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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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gewusst, wer die Zelle leitete. Sie war es gewohnt, rätselhafte Befehle von Glair zu erhalten, der gekrümmten Unberührbaren-Frau, die das morenianische Kontingent befehligte. Rani war es gewohnt, dass die Kasten ihrer Welt von der Gefolgschaft auf den Kopf gestellt wurden.
    Der briantanische Zweig könnte kaum überraschender, beunruhigender sein. Zumindest hoffte Rani das.
    Ihre Hoffnungen wurden jedoch zu unbehaglicher Angst, als der Gefolgsmann drei Stoffstreifen aus einer verborgenen Tasche zog. »Hier«, flüsterte das Wesen, »für eure Augen.«
    Rani erwog einen kurzen Augenblick, sich zu weigern. Sie hatten ihr schon früher eine Augenbinde verpasst, als sie sie vor eine andere Enklave brachten, eine andere Gruppe, die mit Bösem in ihren Herzen vereint war. Als sie nun hier in Brianta stand, konnte sie sich an jene frühe Zeit in Morenia erinnern. Sie konnte sich an das Gefühl der sich um sie herum schließenden Mauern erinnern, an die Furcht, die ihren Bauch erfüllt hatte, als sie den Blutschwur erkannte, den die böse Bruderschaft von ihr erwartet hatte.
    »Das können wir nicht tun«, sagte sie. »Wir können nicht mit verbundenen Augen mitten in der Nacht durch Brianta wandern. Wir werden uns verirren.«
    Die mit einer Kapuze versehene Gestalt wartete einen Moment, und Rani fragte sich, welche Art Augen sie ansahen, welche Art Ärger in der Kapuze des anderen wartete. Dann flüsterte der Gefolgsmann: »Pilgern werden jeden Tag die Augen verbunden. Als Prüfung ihres Glaubens. Ihrer Hingabe.«
    Rani musste zugeben, dass sie solche Gläubigen auf den Straßen gesehen hatte. Sie kamen allein oder zu zweit, mit einem Führer, der sie die Heiligtümer entlangführte. Sie trugen kunstvolle Tausendspitzige Sterne, als hofften sie, der ganzen Welt die Tiefe und Größe ihres Glaubens zu verkünden.
    Rani glaubte an die Tausend Götter, wie jedes gute Händlermädchen aus Morenia. Sie hatte für diese Reise sogar einen Stern angesteckt. Es war ihr jedoch niemals in den Sinn gekommen, ihren Glauben so großspurig zu verkünden, ihr Vertrauen so offenkundig in den Pantheon zu setzen. »Ich… wir können es nicht tun«, improvisierte sie und schaute verzweifelt zu Mair und Tovin, ersehnte ihren Beistand. »Wir können heute Abend nicht mit Euch gehen. Wenn Ihr uns hier gefunden habt, wisst Ihr, warum wir nach Brianta gereist sind. Ihr wisst, dass wir mit Prinzessin Berylina kamen, und wir können sie nicht im Stich lassen, um mit Euch zu gehen.«
    »Die Prinzessin ist bei ihrem Priester ausreichend sicher.« Die mit einer Kapuze versehene Gestalt richtete sich höher auf, und Rani spürte eine Aura der Bedrohung von ihrem dunklen Umhang ausstrahlen. Sie konnte noch immer nicht erkennen, ob sie mit einer großen Frau oder einem kleinen Mann sprach, und die Verwirrung verunsicherte sie. Die zischende Stimme konnte ihr Misstrauen nicht dämpfen. »Die Gefolgschaft befiehlt eure Anwesenheit. Ihr könnt erwählen zu gehorchen, oder ihr könnt später die Strafe bezahlen. Ich werde nicht mehr mit euch argumentieren.«
    Rani schluckte schwer und schaute zu Tovin. Er hatte die Augen auf die Art verengt, die bedeutete, dass er die Möglichkeiten abwog, die Kosten berechnete. Sie wusste, dass er solches Gehabe so sorgfältig ausführte wie eine Aufführung auf der Gauklerbühne, aber seine aggressive Haltung konnte sie nicht beruhigen. Fühlte er sich wirklich bedroht?
    Was sollte sie tun? Wo lag die wirkliche Gefahr? Und was mochte die Gefolgschaft sie lehren?
    Rani zuckte die Achseln und griff nach der Augenbinde.
    Sie war undurchdringlicher, als sie gedacht hatte. Der schwarze Stoff war fest gewoben und bedeckte ein breites Polster aus einem weichen Material. Als Rani sich die Augenbinde umband, sah sie kein Licht mehr im Raum, nicht einmal mehr aus den Augenwinkeln. Sie fing an, ihre Entscheidung neu zu überdenken, fing an, ihre Meinung zu ändern, aber dann stand der Gefolgsmann neben ihr.
    Sie spürte drahtige Finger in schwarzen Handschuhen ihre Verwirrung verstärken, und dann wurde ein Seil um ihr Handgelenk geschlungen. Obwohl ihr denkender Geist erkannte, dass ihr das Seil helfen sollte, ihr Halt geben sollte, während sie durch die Straßen geführt wurde, fühlte sie sich wie eine Gefangene, wie eine verurteilte Frau, die zum Schafott geführt wird. Bevor sie sprechen konnte, wurde sie auf den Eingang zugezogen.
    Rani glaubte, die Erste in der seltsamen Reihe der mit einer Augenbinde versehenen Pilger zu

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