Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
bezahlte Krieger sie einschüchtern? Sie hatte als Lehrling in der Spinnengilde gedient! Sie handhabte giftige Spinnen, ohne einen Moment zu zögern. »Ja«, sagte sie lauter. »Jetzt lebe ich jedoch in Liantine.«
»Meine Leute weilen unter Euch.«
»Eure Leute?«
»Das Kleine Heer. Die Soldaten, die meinem Kommando unterstanden.«
Die Sklaven, natürlich. Serenas mitleiderregender Körper erschien ungebeten vor Marekas geistigem Auge. Sie konnte das letzte rasselnde Atmen des Kindes hören. »Es gibt Amanthianer unter uns«, sagte sie. Natürlich sprach sie das Wort Sklave nicht laut aus. Keine anständige Dame täte das. Nichtsdestotrotz spannte sich der Amanthianer neben ihr an. Mareka beobachtete, wie Rani eine Hand auf seinen Arm legte und seine Aufmerksamkeit ablenkte.
Bevor Mareka etwas anderes sagen konnte, rief eine Stimme hinter ihr aus: »Euer Majestät!«
Mareka fuhr herum, bereit, einem der liantinischen königlichen Prinzen einen Hofknicks zu gewähren. Stattdessen fand sie sich auf Armeslänge von König Halaravilli wieder. Er trug noch immer seine karmesinrot gefärbte Reitlederkleidung. Ein brauner Fleck auf seiner Stirn bezeugte den Erfolg der Jagd. Mareka konnte das uralte Zeichen der Gehörnten Hirschkuh erkennen, grob auf die Stirn des Königs gemalt. So. König Teheboth hatte diesen Westländer also mit dem ersten Blut des Frühlings geehrt. König Halaravilli musste am liantinischen Hof für größere Dinge bestimmt sein.
»Mylord«, sagte Mareka und vollführte ihren tiefsten Hofknicks. Es bedurfte nur einer leichten Krümmung ihrer Finger, einem zarten Winken ihrer Hand, um seine Aufmerksamkeit auf den Diamanten zu lenken, den sie trug, auf den Edelstein, der sich zwischen ihre Brüste schmiegte.
»Mylady«, erwiderte er, und frisches Blut färbte seine Wangen, als sie ihn dabei ertappte, wie er den Diamanten ansah. Er griff nach ihrer Hand und hob sie mit höfischer Eleganz an. Mareka ließ ihre Finger mit leichtem Zittern auf seiner Handfläche ruhen. Sie blinzelte mit ihren blauen Augen, und er kam näher, rückte vorgeblich beiseite, um einen anderen Mann hinter sich vorbeizulassen. Seine Lippen teilten sich, als wollte er sprechen, aber Rani Händlerin trat vor und drängte sie auseinander.
»Sire«, sagte das Händlermädchen zu ihm. »Crestman und ich sprachen gerade mit Lady Mareka.«
»Mareka?« Der König wirkte verwirrt. Schade, das Spiel endete.
»Ja, mein Lehnsherr. Darf ich Euch Lady Mareka Octolaris vorstellen? Sie war Lehrling in der Spinnengilde, bevor ihre Meister sie hierher an den Hof schickten. Sie dient der Gesellin der Gilde, Prinzessin Jerusha.«
So, die kleine Händlerin wusste also selbst etwas über Spinnen, zumindest über ihr Gift. Rani Händlerin hätte ihre Worte nicht hasserfüllter ausstoßen können, wenn sie dem König selbst versprochen gewesen wäre.
König Halaravilli hatte seine Hand von Marekas Handfläche zurückgezogen und wirkte nun recht nervös. Er warf einen besorgten Blick zu Crestman, als fürchte er die Selbstbeherrschung des Amanthianers, und dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Mareka zu. »Es tut mir leid, Mylady.
Ich muss etwas missverstanden haben.« Er schaute zu Rani Händlerin und wieder zurück. »Ich dachte, Ihr wärt die Prinzessin, Berylina. Ihr sagtet, Euer Bruder hätte letzten Monat geheiratet, und ich… ich nahm einfach an…«
»Wie Ihr es auch solltet!«, spie Rani mit einer Stimme hervor, von der sie geglaubt haben musste, sie sei ruhig genug, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Mareka senkte den Blick, als schäme sie sich. »Es tut mir leid, Mylord. Ich war so überrascht, als ich Euch sah! Ich hatte erwartet, dass die Große Halle leer wäre. Ihr müsst verstehen – als bloße Dienerin ist es mir nicht erlaubt, die Halle zu durchqueren. Wenn Lord Shalindor erführe, dass ich schon früher hier war…« Nun, der alte Mann würde sie tatsächlich bestrafen wollen, zumindest dieser Teil ihrer angedeuteten Geschichte stimmte.
Das Gesicht des morenianischen Königs umwölkte sich. »Mylady«, sagte er wie entschuldigend. Mareka zwang sich, die Achseln zu zucken und so zu tun, als ob sie sich mit einer ungerechten Bürde abgefunden hätte. »Ich bin immerhin nur ein Gast in König Teheboths Palast. Ich hätte die Gastfreundschaft meines Gastgebers nicht missbrauchen dürfen, indem ich die Große Halle durchquerte.«
»Aber als Ihr sagtet, dass Prinz Olric Euer Bruder sei…«
Mareka grinste beinahe.
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