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Die Glasfresser

Titel: Die Glasfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Vasta
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Dinge. Flug schaut mich an, als wäre er der Herr im Haus. Ich erwidere seinen Blick, während ich mich ebenfalls auf die Stoppeln setze. Mir tun die Knochen weh, weil ich gestern so gerannt bin; auf dem Ellbogen, unter dem Hemd, habe ich drei Pflaster über der Schürfwunde. Flug trägt einen grünen Pullover, direkt auf der Haut. Alte Wolle, die schlecht riecht. Strahl hat ein grau-schwarz kariertes Hemd an. Sie sehen beide aus, als hätte man an ihnen herumgeschnitzt, die überflüssige Materie mit der Klinge eines Federmessers entfernt; es bleibt das Wesentliche, das Nervensystem. Besonders bei Flug sieht man die Venen und Arterien, die Verzweigungen der Gefäße, die sich unter der Haut ausdehnen.

    Nach Strahls Ansicht haben wir gestern einen entscheidenden, einen rühmlichen Schritt vollzogen. Allein dass wir einen Schwerverletzten produziert haben - dies sind die Worte, die er benutzt -, ist bedeutungsvoll. Bei einer Aktion, die noch gegen Sachen gerichtet war, haben wir eine Person getroffen: Dies zeigt, dass wir stärker sind, als uns bewusst ist.
    Eine kurze Ruhe tritt ein: Strahl überlässt es Flug, den Gedankengang fortzuführen.
    »Dass das Radio uns die Vaterschaft des Anschlags zugesprochen hat, bedeutet, unsere Abkürzung ist inzwischen so präsent, dass wir nicht einmal mehr ein Bekennerschreiben brauchen. Außerdem gelingt es niemandem, Nachforschungen über uns anzustellen, weil Ermittlungen von Erwachsenen konzipiert werden und ihr Objekt andere Erwachsene sind. Elf Jahre alt zu sein macht uns unsichtbar. Und es zählt nicht, was wir in den Bekennerschreiben sagen. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass die Verantwortlichen elf Jahre alt sind: Wir sind Gespenster.«
    Das Gespenst, denke ich, bin ich. Nicht so sehr, weil mir nicht das Wort erteilt wird - ich tue übrigens auch nichts, um es zu ergreifen -, sondern weil ihre Analyse sich selbst genügt. Sie ist rund, abgeschlossen. Jede weitere Bemerkung wäre eine unpassende Ergänzung.
    »Was nun folgen muss«, sagt Strahl, »ist die Aktion gegen eine Person. Doch wir müssen Schritt für Schritt vorgehen; sofort die Entführung einer wichtigen Zielperson durchzuführen ist nicht sinnvoll: Zuerst perfektionieren wir unsere Vorgehensweise.«
    »In dem Sinne«, greift Flug ein, »dass wir uns dieses Prozesses und seiner Struktur bemächtigen müssen.«
    »Wir müssen die Skulptur einer Entführung erzeugen«, fügt Strahl hinzu.
    »Genau, Genosse«, springt Flug ihm bei und bekräftigt, was er sagt. »Ihre Form kennenlernen, Maß nehmen.«
    »Wie ein Probelauf«, präzisiert Strahl.
    »Um eine solche Sache durchzuführen«, fährt Flug fort, »ist es wesentlich, die richtige Person auszuwählen.«

    Er legt eine Pause ein. Er hat die Situation wieder fest im Griff. Und jetzt findet er in Strahl mehr als nur einen Genossen: schon eher einen Komplizen, der seine Perspektive aufnimmt und erweitert.
    »Da es sich nur um eine Probe handelt, wenn auch um eine ungemein wichtige«, fährt Flug fort, »muss die Person, deren wir uns annehmen, ein einfaches Zielobjekt sein. Verwundbar. Jemand, an dem wir lernen können, was es heißt, sich eines Körpers zu bemächtigen, ihn zu verstecken, mit ihm umzugehen, ihn zu manipulieren.«
    Verbannt in die Rolle des Gastes, des Zuschauers, der zuhört und höchstens zustimmend mit dem Kopf nickt, während Flug weiter unser Ziel beschreibt, achte ich auf die Feinheiten dessen, was er sagt. Der Ausdruck uns annehmen, den er vor einem Augenblick benutzt hat, ist, in seiner Absurdität, wunderschön. Denn er enthält die Mühe, die Bürde, sogar das Leiden an einer Aufgabe, die man eigentlich widerwillig akzeptiert. Doch vor allem drückt er etwas Väterliches aus, das Bewusstsein, sich um eine Person kümmern zu müssen. Als er darüber geredet hat, dass sie im Radio die Verantwortung für den Anschlag unserer Zelle zugesprochen haben, hat Flug tatsächlich das Wort Vaterschaft benutzt. Es ist, als zeugten wir durch unsere Aktionen Kinder und verwandelten uns selbst in kleine Väter. Väter von Aktionen. Von stummen Alphabeten. Von Feuer und von Explosionen.
    Während ich diese Überlegungen anstellte, habe ich nicht mehr zugehört, höchstens sporadisch. Ich weiß, dass unsere Zielperson manipulierbar sein muss. Einfach. Langsam. Schwach. Klein gewachsen. Ohne Beziehungen. Isoliert. Eine Person, die keinen Widerstand leistet. Ich verbinde die einzelnen Eigenschaften miteinander, stelle sie zusammen. Ich sehe das

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