Die Glasfresser
weg von Scarmiglia und Bocca, kehre zurück und gebe den vieren vom Ende der Straße aus Zeichen, nicht näher zu kommen, zu verschwinden, doch sie sehen mich nicht, ich gehe noch zehn Meter weiter, und da heben sie die Köpfe in meine Richtung, also stelle ich mich auf die Zehenspitzen, breite die Arme aus und mache den Falken in einem präzisen, kadenzierten, auf Herz und Lunge abgestimmten Rhythmus, indem ich die Arme hebe und senke, ein Herzschlag im Zeichen der Gefahr; die Jungen und Mädchen sagen etwas zueinander, rufen mich aus der Ferne, fragen mich, was los ist, ob es mir schlecht geht, aber ich
kann nicht sprechen, es ist mir nicht gegeben zu sprechen, denn ich bin ein Kämpfer, denn ich bin ein Gefangener, und in diesem Moment vertilgt das Feuer das letzte Stück der Zündschnur, erreicht die Öffnung des Tanks, breitet sich durch die zweite Zündschnur in seinem Inneren aus, eine erste Stichflamme lodert auf, es wird glühend heiß, eine zweite Stichflamme, und dann explodiert der Simca, und man sieht nichts mehr.
Die Schnur und der Stein sehen fern, hören die Explosion, rufen überall an, finden mich nicht. Sie bitten die Nachbarin, beim Lappen zu bleiben, treten auf die Straße hinaus, gehen auf die Lichter, die Sirenen, den Lärm zu, fragen, versuchen zu verstehen, was passiert ist. Dann sehen sie mich auf den Stufen der Chiesa di San Michele sitzen. Sie kommen näher, die Schnur umarmt mich, der Stein fasst meine Schultern und den Kopf an, er will wissen, ob ich wirklich bin. Ich bin wirklich. Ich bin schmutzig, mein Hemd ist über dem Ellbogen aufgerissen, ich blute ein wenig. Die Rippe tut mir wieder weh. Sie stellen mir Fragen. Ich sage, ich sei nach dem Film auf dem Heimweg aus dem Fiamma gewesen und gerade durch eine Querstraße in der Nähe gegangen, als es zu der Explosion gekommen sei.
Die Schnur fragt mich nach den anderen. »Deine Kameraden«, sagt sie.
Ich schaue hoch, betrachte ihre Nase, ihre Tränen. Ich antworte, dass sie nach dem Kino einen anderen Weg gegangen sind, dass ich nichts von ihnen weiß.
Der Stein sagt, wir sollten besser gehen.
Ich stehe auf. Zur Rechten, genau an der Ecke der Via Nunzio Morello, sieht man noch ein Restfeuer im Skelett des Simca; die Feuerwehrleute sind dabei, es zu löschen. Der Rollladen des Geschäfts ist zerquetscht und in der Mitte aufgerissen. Weiter weg stehen die Polizeiautos, ein Krankenwagen. Ein anderer Krankenwagen ist mit heulenden Sirenen davongefahren. Da sind Leute in Morgenrock und Pantoffeln, das Haar zerzaust; andere mit einer Jacke über dem Schlafanzug.
Als wir zu Hause ankommen, ist es zwei Uhr nachts. Der Lappen ist bei der Nachbarin, er ist noch wach; er kommt uns barfuß entgegen, fragt irgendetwas. Ich gehe ins Bad, will duschen, ich bin schmutzig vom Schweiß und vom Staub, rieche nach Rauch. Ich setze mich auf den Rand der Wanne, Minuten vergehen. Ich trinke ein bisschen Wasser aus dem Hahn, da höre ich aus dem Abfluss ein leises Kratzgeräusch. Ich drehe den Hahn zu und schaue auf den Abfluss. Das Kratzen ist weiter zu hören, und nach wenigen Sekunden tauchen aus dem Dunkel die Beinchen der Stechmücke auf. Sie überwindet den Metallring, der um den Abfluss herumliegt, klettert auf die Keramik, dumpf und starrköpfig. Sie weicht den Tropfen aus, sucht die trockenen Stellen; wenn sie auf ein Rinnsal trifft, macht sie mit den Beinchen eine unduldsame Bewegung, findet einen anderen Weg und klettert weiter hoch. Als sie den Rand des Waschbeckens erreicht, setze ich mich wieder auf den Rand der Badewanne. Wir sind einander gegenüber.
»Grüß dich, Nimbus.«
Ich höre sie kaum, die Augen fallen mir zu.
»Keine Dusche?«
»Ich bin müde«, sage ich leise.
»Scheint es dir unpassend?«
Ihre Stimme ist ein Nylonfaden, an dem man mit den Nägeln zupft. Dünn, elastisch.
»Du hast recht«, spricht sie weiter. »Es gibt Situationen, da ist Waschen unpassend. Besser, der Körper bleibt schmutzig vom Kampf.«
Ich sehe sie an. Ich sollte sie viele Dinge fragen. Das wäre logisch. Aber es macht solche Mühe, zu sprechen.
»Außerdem«, fährt sie fort, »verbessert sich das Blut, wenn schmutzige Haut und inneres Chaos zusammenkommen. Es gewinnt an Geschmack.«
»Hör auf.«
Sie verstummt. Nimmt eine Haltung ein, als würde sie sich zur Geduld zwingen. Ironie, die sich zu Sarkasmus verhärtet.
»Ja, Nimbus«, sagt sie. »Ich höre auf. Ich bitte dich sogar um Entschuldigung. Wahrscheinlich ist dies nicht nur der
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