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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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zuzugehen, um den kleinen Tisch herumzukommen, wo ihre Steinscheibe lag. Tatsächlich hätte er ihr von der anderen Seite des Raumes aus Anweisungen geben können.
    Ihr stockte der Atem, und sie spürte, wie sie sich näher an ihn lehnte, spürte durch seine üppige Gauklerseide und den Samt Hitze von seinem Körper ausstrahlen. Ohne es zu erkennen, schloss sie die Augen, und dann öffnete sie sie wieder und sah ihn deutlicher.
    Er war einen Schritt zurückgetreten, stemmte die Fäuste auf die Hüften und maß sie mit verengten Augen. »Tovin!«, keuchte sie.
    »Du würdest deinen Schwur so leicht brechen, Ranita Glasmalerin?« Sie hörte seinen unheilvollen Tonfall, und sie hoffte, dass er seine Fertigkeiten eines Gauklers benutzte, dass er seine Worte der Wirkung halber übertrieb.
    »Brechen?«
    »Ich war in jenen Küchen anwesend, die ihr Glasmaler ein Gildehaus nennt. Ich hörte dich zustimmen, mich im Stich zu lassen.«
    »Ich habe zugestimmt, keine unreine Berührung zuzulassen.«
    »Und keine Berührung irgendeines Mannes. Du hältst deine Schwüre vielleicht für einen Spaß, Ranita, aber ich kann dir versichern, dass Parion es nicht so sieht.«
    »Und wie sollte er erfahren, was wir in der Abgeschiedenheit meines Raumes tun?«
    Tovin schaute zum Fenster. Er senkte seine Stimme gerade so weit, dass sie näher an ihn herantreten musste. »Willst du darauf wetten, dass wir nicht von diesem Turm jenseits des Hofes beobachtet werden? Willst du einen Einsatz darauf riskieren, dass es hier keine Lauscher gibt? Wenn nicht im Gang vor dieser Tür, dann in dem Raum über uns oder unter uns.« Tovin sprach wieder lauter. »Du vergisst, Ranita. Du vergisst die Macht der Gilde, der du als Kind beigetreten bist. Du vergisst, wie diese Gilde über dein Kommen und Gehen Bescheid wusste, jeden deiner Gedanken kannte, genauso wie sie von allen deinen Handlungen wusste.«
    Tovins Worte katapultierten Rani einen Moment in eine Zeit zurück, als sie geglaubt hatte, die Gilde sei unbesiegbar. Ihre Ausbilder konnten unmittelbar ihre Gedanken lesen, konnten in ihren unausgesprochenen Gedanken Rebellion erkennen.
    Natürlich hatte sie seit jener einfältigen Zeit viel gelernt. Sie hatte das verdächtige Aussehen eines schuldigen Kindes gelernt, die verstohlene Wölbung des Rückens einer schleichenden Person. Sie hatte gelernt, Halbwahrheiten und Teilberichte zu deuten. Sie kannte die Art der Welt um sie herum.
    Und doch konnte sie den Glauben nicht erschüttern, dass die Glasmalergilde sie nicht kontrollieren konnte, den Kern dessen nicht kennen konnte, was sie dachte und was sie sagte und was sie wahr machte. Sie hatte Parion Glasmaler gegenüber einen Schwur geleistet, und sie musste dieses Versprechen halten. Zumindest bis sie zur Meisterin in ihrer Gilde erklärt würde.
    Sie beugte schweigend den Kopf über den Ocker, bewegte mit angespanntem Handgelenk den Stößel. Die Körner knirschten zwischen den Glasoberflächen, und sie drückte fester zu, drehte das Werkzeug schneller. Erst als der Atem ihr die Kehle verengte, sah sie trotzig zu Tovin hoch. »Da. Ist diese Struktur richtig?«
    Er sah sie mit gewölbter Augenbraue an, und sie erkannte, dass er mehr als nur ihr Mahlen meinte. »Ja«, sagte er schließlich. »Das scheint fein genug.«
    Sie schob die Arbeit beiseite, bemüht, das Zittern ihrer Unterarme zu ignorieren. Sie sollte sich nicht so früh so verausgaben. Sie hatte einen langen Weg vor sich. Sie würde bei ihrem Streben scheitern, wenn sie jetzt zu sehr vorandrängte.
    Alles das wäre leichter, dachte sie mürrisch, wenn sie nicht so hungrig wäre. Wenn ihr Kopf nicht so schmerzte.
    Sie bemühte sich, nicht an die langen Tische in der Pilgerhalle zu denken, an die gemeinschaftlichen Festessen, an denen alle teilnahmen, die nach Brianta kamen, um die Tausend Götter zu ehren. Zumindest war ihr diese Versuchung heute Abend erspart geblieben. Zumindest musste sie nicht neben Berylina sitzen und sich Geschichten über Iles Tempel anhören, während die Prinzessin sich den Bauch mit Lammeintopf und Wein füllte. Das Beten zu Hern hatte Rani das Festessen der Pilger erspart.
    Das Festessen, und Berylinas zunehmende Distanz. Die Prinzessin sprach nur noch von den Göttern – anscheinend war sie entschlossen, zusätzlich zu den Wahlen für ihre Pilgerrolle die Heiligtümer jedes der Tausend Götter zu besuchen. Abend für Abend saß sie am Tisch und sprach mit Pater Siritalanu, als wären sie die einzigen Pilger, die

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