Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
war? Die Jungspinnen wären bis dahin geschlüpft.
Sechzehn Raupen.
Die brütenden Weibchen drehten ihre Eisäcke bereits mehrmals am Tag, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Jungen bald kamen. Die hart arbeitenden Mütter wurden von der Anstrengung jedoch launisch. Mareka hatte erwogen, Nektar einzunehmen, nur um sie zu füttern.
Vierundzwanzig.
Was sollte sie tun, wenn die Jungspinnen schlüpften? Wo sollte sie sie ohne die Spinnenkäfige der Gilde unterbringen? Wie sollte sie sie daran hindern, nach Liantine zu entkommen?
Zweiunddreißig, zwang sie sich zu zählen. Zweiunddreißig Raupen.
Sie war in der Spinnengilde aufgewachsen. Sie wusste, dass die Macht ihrer Leute unmittelbar vom Seidenmonopol abhing. Wenn noch jemand Octolaris erwarb und eigene Spinnenseide erntete, könnte er beliebige Preise fordern und die Gilde unterbieten. Er könnte die Vorherrschaft der Gilde stürzen, die sich seit Jahrhunderten entwickelt hatte.
Vierzig.
Noch beunruhigender war die Möglichkeit, dass ihre Jungspinnen unschuldige Menschen mit ihrem Gift bedrohen könnten. Außerhalb der Gilde konnte niemand mit den empfindlichen Tieren umgehen. Niemand kannte die Hymne, niemand kannte die Einstimmung. Niemand besaß zum Schutz Nektar.
Achtundvierzig.
Bei den acht Hörnern der Hirschkuh, sie hätte die Octolaris niemals mitnehmen sollen. Sie hätte sie niemals aus der Enklave herausbringen dürfen. Als sie ihren Fehler erkannte, hätte sie zur Gilde zurückkehren sollen. Sie hätte die Spinnen nach Hause bringen können, sie den Meistern übergeben können. Natürlich wäre sie für ihren Ungehorsam bestraft worden, aber eines hätte für sie gesprochen – Schichten um Schichten perfekter Spinnenseide.
Sechsundfünfzig.
Alles war König Halaravillis Schuld. Sie war nicht willens zurückzukehren, bis sie sich sicher war, dass sie sich ihren Weg zur Gesellin erkaufen könnte. Die Sicherheit käme jedoch nur durch Geld, durch Macht, durch Ansehen. Sie konnte erst zurückkehren, wenn sie wusste, dass sie die Unterstützung eines Königs hatte. Und sie war sich noch nicht sicher, dass Halaravilli ihr gehörte.
Vierundsechzig.
Sie hatte versucht, ihn zu treffen. Sie hatte vor seinen Räumen gewartet. Sie war ihm durch die Gärten gefolgt. Sie hatte sogar angefangen, Pater Siritalanus tägliche Messen zu Ehren der Tausend Götter zu besuchen. Aber jedes Mal, wenn sie sich dem König näherte, war er von seinen Leuten umgeben – dem Priester, Farsobalinti, sogar dem Kapitän seines Schiffes.
Zweiundsiebzig.
Er mied sie. Er hatte Angst vor ihr. Es ängstigte ihn, wie er auf den Nektar reagiert hatte, was er gesagt und getan hatte. Er glaubte sich wie ein Wahnsinniger verhalten zu haben und hätte nicht im Traum daran gedacht, dass sie das alles geplant hatte, dass sie bewusst zu ihm gekommen war. Sie fuhr sich mit der Zunge rasch über die Lippen und verschob eine große Ansammlung Blätter, grub eine weitere Gruppe Raupen aus.
Achtzig.
Sie war sich sicher, dass sie ihn, wenn nötig, erneut verführen könnte.
Achtundachtzig.
Wenn nötig. Sie war bereits drei Wochen über die Zeit. Ihr Körper fühlte sich nicht anders an, aber ihre Mutter hatte sich stets gerühmt, dass sie ihre Tochter beim ersten Mal empfangen hatte. Eine mit Nektar gewürzte Begegnung für ihre Mutter und ihren Vater, um Mareka Octolaris auf die Welt zu bringen. Bei der Hirschkuh, sie kam aus einem starken Gildestamm.
Sechsundneunzig Raupen.
Die Tür zum Raum wurde ohne Vorwarnung aufgestoßen. »Mareka!«, rief Jerusha und trat ein, als gehörte sie hierher, als hätte sie das Recht, den Raum zu betreten.
»Jerusha!« Mareka trat instinktiv vor den großen Korb und schob den Eisentopf unter das Bett. »Was tust du hier?«
»Prinz Olric hat mich gebeten…« Die Prinzessin brach ihre anmaßende Rede ab. »Was hast du da drinnen?«
»Nichts!« Mareka konnte ihre schnelle Antwort nicht zurückhalten.
»Du hast Cooks Topf! Ich hörte sie das Küchenmädchen heute Morgen anschreien, sie beschuldigen, ihn verlegt zu haben. Was hast du da drinnen?«
»Nichts!«, wiederholte Mareka, aber Jerusha war bereits näher herangetreten und schob sich an Mareka vorbei, um unter das Bett zu greifen.
Die Prinzessin erstarrte, als sie den Inhalt sah. »Raupen! Wo sind die Spinnen?«
Mareka biss die Zähne zusammen. »Du weißt, dass außerhalb der Enklave der Spinnengilde keine Spinnen erlaubt sind.«
Jerushas Hand schnellte vor, und der Schlag hallte in dem
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