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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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Schon sah er die schlimmsten Komplikationen für sich voraus. Sein Innerstes bäumte sich auf dagegen. Zu Hause warf er dem Bruder die neuesten, eben begonnenen Zeichnungen mit einem Fluch vor die Füße. »Sieh zu, wie du damit weiterkommst! Es ist der Versuch einer Schwingungsberechnung auf Grund einzelner Altersstufen. Amüsiere dich gut damit. Auch ich werde mich amüsieren, – aber auf andere Art.«
    Wilbur fing einen giftigen Blick auf. Plötzlich verstand er den Bruder nicht mehr, der von Tag zu Tag mürrischer und gereizter wurde. Warum regte sich George so maßlos über die Tatsache auf, daß er nun selbst überwacht werden sollte? Was hatte er auf dem Gewissen? Mußte er wirklich das Licht scheuen? Trug er sich mit Gedanken, die es für ihn zu verbergen galt?
    Wilbur empfand es zwar auch als unangenehm, jederzeit unter staatlicher Aufsicht zu stehen – aber mit seiner Erfindung, folgerte er, mußte er auch die aus ihr erwachsenden Konsequenzen bejahen und auf sich nehmen. Abgesehen davon hatte er nichts zu verbergen. Von jeher war er seinen Lebensweg gerade und aufrecht gegangen, er hatte keine ›Entdeckung‹ zu scheuen, und wenn sich jetzt seine Gedanken häufig bei Gloria fanden, – sich in Liebe und Sehnsucht um dieses vergötterte Wesen rankten, das auch ihm, wie er fühlte, von Herzen gewogen war – ja, du lieber Himmel! Wer kannte solche Gedanken nicht? Wer hatte sie nicht selber einmal gehabt? Sind denn wir Menschen in unserem Streben und Wünschen auf dieser Linie nicht alle gleich?
    Wilbur wußte: auch seine Liebesgedanken waren lauter und rein, – und wenn sie auch nur für das eine verehrte Wesen bestimmt sein mochten, so war eben daraus der Glaube zu schöpfen, daß es noch eine wahre und selbstlose Liebe gab.
     
    »Wo willst du hin?« fragte Mrs. Kennedy, als sie bemerkte, daß Gloria sich zum Ausgehen rüstete.
    »Ich möchte wieder einmal die beiden Erfinder besuchen«, sagte das Mädchen, »sie richten jetzt ihre Fabrik ein.«
    Die alte Dame schwenkte ein Zeitungsblatt in der Hand. »Sie? Nein, bloß der eine noch. Lies mal die Überschrift hier. Wirklich sehr interessant!«
    Gloria nahm das Blatt hastig an sich und las:
     
    ›George macht nicht mehr mit!‹
     
    Ja, so und nicht anders hieß die Überschrift, und dann wurde ausgeführt, wie der junge Erfinder George Taft sich darüber empört habe, daß auch er selbst überwacht werden sollte. Daraufhin sei er gewissermaßen in Streik getreten. Er habe beschlossen, fortan in der Ablauschangelegenheit nichts mehr zu unternehmen. Jetzt – ja, so habe er ›unserem Gewährsmann‹ erklärt, jetzt wolle er nur noch die Früchte seiner jahrelangen Tätigkeit ernten, und wenn sie ihn tatsächlich und wahrhaftig ›behorchen‹ sollten, so würden sie bestimmt etwas zu hören bekommen, was ihnen alles andere als angenehm war. Eine Beleidigungsklage, nur auf Gedanken hin, gäbe es ja noch nicht. Im übrigen habe er jetzt das Empfinden, als hätte man ihm eine ›geistige Zwangsjacke‹ angelegt. Doch er pfeife darauf. Er pfeife auf alles. Vorläufig werde er nur noch seinen Vergnügungen nachgehen. Dann könnten sie lauschen, wie er sich amüsiere. Oh – er werde sich gut zu amüsieren verstehen!
    Gloria las das Blatt und erblaßte. Verlegen und traurig schaute sie ihre Tante an, deren Blick fragend auf sie gerichtet war.
    »Das ist allerdings gar nicht schön«, sagte das junge Mädchen mit einem Anflug von Spott in der Stimme. »Schließlich entbehrt es nicht einer gewissen Komik für mich, daß der Erfinder schon sein eigenes Werk zu verwünschen beginnt.«
    Das Telefon klingelte. George, mit dem man sich gerade in Gedanken beschäftigt hatte, meldete sich. »Sie, Gloria?« überstürzte sich seine sympathische Knabenstimme, »ich habe eine Bitte an Sie. Sie haben selbst eine kleine Motorjacht. Ich will nun für mich gerade auch solch ein Fahrzeug erwerben. Wollen Sie mich dabei beraten, Gloria?«
    Gloria war überrascht. »Sie wollen sich eine Motorjacht kaufen?«
    »Ja. Und die erste Fahrt – nicht wahr, Gloria, die werden Sie mit mir machen? Schlagen Sie mir diese kleine Bitte nicht ab!«
    »Sie kaufen die Jacht natürlich für sich und Ihren Bruder zusammen?«
    »Nein!« George zögerte einen Augenblick, bis er fortfuhr: »Mein Bruder geht seine eigenen Wege. Darüber werden wir uns noch unterhalten. Kommen Sie jetzt zum ›Regatta-Klub‹, dort erwarte ich Sie.«
    »Gerade wollte ich kommen, um Ihre Fabrik zu

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