Die Gilde von Shandar: Die Spionin
sollte. Ich bemühe mich zu verstehen, was Botschafterin Femke mit ihren Taten zu bezwecken suchte, aber nichts passt zusammen. Vielleicht bringt mich ein Spaziergang im Garten auf den richtigen Gedanken.«
Danar und Femke verneigten sich und verließen den Raum. Die beiden Wachen standen vor der Tür und nahmen sofort Haltung an, als sie sich öffnete.
»Benötigt Ihr uns, um Euch zu Eurem Quartier zurückzugeleiten?«, fragte einer der Gardisten Danar.
»Nein, danke, das ist nicht nötig«, antwortete Danar freundlich lächelnd. »Ich glaube, ich habe mir den Weg gut eingeprägt, und ich kann ja jemanden fragen, wenn ich mir nicht sicher bin. Der König sprach davon, im Garten spazieren gehen zu wollen. Nach den schrecklichen Ereignissen der letzten Wochen halte ich es für angebrachter, wenn Ihr ihn auf seinem Spaziergang begleitet. Der Palast ist in letzter Zeit ein gefährlicher Ort. Im Augenblick gefällt mir der Gedanke nicht, dass Seine Majestät sich allein im Garten aufhält. In den Beziehungen unserer beiden Länder ist bereits genug Schaden angerichtet worden. Wir wollen nicht eine totale Katastrophe riskieren, nicht wahr?«
Die beiden Gardisten sahen erst sich an, dann Danar und schließlich nickten sie und verbeugten sich.
»Wir werden Euren Rat befolgen, Mylord«, sagte der Sprecher der beiden. »Vielen Dank.«
Danar nickte zurück und machte sich wieder auf den Weg. Femke folgte ein paar Schritte hinter ihm. Er wandte sich nicht zu ihr um, um zu sehen, ob sie noch hinter ihm war, und sprach auch kein Wort mit ihr. Er ging einfach schweigend den Weg zurück, den sie von ihrem Besucherquartier aus genommen hatten.
Femke konnte sein Schweigen verstehen, denn auch sie war tief in Gedanken. Ein Teil von ihr trauerte um Ennas, während ein anderer Teil versuchte, sich die Kette der Ereignisse vorzustellen, die dazu geführt hatten, dass er seinen Wächter getötet und versucht hatte zu fliehen. Unglücklicherweise hätte ihre Unaufmerksamkeit ihrer Umgebung gegenüber zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können.
Es war nur ein winziges Flackern einer Bewegung, doch es reichte aus, um Femke aus ihren Gedanken aufzuschrecken und es als Gefahr zu erkennen. Ohne nachzudenken, hechtete sie vor und schubste Danar zur Seite. Eine Klinge blitzte auf, flog knapp über Femke hinweg und genau durch die Stelle, an der Danar eben noch gegangen war. Jemand hatte um die Ecke gesehen und das Messer mit tödlicher Genauigkeit geworfen. Als Femke schwer aufkam, war ihr bereits klar, dass dieser »jemand« nur Shalidar gewesen sein konnte. Augenblicklich sprang die Spionin wieder auf.
»Geh zum Zimmer zurück«, befahl sie Danar, der an die Wand geprallt und zu Boden gestürzt war. »Öffne die Tür nur, wenn die königliche Garde da ist. Ich komme so schnell wie möglich.«
Damit rannte sie den Gang entlang und um die Ecke, um den Mörder zu verfolgen. Allerdings war sie sich nicht sicher, was sie tun würde, wenn sie ihn einholte. Shalidar hatte sicher noch mehr Waffen bei sich, sie hingegen war unbewaffnet, aber Femke wollte ihn unbedingt fangen. Es war eine Sache des Prinzips. Er hatte den Köder geschluckt. Der Rest lag an ihr.
Als sie um die Ecke kam, sah Femke gerade noch eine Gestalt in einem anderen Seitengang auf der rechten Seite verschwinden. So schnell sie konnte, setzte sie dem Flüchtenden nach, doch als sie in den Seitengang einbog, war er bereits in das Gewirr von kleinen Gängen abgebogen, aus dem dieser Teil des Palastes bestand, und außer Sichtweite.
Verdammt, er ist schnell, dachte Femke und schoss zur nächsten Kreuzung, um zu lauschen. Der dicke Teppich dämpfte die Schritte des Killers zwar, aber er machte sie nicht völlig unhörbar. Femke hörte genug, um zu wissen, dass er wieder rechts abgebogen war. Er läuft im Kreis, dachte sie mit aufsteigender Panik. Wenn Shalidar an Danar herankommt, bevor der in den Gemächern ist, bekommt der schlaue Fuchs eine zweite Chance.
Der Gedanke, dass Shalidar Danar erreichen könnte, bevor sie ihn einholen konnte, verlieh ihr zusätzliche Schnelligkeit, und sie flog geradezu den Gang entlang. Als sie die nächste Abzweigung erreichte, war der Killer erneut rechts abgebogen, und wieder konnte sie einen flüchtigen Blick auf ihn erhaschen, als er um die Ecke im Gang vor ihr verschwand.
Als Femke an der Stelle vorbeikam, an der sie Danar kurz zuvor zurückgelassen hatte, stellte sie erfreut fest, dass er nicht mehr da war. Mit etwas Glück würde
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