Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
wenn sie herausfindet, was du getan hast!«
»Genau«, sagte sie, und dieses eine Wort drückte mehr aus als die sich verfärbende Quetschung auf ihrer Wange, mehr als das Blutrinnsal, das erneut aus ihrer Nase zu tropfen begonnen hatte.
Hal kämpfte gegen unwürdige Gedanken an. Es waren Octolaris hier, an Teheboths Hof. Er könnte diese Tiere nehmen. Er könnte sie nach Moren schaffen und an seine Lords verkaufen. Er könnte den Orden der Octolaris ausstatten und so seine Bezahlung an die Gefolgschaft finanzieren.
Er zwang sich zu sprechen und Marekas Geständnis anzuerkennen. »Und jetzt weiß Jerusha es«, sagte er. »Und sie wird so bald wie möglich die Spinnengilde informieren.«
»Ja«, flüsterte sie. »Sie muss in diesem Moment eine Nachricht schicken. Sie wird die Reiter des Königs benutzen, sie ihrem Ehemann abschmeicheln. Und dann wird sie Nektar trinken und mir die Spinnen wegnehmen.«
Nektar? Wovon redete sie? »Was beabsichtigst du also zu tun? Der Gilde gegen Lösegeld die Tiere zurückzugeben?«
»Nein!« Ihr nachdrücklicher Protest schien sie zu schmerzen, ihre Stimme klang rau. Sie senkte die Stimme fast zu einem Flüstern und wiederholte: »Nein. Ich kann sie der Gilde nicht zurückgeben. Sie würden sofort vernichtet.«
»Die Spinnengilde verdient ihr Geld damit, Spinnenseide zu verkaufen. Warum sollte sie ihr Vermögen vernichten?«
»Dieses… Vermögen… ist zu gefährlich für die Gilde. Das Gift meiner Octolaris ist weitaus stärker als das durchschnittlicher Spinnen.«
»Sie sind zu gefährlich für die Gilde, und doch hast du dich hier um sie gekümmert? Im Geheimen? Allein?«
»Wir haben Möglichkeiten, Mylord. Die Spinnengilde braut einen Trank, der vor dem Gift der Spinnen schützt, der die Octolaris in Schach hält. Nektar nennen wir ihn. Octolarisnektar.« Sie errötete, und ihre Finger schlossen sich über ihrem Bauch, als verberge sie etwas Schimpfliches. »Er wird aus Octolarisgift gemacht, das aber verdünnt wird. Er spricht zu den Spinnen, besänftigt sie. Wenn wir ihn getrunken haben, können sie es an unseren Händen, an unserer Kleidung spüren.«
Etwas an ihrem Tonfall ließ ihn verstehen. »Du hattest den Nektar an jenem Tag getrunken. Als du zu mir kamst.«
Sie verschränkte die Finger vor sich und sah ihn nicht an. »Ja.«
Sein Körper begriff, als er sich der verwirrenden Leidenschaft erinnerte, der alles vereinnahmenden Hitze, die über seine Haut geflammt war. Er hatte den Blick nicht von ihr wenden können, er hatte nicht forttreten können. Jeder Atemzug hatte ihn ihr näher gebracht, seinen Mund mit ihrem Duft erfüllt, dem Geschmack… »Du hast mich betäubt.«
»Ja.«
»Aber warum? Was konntest du zu gewinnen hoffen? Ich bin wohl kaum eine Giftspinne, die gebändigt werden musste.«
Sie schluckte schwer und wollte sprechen, hielt aber inne, bevor sie auch nur ein einziges raues Wort äußern konnte. Sie schloss die Augen, füllte ihre Lungen und atmete dann langsam aus. Vorsichtig, tapfer suchte sie seinen Blick, sah ihm in die Augen, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt. Sie sagte: »Es gab keinen Grund, Herr. Ich trank den Nektar, damit ich mich um meine Spinnen kümmern konnte. Es war ein starkes Gebräu, stärker, als ich es als Lehrling der Spinnengilde jemals probiert hatte. Ich versorgte die Octolaris, aber der Nektar brannte noch in meinen Adern. Ich verließ meinen Raum und durchschritt die Gänge, wartete darauf, dass die Wirkung nachlassen würde. Es war nur Zufall, dass ich hier war, als Rani Händlerin Eure Gemächer verließ. Es war nur ein Zufall, der mich zu Eurem Raum führte.«
Er sah sie an, erinnerte sich an seine Unterhaltung mit Rani, erinnerte sich der Trostlosigkeit, als das Händlermädchen verkündet hatte, dass sie gehen würde. Er hatte die Hand nach ihr ausstrecken wollen, ihr verbieten wollen, Liantine zu verlassen. Und doch hatte er gewusst, dass sie Recht hatte. Er hatte gewusst, dass sie gehen musste.
Und dann war Mareka erschienen. Planlos. Ohne Zweck.
Durch den reinen Zufall der Tausend Götter. Warm und bereitwillig mit der betörenden Aura ihres Octolarisnektars.
Er schüttelte den Kopf und verdrängte die Erinnerungen gewaltsam. »Also hast du die Spinnen nach Liantine gebracht.«
»Ja, Mylord. Und sie sind gediehen! Die brütenden Weibchen haben sich um ihre Eisäcke gekümmert, und die Jungspinnen werden bald schlüpfen.«
Brütende Weibchen. Jungspinnen. Der Orden der Octolaris wurde immer
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