Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
gelassen, die Arme hatte sie eng angelegt. Sie nickte einmal, während ihr kupferfarbener Blick von Tovin zu Rani und wieder zurück zuckte. Rani schluckte schwer und sagte: »Ich habe keine Angst.«
Sie ließ sich von ihm in den Lagerraum führen. Seine Hände wirkten ruhig, als er den Eisenschlüssel hervornahm, und er summte unmelodisch, während er die Tür hinter ihnen schloss. Er zündete mit müheloser Anmut eine Lampe an und führte Rani dann zu einem Tisch in einer Ecke. Sie war sich die ganze Zeit über des niedrigen Bettes auf der entgegengesetzten Seite des Raumes bewusst, der Polster, an die sie sich angelehnt hatte, als er sie zum ersten Mal hypnotisiert hatte.
Tovin schien jedoch vergessen zu haben, dass das Hypnotisieren ein Teil ihres Handels war. Stattdessen verwandte er große Sorgfalt darauf, ihr die Werkzeuge zu zeigen, die er benutzte, um die feine Bleikette zu fertigen. Er zeigte ihr seine den Bedürfnissen angepasste Goldschmiede-Ausrüstung und erklärte, wie er die geschickte Kunst eines Juweliers mit der großen Kunst eines Schmieds verschmolz. Rani fuhr mit den Fingern den Griff einer unglaublich gebogenen Zange entlang, und Tovin nickte, als sie das Werkzeug hochnahm. Seine Hände wölbten sich um ihre, während er ihr zeigte, wie man das erhitzte Blei bearbeitete, wie sie einen lederumwickelten Hammer benutzen konnte, um die heißen Glieder zu hämmern.
Das letzte Geheimnis, erklärte er, lag im Abkühlen der Kette. Er fügte dem Wasserbad ein Pulver hinzu, ein Pulver, das aus Zarithia kam, der Heimat der edelsten Stahlklingen. Er konnte ihr nicht sagen, was die Substanz enthielt, aber sie kostete mehr als ihr Gewicht in Gold. Sie machte das Blei fest und härtete die winzigen Glieder, so dass sie das Glas tragen konnten, ohne sich unter seinem Gewicht zu verbiegen.
Rani nickte, während sie lernte. Sie prägte sich das Gewicht der Werkzeuge ein, spürte, wie sich ein jedes in ihre Handfläche schmiegte. Sie ließ Tovin ihren Griff um den Hammer korrigieren, verlagerte für besseres Gleichgewicht die Füße, spürte, wie die Kraft ihrer Muskeln durch ihre Beine aufstieg; sich über ihre Brust, ihre Arme hinab fortsetzte. Sie schloss die Augen und stellte sich die Paneele vor, die sie gestalten könnte – schmückende Arbeiten, die sich drehten, um das Sonnenlicht und den Wind einzufangen.
Sie stellte sich das Paneel vor, das sich als ihr Meisterstück der neuen Technik erweisen würde – ein Emblem für den Orden der Octolaris. Sie konnte einen gerundeten, aus getüpfeltem Glas gestalteten Körper sehen, braunes Glas, das mit luftgetrocknetem Silberfärbemittel gefärbt wurde. Der Kopf wäre mit Blei befestigt, mit Hilfe des normalen Lötvorgangs, den sie schon so lange beherrschte. Sie würde Bleiketten gestalten, um die Beine zu befestigen – lange Beine, dünne Beine, Beine, die sie mit einem Diamantmesser ausschneiden würde. Sechzehn Bleiketten. Zwei für jedes Bein ihrer Octolaris.
Als sie die Augen öffnete, beobachtete Tovin sie mit unbeschwertem Lächeln. »Vermutlich die Vision einer Glasmalerin. Was hast du gesehen?«
»Das Stück, das mein Können prüfen wird. Das Stück, das meinen Status als Gesellin festigen würde.«
»Und zwar?«
»Eine Spinne.«
Er lachte nicht. Er sagte ihr nicht, sie sei ein phantasievolles Kind, und er protestierte nicht, dass sie noch keine einzige Bleikette gestaltet hätte, geschweige denn sechzehn. Stattdessen sagte er: »Das könntest du tun.«
»Ich habe sie jedoch nie gesehen. Ich meine, die Octolaris.«
»Niemand hat das. Niemand außerhalb der Spinnengilde.«
»Nehmt mich mit Euch.«
»Was?« Nun klang er überrascht.
»Nehmt mich mit Euch, wenn Ihr morgen aufbrecht. Ich weiß, dass Ihr geht, um Eure Bemühungen um Förderung zu Ende zu bringen. Lasst mich mit Euch kommen – um die Spinnen zu sehen.« Und lasst mich meinen eigenen Handel abschließen, dachte Rani. Lasst mich um Moren verhandeln, um Octolaris und um Riberrybäume im Wert von eintausend Goldbarren.
Sie hätte jene letzten Gedanken laut ausgesprochen haben können, dem scharfsinnigen Blick nach, mit dem er sie bedachte. »Sie werden ihre Spinnen nicht verkaufen, weißt du.«
»Das habe ich gehört.«
»Ihre Macht liegt in ihrem Monopol. Wenn einer ihrer Zuchtstämme wegfiele, verlören sie den Wert des gesamten Seidenmarkts.«
»Ich verstehe.«
»Und doch willst du hingehen.«
»Ja. Aber nicht allein. Mair würde mitkommen. Und Crestman.«
Sie sah die
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