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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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Gedanken, von denen sie ausgehen, abhören kann?«
    Wilbur griff diesen eigenartigen Vorschlag, allerdings nicht ohne Skepsis, auf. Sie begannen zu konstruieren, experimentierten schließlich unter den größten Entbehrungen volle sechs Jahre lang. Bis eines Tages ihre Versuche erfolgreich waren. Unausdenkbare Möglichkeiten eröffneten sich.
    So waren sie Hand in Hand vorwärtsgeschritten. Und nun? Sollte das plötzlich anders werden? Dadurch, daß dieses junge Mädchen auf einmal störend, sie beide im Innersten aufwühlend, zwischen sie trat?
    Scheu blickte George zu seinem glücklicheren Bruder hinüber, der etwas abseits vor einer neuen Apparatur saß, die er zusammenbaute – vollkommen ruhig, vollkommen ahnungslos. Sicherlich auch noch ahnungslos darüber, daß er der Auserwählte Glorias war.
    Wieder stieg Haß in George auf. Er zweifelte nicht daran, daß sich Wilbur in seinen Gedanken fortwährend mit dem jungen Mädchen beschäftigte. In Gedanken? Konnte man diese Gedanken nicht ablesen und sich selbst überzeugen? Wußte er, George, nicht die Schwingungszahl: 22 387!?
    Freilich hatten sie ausgemacht, daß sie sich selbst nicht belauschen wollten. An diese Abmachung war er gebunden; sie durfte von ihm nicht mißachtet werden. Das wäre ein grober Vertrauensbruch.
    Trotzdem bohrte und bohrte es in ihm weiter. Wußte er denn, ob sich auch Wilbur genau daran halten würde? Niemand konnte es wissen, konnte je kontrollieren, ob er nicht gerade belauscht wurde. Auch Wilbur würde es nicht erfahren. Nein. Selbstverständlich nicht.
    George war verblendet, er wußte nicht mehr, was er dachte und was er tat. Es lag wie ein Schleier vor seinen Augen. Seine Erkenntnisfähigkeit trübte sich, seine Willenskraft war geschwächt. Die verzweifelte Stimmung, in der er sich jetzt als minderbegünstigter Liebhaber Glorias befand, beraubte ihn jedes klaren Gedankens, ließ ihn alle Bedenken kurzerhand über den Haufen werfen. So schaltete er sich schließlich doch auf den Bruder ein.
    Wilbur war mit einer Berechnung beschäftigt. Er überlegte, wie man die Mikro-Schwingungsskala zweckmäßig unterteilen könnte. Sein ganzes Sinnen war von technischen Überlegungen in Anspruch genommen. Er fragte sich, was wohl George zu einem neuen Versuch, den er beabsichtigte, sagen würde. ›Er ist doch wohl der Gescheitere von uns beiden. Das erkenne ich neidlos an.‹
    Der Lauscher fuhr, als er diesen Gedanken vernahm, unwillkürlich zusammen. Er schämte sich seines Tuns. Rasch legte er die Kontakte ab.
    Schon trat Wilbur zu ihm an den Tisch, um ihm den Vorschlag zu machen, den er soeben in seinen Gedanken erwogen hatte und über den George durch sein Ablauschen bereits unterrichtet war.
     
    L 3 (Lauscher 3), der zum Präsidium geschafft worden war, befand sich fortwährend in Betrieb. Mehrere Beamte lösten sich dabei ab. Die Schwingungsgrößen der einzelnen Inhaftierten sind inzwischen festgestellt worden.
    Der Staatsanwalt kam und interessierte sich außerordentlich für die Sache. Er sah durch die Neuerung eine grundlegende Änderung im gesamten Rechtswesen kommen. Nachdem er selbst mehrere ›schwere Jungen‹ und zwei verdächtige Individuen belauscht hatte, unterhielt er sich mit dem Präsidenten darüber.
    »Der Cunard, der vor acht Tagen die alte Frau umbrachte, hat noch zwei weitere Morde auf dem Gewissen«, erklärte der Staatsanwalt, »zufällig bin ich beim Ablauschen seiner Gedanken dahinter gekommen. Wirklich großartig ist es, wie leicht und vor allem zweifellos sich durch dieses Verfahren alles aufklären läßt. Berge von Arbeit bleiben uns dadurch erspart.«
    »Sehr richtig«, erwiderte Glifford, der Polizeipräsident, »auch bei nur Verdächtigen fallen langwierige Untersuchungen fort. Selbstredend beschäftigen sie sich in ihren Gedanken fortwährend mit der ihnen vorgeworfenen Tat, man braucht nur von ihnen noch abzulauschen, ob sie wirklich die Schuldigen sind, oder nicht.«
    Der Staatsanwalt nickte. »Es wird eine Revolution der gesamten Gerichtsbarkeit geben«, behauptete er, »kein Täter kann uns mehr etwas vormachen – niemand kann mehr zu Unrecht beschuldigt werden, und Fehlurteile gibt es nicht mehr. Mag uns jemand noch so belügen, – wir wissen ja, was er denkt, wir horchen ihm kurzerhand sein Bekenntnis ab.«
    »Ebenso steht es auch mit den Zeugen«, ergänzte Glifford, »auch sie können uns nichts mehr vormachen. Stets wird sie jemand belauschen und kontrollieren, ob ihr Denken zu ihren Aussagen

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