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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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dem Hauptmann aufzubauen.
    Forli war kein Mann, der sich einschüchtern ließ. Gemächlich kaute er auf irgendetwas herum, sammelte es auf der Zunge und spuckte es aus – diesmal jedoch nicht vor Sandros Füße, sondern an ihm vorbei, dorthin, wo Luis lag.
    Ein schiefes Lächeln huschte ihm über seine Lippen, dann folgte ein anerkennender Klaps auf Sandros Oberarm. »Nicht schlecht für einen Zärtling«, sagte er und öffnete die Tür. »Bitte sehr, Carissimi, nach Euch.«
    Sandro betrat die Camera della Verità .
    »Das Verhör ist beendet«, ordnete er an.
    Der Gerichtsschreiber, ein noch junger Mann, eilte ihm begeistert entgegen. »Eine Fortsetzung des Verhörs wäre ohnehin unnötig gewesen, Bruder Visitator. Die Verdächtige hat soeben ein volles Geständnis abgelegt.«
     
    Der Nebel ist so dicht und die Nacht so undurchdringlich, dass er sich ein paarmal verläuft, bevor er den Fluss hört und weiß, dass er jetzt richtig ist. Ein übler Geruch steigt ihm in die Nase, der Geruch von Verwesung und Fäkalien, und manchmal tritt er in etwas Weiches, das ihm den Ekel ins Gesicht treibt, obwohl er nicht sieht, was es ist. Er holt ein Taschentuch hervor und presst es sich vor den Mund. Als er an einem dicken Baum ankommt, den die Trienter die Galgeneiche nennen, bleibt er stehen und wartet.
    Vom Wasser her hört er unheimliche Geräusche, die aber nur deshalb unheimlich sind, weil man nicht sieht, wer oder was sie verursacht. Das Plätschern könnte von einem Fisch oder einem Otter stammen, das Rascheln des Sumpfgrases von einer Ente. Als er sich das klarmacht, wird er wieder ruhiger.
    Trotzdem fühlt er sich unwohl. Alles Gewöhnliche und Hässliche ist ihm verhasst, und hier ist er umgeben davon. Für die Natur hat er nichts übrig, außer sie wird durch Menschenhand gezähmt und portioniert. Das fehlt hier. Hier ist nur ein stinkender Fluss, in dem modriges Holz, Küchenabfälle und Waschlauge schwimmen, ein schlammiger Weg, mannshohe Binsen und ein Tal voll von Nebel. Hier ist Chaos.
    Endlich hört er Schritte.
    »Das wurde auch Zeit«, sagt er unfreundlich. »Ich verstehe nicht, wieso wir uns hier treffen mussten? Und warum? Es ist alles besprochen.«
    Aus dem Nebel taucht eine Gestalt auf, aber nicht die, die er erwartet hatte. Er will eine Bemerkung machen, doch da sieht er das Stilett.
    Er versteht sofort, wendet sich um und rennt, so schnell er kann. Er hat Glück und bleibt auf dem Weg. Hört er Schritte hinter sich? Er weiß es nicht, seine eigenen Schritte und sein Atem und sein Blut, das in den Ohren rauscht, übertönen alles.
    Dann kommt er vom Weg ab, rutscht einen kleinen Abhang hinunter und findet sich mit den Beinen im Wasser wieder. Um ihn ist Sumpfgras. Irgendetwas ergreift die Flucht vor ihm, ein Vogel, der zwischen dem Röhricht flattert und verzweifelt versucht, auf das freie Wasser zu gelangen. Dem Vogel gelingt es, und für einen kurzen, dummen Augenblick ist er neidisch auf das Tier.
    Wird er verfolgt?
    Er wendet sich um, wobei er Angst hat, auf eine ausgestreckte Hand zu blicken, die zustößt. Trotzdem wagt er es.
    Niemand.
    Er selbst befindet sich mitten im Schilf, wo er eine Spur geknickter Halme hinterlassen hat. Eine Weile steht er im Wasser und sieht und hört nichts. Dann glaubt er, etwas an seinem linken Bein zu spüren, an seinem rechten, an der Hüfte … Wie ein Verrückter tastet er alles ab. Die Vorstellung, ein Blutegel sauge sich an ihm fest, treibt ihn in den Wahnsinn.
    Mit einiger Mühe gelingt es ihm, ans Ufer zu gelangen. Er stolpert den kleinen Hang hinauf. Wo er sich befindet, weiß er nicht. Irgendwo. Noch einmal tastet er seine Beine ab, und tatsächlich: es klebt etwas an seiner Wade. Er reißt es ab und schleudert es weg.
    Da trifft es ihn. Es ist ein gewaltiger Schmerz, ein Gefühl, als verbrenne er innerlich.
     
    Der Nebel wollte einfach nicht weichen, dachte Sandro, als er sich mitten in der Nacht dem Palazzo Rosato näherte. Für Sandro war der Nebel mehr als nur eine Wetterlage, er war eine Metapher für das, was in Trient vorging. Es gab ein Konzil, hinter dessen Fassade nach Kräften intrigiert wurde, es gab Matthias, einen durchgedrehten jesuitischen Rhetoriker, einen Papst im nahen Ferrara, einen Kaiser im ebenso nahen Innsbruck, es gab eine Hure, ein Hurensymbol, es gab ihn, es gab Antonia und Dutzende, Hunderte, ja Tausende offene Fragen – und es gab seit dieser Nacht nicht mehr nur zwei, sondern drei tote Geistliche. Das alles schien irgendwie

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