Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
Hochzeit?«, wiederholte Rani.
»Ja. Ein Bote kam heute Morgen aus der Hauptstadt. Die Prinzessin und euer König werden am Mittsommertag heiraten, und wir wurden eingeladen, bei den Festlichkeiten aufzuspielen.«
»So bald!«, sagte Rani. Sie wagte es nicht, mehr zu sagen.
»Ja. König Teheboth wollte die Gehörnte Hirschkuh ehren, und der Mittsommer ist die verheißungsvollste Zeit dafür. Oh! Ich vergaß. Der Bote hat dies für dich gebracht.«
Flarissa übergab Rani einen zusammengefalteten Brief, und Rani erkannte die Handschrift von Farsobalinti, der ihren Namen quer über das Pergament geschrieben hatte. Sie nahm die Nachricht wie betäubt entgegen und fuhr mit einem Finger unter das Wachssiegel, um es zu brechen. Sie betrachtete die Worte, brauchte sie aber kaum zu lesen, jetzt wo Flarissa ihr die wichtigen Neuigkeiten aus der Hauptstadt bereits erzählt hatte.
Dann war es also geschehen. Hal hatte seinen Handel abgeschlossen. Er war Berylina versprochen.
»Wir Gaukler haben bis zum Mittsommer viel Arbeit vor uns«, sagte Flarissa. »Der Ruf kann sich auf Generationen verbessern oder verschlechtern, abhängig davon, wie wir bei einer königlichen Hochzeit spielen. Wir hätten natürlich eine bessere Chance, das Publikum zu beeindrucken, wenn wir weitere Gelegenheiten hätten, Hochzeitsstücke zu proben.« Die Gauklerfrau schaute betont zu ihrem Sohn. Dann sagte sie: »Enttäusche mich nicht, Ranita. Alle Paneele werden erstrahlen müssen.« Flarissa trat geschäftig zu einer weiteren Gruppe Gaukler.
Tovin verzog das Gesicht, als Rani ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zuwandte. »Hör nicht auf ihre Schelte. Sie ist nur mürrisch, weil sie denkt, ich sollte inzwischen verheiratet sein. Sie will ein Enkelkind in den Armen halten. Sie wird dich nur allzu bald an ihren Herd einladen und dich ›Tochter‹ nennen.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen!«, keuchte Rani und trat fort.
»Ja«, fuhr Tovin fort. »Meine Braut wird ihre Tochter sein, und das kein bisschen zu früh. Sie erwähnt oft genug, was ihr fehlt.«
»Ich…«, protestierte Rani. »Nun, ich habe nie beabsichtigt… Ich wollte nie… Ich stamme nicht einmal aus Liantine!«
»Und ich halte nicht um deine Hand an«, sagte Tovin schlicht und grinste über ihr Unbehagen. »Außerdem wäre deine Heimat für meine Mutter kaum wichtig. Wir sind Gaukler. Wir betrachten Heimat nicht so wie andere Menschen.«
»Ich…« Rani rang um eine Antwort.
»Keine Sorge, Ranita Glasmalerin.« Er zuckte die Achseln, als wollte er sie beruhigen. »Es gibt unterwegs zu viele Frauen, um sich auf eine festzulegen. Meine Mutter lebt seit Jahren mit dieser Enttäuschung, und ein paar weitere werden ihr nicht groß schaden.«
Wie konnte er es wagen anzudeuten, dass sie nicht gut genug wäre, um eine Gauklerfrau zu sein! Nicht einmal gut genug, um sie irgendeiner Tändelei auf der Straße vorzuziehen! Besonders da sie noch heute Morgen das unausgesprochene Angebot in seinen Fingerspitzen gespürt hatte, seine schweigende Bitte gehört hatte.
Das war lächerlich. Rani hegte nicht den Wunsch, Tovin zu heiraten. Sie wollte nur etwas über die Glasherstellung lernen. Und Moren retten. Sie wollte für Hal die eintausend Goldbarren auftreiben, die er brauchte, um die Forderungen der Gefolgschaft zu erfüllen.
Laut sagte sie: »Mütter lernen, mit Enttäuschungen zu leben.«
»Wann hast du diese Zeile gelernt?«
»Zeile?«
»Sie stammt aus einer der Tragödien – Plesandra sagt sie, während sie zusehen muss, wie ihr Sohn das Leben eines Kriegers dem eines Bauern vorzieht.«
»Ich habe das Stück nicht gesehen. Ich habe keine Eurer Tragödien gesehen.«
»Sie sind grausam.« Tovin zuckte die Achseln. »Das Pferdepaneel, das du heute Morgen gesäubert hast, ist aus Plesandras Klage. Die Mutter erfährt nur durch die Rückkehr des Hengstes, dass ihr Sohn gestorben ist.«
Rani erschauderte, als sie an die Geschichte dachte, die sie in ihren Händen gehalten hätte. »Ihr wolltet mich lehren, wie man diese Ketten gestaltet.«
Tovin sah sie fest an. »Du wolltest dich erneut von mir hypnotisieren lassen und über die Gefolgschaft sprechen.«
»Ja.«
»Dann komm. Das heißt, wenn du keine Angst hast.« Er grinste wie ein Wolf und deutete auf die Bühne. »Wenn du nichts dagegen hast, die Hoffnungen meiner Mutter zu schüren.«
Rani folgte Tovins Finger mit dem Blick, nur um Flarissa über die Bühne hinweg zu ihnen blicken zu sehen. Das Gesicht der Gauklerin wirkte
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