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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Prüfung nicht selbst herstellen, sie nicht zwischen filzumwickelten Blöcken dünn hämmern. Jedem der Gesellen war es erlaubt, fertige Folie aus dem Lager der Gilde zu nehmen.
    Rani trat unmittelbar nach Larinda an den Tisch mit der Folie. Sie musste sich ermahnen, dass die Prüfung kein Wettrennen sei. Sie durfte nicht versuchen, ihre Arbeit schneller zu beenden als jeder andere Geselle. Sie musste vielmehr gegen die Sonne antreten, um vor Tagesende fertig zu werden.
    Larinda mühte sich mit der dünnen Folie ab, versuchte, ein einzelnes Stück von dem haftenden Material zu lösen. Ihre Handprothesen behinderten sie beim Anheben der Folie, so dass sie bei ihrem ersten Versuch drei Stücke ablöste. Der zweite Versuch misslang völlig. Rani beobachtete die andere Frau mit angespanntem Kiefer. Sie stellte sich die gemurmelten Flüche vor, die sie nicht hören konnte.
    Als Larindas dritter Versuch mit über den Tisch verteilten, dünnen Lagen endete, trat Rani vor. »Darf ich dir helfen?«
    »Ich brauche deine Hilfe nicht!«, fauchte Larinda. Sie beugte wie reflexiv die Handgelenke, und der Daumen der Handprothese rastete nahe an ihrem Zeigefinger ein. Rani wurde an eine grausame Krabbe erinnert, und sie wich zurück und wandte den Blick ab, bis sie Larinda zu ihrem Werktisch zurückgehen hörte.
    Als Rani ebenfalls an ihren Tisch zurückkehrte, pulsierte Kopfschmerz in ihrem Schädel und sandte pfeilartige Übelkeit ihre Kehle, ihren Bauch hinab. Draußen begannen weitere Glocken zu läuten, und sie wandte den Kopf jäh zum Eingang, befürchtete, dass der Klang den Sonnenuntergang bezeichnete. Dem war natürlich nicht so. Die übrigen Gesellen arbeiteten noch immer hart.
    Rani blinzelte rasch, um eine Ansammlung schwarzer Flecke in ihrem Sichtfeld zu vertreiben, und ging dann bewusst langsam, vorsichtig vor. Wenn sich die Folie nach dem Anbringen verzog, würde sich das Blei mit ablösen und das fertiggestellte Paneel instabil machen.
    Die langen Stücke von Lors Gewand waren einfach zu präparieren, aber die runden Abschnitte bereiteten mehr Schwierigkeiten. Sie musste die Augen des Gottes zwei Mal neu gestalten, und der Ballen Seide erforderte vier Versuche, bevor er ihrer kritischen Prüfung standhielt.
    Als sie die Ränder des letzten Glasstückes umhüllte, brannten ihre Augen, trocken wie die briantanischen Straßen. Sie hatte jedoch weder die Zeit, sich auszuruhen, noch hatte sie Zeit, ihren Kopfschmerz zu lindern, indem sie sich den Nacken riebe. Stattdessen holte sie von der anderen Seite des Raumes ihr Bleiband, hob es auf ihre Handfläche. Das Metall war fest zusammengerollt, und Rani musste es, wieder an ihrem Werktisch, geduldig zu einer geraden Linie entrollen. Sie erhitzte es über ihrer Kohlenpfanne und achtete drauf, nicht zu viel der ätzenden Dämpfe einzuatmen. Dennoch ließ der Geruch des schmelzenden Metalls ihren Magen sich verkrampfen.
    Sie wandte den Kopf zu einer Seite, schluckte schwer und sah, dass Larinda gerade die letzte Metallfolie an ihrem Werk anbrachte. Mehrere der Stücke waren sehr groß – verständlicherweise, da sie mit einem normalen Schneideeisen geschnitten wurden. Größere Stücke waren leichter zu schneiden, leichter mit Folie einzuhüllen, leichter zu löten. Sie benötigten weniger Geschick.
    Rani wollte sich an der minderwertigen Bemühung ihrer Kameradin weiden, untersagte es sich aber, bevor sie den Gedanken beenden konnte. Wenn Larinda ihr Muster vereinfachte, dann nur aufgrund ihrer Vergangenheit im Gildehaus.
    Es geschah nur aufgrund der Vergangenheit, die sie und Rani teilten, aufgrund der Verletzungen, die Larinda erlitten hatte, als Rani den Zorn der Männer des Königs heraufbeschwor.
    Ranis Lungen schmerzten, als sie sich über ihr Bleiband beugte. Sie war nun erschöpft, und sie musste rasch blinzeln, um sich konzentrieren zu können. Sie fragte sich, ob sie sich einen Moment Zeit nehmen sollte, um die Augen zu schließen, sie ausruhen zu lassen. Aber sie konnte es sich nicht leisten, ihr Paneel jetzt zu verderben. Sie konnte es sich nicht leisten, die Arbeit aus unbeholfenen Fingern gleiten zu lassen.
    Wie viel Zeit blieb noch? Wie lange, bevor Parion einen Befehl brüllte? Waren andere Gesellen bereits fertig? Waren andere Gildeleute zu den Nachmittagsgebeten gegangen?
    Konzentriere dich. Vergiss die anderen.
    Rani hörte Tovins Stimme, sanft, ruhig. Sie ließ seine Worte über sich hinwegrieseln wie Wasser, wie den Fluss, den hinab er sie vor Jahren

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