollte bis zum Prozess warten, um nicht voreingenommen zu sein. Nun stand er vor einem unglaublichen Durcheinander. In ein paar Tagen würde der Kaiser von Shandar da sein, er hatte noch keine Ahnung, was das Motiv für die beiden Morde gewesen war, Botschafterin Femke lief wieder frei in der Stadt herum, die Wachen hatten auf dem Gelände des Palastes einen Shandasier getötet, weil er nicht anhielt, als es ihm befohlen wurde, und zur Krönung musste König Malo sich jetzt auch noch mit verärgerten thrandorianischen Kaufleuten herumschlagen, die sich über seinen Befehl, den Handel mit dem shandesischen Reich einzustellen, aufregten. Dabei hatte sich das Leben in Thrandor nach den beiden Schlachten gerade wieder normalisiert. Malo wollte keinen weiteren Konflikt heraufbeschwören – und schon gar nicht mit einem so mächtigen Nachbarn. Das Leben war nie einfach, aber Malo fragte
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