Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
verlieren werdet, wenn Ihr nichts tut. Vielleicht nicht in diesem Winter. Vielleicht nicht im nächsten. Aber wenn die Gefolgschaft Sarmonia regiert und Eure Willfährigkeit braucht, wird Eure Familie den Preis bezahlen.«
»Und wenn ich mit Euch reite? Wie kann ich sie in Sicherheit bringen, wenn ich fort bin?«
Hal schluckte brennende Sorge hinab. »Sie zu verstecken, wird nicht funktionieren, gleichgültig für wie sicher Ihr den Ort haltet. Nehmt Eure Lady mit Euch, Eure Lady und Eure Erben. Behaltet sie in Sichtweite, und hofft darauf, dass es eine rasche Schlacht wird.«
Hamid schüttelte den Kopf, und Hal spürte, dass sich der Mann nach der leichten Zeit sehnte, nach den Zeiten, als er auf seine Wahlmänner zählen konnte und wusste, was er tun sollte. »Wenn ich Euch beistehe, könnt Ihr die Heere besiegen, die Euer Land besetzt haben?«
»Wie viele Männer könnt Ihr aufbringen?«
»Vielleicht hundert, wenn wir jetzt Nachricht schicken. Hundert bis wir die Tore Morens erreichen.«
Ein gesamtes Königreich zu seiner Verfügung, und Hamid konnte nur einhundert Mann zusagen.
Dies war jedoch besser als gar nichts. Besser als die zusammengewürfelte Gruppe, die vor so vielen Wochen mit Hal der Kathedrale entflohen war. »Hundert können siegen«, sagte Hal und wunderte sich insgeheim darüber, dass er solche Zuversicht vorschützen konnte. »Ich kenne die Verteidigungsanlagen Morens. Ich habe den Mann, der ihre Schutzwälle gestaltet hat, hier bei mir in Sarmonia.«
»Aber so wenige…« Hamid schien in seiner prachtvollen Kleidung zu schrumpfen.
»Es sind genug.« Hal nickte, und der Geschmack erdachter Rache verlieh ihm Kraft. »Genug, um zu siegen. Denn ich habe durch den Kampf alles zu gewinnen, aber nichts zu verlieren.«
Hamid schüttelte erneut den Kopf, streckte aber eine Hand aus. »Dann werde ich mich Euch anschließen, Bruder. Ich werde mich Euch bei Eurem Kampf gegen die Gefolgschaft anschließen, Halaravilli ben-Jair.«
»Gegen die Gefolgschaft«, echote Hal. Er hob seinen gepunzten Becher an die Lippen und trank, und dann reichte er ihn Hamid. »Gegen die Gefolgschaft«, sagte er erneut, und dann wandten sich beide Männer rasch dem Tisch und ihren Plänen und Zielen zur Befreiung Morenias zu.
Hal unterdrückte einen Seufzer der Verzweiflung, als sich Hamid in dem kleinen Boot zurücklehnte und blinzelnd in die mondlose Nacht blickte. »Das kann nicht funktionieren«, sagte Hamid.
Hal machte sich nicht die Mühe, eine Antwort zu ersinnen. Er war es bereits müde, den Mann zu beruhigen. Er hatte genügend eigene Fragen verdrängt, genügend eigene Zweifel verbannt. Er sammelte seinen Mut auch jetzt wieder mit einer kühnen – wenn auch stummen – scharfen Erwiderung. Kann nicht funktionieren! Wer war Hamid, dass er sagen konnte, was funktionieren könnte und was nicht! Hatte er jemals Davins Wunder gesehen? Hatte er jemals die Wunder gesehen, die der alte Mann wirken konnte?
Hal bemühte sich, daran zu denken, dass er Geduld mit dem Sarmonianer üben müsste. Hamid hatte immerhin mit allen Traditionen in seinem südlichen Land gebrochen. Er war seiner eigenen Hauptstadt entflohen, hatte seinen Palast, seinen Thron zurückgelassen. Er war nur mit einer Handvoll treuer Begleiter nach Norden gereist, mit Männern, die marschiert waren, weil sie ihm treu ergeben und nicht seine Wahlmänner waren.
Hamid hatte ein Recht darauf, pessimistisch zu sein. Wie auch immer die Sache im Norden ausgehen würde – die Wahlmänner wären wütend darüber, dass ihre Macht herausgefordert worden war. Hamid würde in Sarmonia nicht wieder regieren können.
Und doch war er mit Hal gekommen. Er hatte treue Edelleute und deren Lehnsleute mit sich gebracht. Er hatte Bequemlichkeit, vertraute Umgebung und sichere Macht hinter sich gelassen, um mit Hal gegen ein bekanntes Übel zu kämpfen. Es war kein Wunder, dass der Mann ihren letztendlichen Erfolg in Frage stellte.
Hal nickte Davin zu, der in ihrer Nähe im Boot kauerte, neben Tovin Gaukler im Bug hockte. »Sind wir dann bereit?«
»Ja.« Der alte Mann klang so missbilligend wie immer. Hal hatte Davin niemals lächeln sehen, und er erwartete gewiss nicht, dass sich das ändern würde, während sie auf dem glasglatten Herbstmeer, unmittelbar vor der morenianischen Küste, in einem kleinen Ruderboot kauerten. »Wir sollten es besser jetzt tun. Die Muskeln der Gaukler werden abkühlen und werden weniger beweglich.«
»Gut.« Hal gab den beiden
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