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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Angst bekommen und bin zurück ins Bett. Ein paar Augenblicke später kam dieser Cresp … Cespe …«
    »Cespedes.«
    »… Cespedes herein, taumelte, blutete und fiel zu Boden. Ich bin sofort aufgesprungen, habe meine Sachen genommen und bin weggerannt, so schnell ich konnte. In meinem Schlafplatz in der Druckerei habe ich die Decke bis zur Stirn hochgezogen und mich nicht bewegt. Kein Auge habe ich zugemacht. Nicht nur, weil ich bei einem Mord dabei war, sondern weil ich … weil ich …«
    »Weil du etwas Verbotenes getan hattest.«
    Fabrizio senkte den Kopf und nickte. »Deswegen habe ich mich heute Morgen nicht gleich gemeldet. Aber Aaron sagte – er sagte, Ihr seid nicht wie andere, Ihr seid richtig, ich meine …«
    Sandro stand auf, ging zu dem kleinen Fenster und überlegte. Er hatte von Fabrizio wenig erfahren, das ihn weiterbrachte, außer dass es sich bei den Mördern von Bertani und Cespedes und dem geheimnisvollen Innocento-Attentäter vermutlich um ein und dieselbe Person handelte.
    Die Sonne stand tief. Nicht mehr lange, und sie würde untergehen, und der vierte Tag der Ermittlungen ginge zu Ende. Würde morgen früh ein weiterer Geistlicher tot sein? Vor jedem Quartier eines Prälaten stand eine Wache. Mehr konnte man nicht tun.
    Aaron kam herein und brachte die Bohnensuppe für Fabrizio. Mit den Augen gab er Sandro ein Zeichen, dass er ihn vor der Tür sprechen wollte.
    »Carlotta da Rimini«, sagte Aaron, als sie den Raum verlassen hatten. »Luis de Soto hat sie eben zur peinlichen Befragung abgeführt.«
     
    Hieronymus saß allein im Atelier und betrachtete die Zeichnungen, Antonias Entwürfe. Der Bart, die Stirnfalten und die kleinen, grauen Augen machten ihn zu einem Philosophen, auf dessen Antlitz die Gefühle verschwammen. Dass er todunglücklich war, hätte niemand ihm angemerkt.
    Erzbischof Villefranche hatte unmittelbar nach der Konzilssitzung das Angebot bezüglich Toulouse zurückgezogen. Er hatte einen Lakaien geschickt, der Worte des Bedauerns überbrachte, ohne Worte der Erklärung hinzuzufügen. Eine nicht unbeträchtliche Summe, die Hieronymus in einem abgegriffenen Ledersäckel überreicht worden war, sollte für den Vertragsbruch entschädigen, was jedoch nicht der Fall war. Toulouse hatte Hieronymus weit mehr bedeutet als nur eine Einnahmequelle. Er hatte darin das Symbol für Antonias Aufstieg gesehen: Eine ganze Kathedrale, wie einst das Ulmer Münster, getaucht in das Licht der Familie Bender, das war sein Traum gewesen, sein Streben seit jenem Debakel von 1531. Er war dem katholischen Gott treu geblieben, hatte auch nach der Vernichtung der Fenster nicht aufgegeben, war wie ein Vagabund von Stadt zu Stadt gezogen, hatte sich nicht gescheut, die schmählichsten Aufträge zu übernehmen, die weit unter seinen Möglichkeiten lagen, hatte eine Frau verloren und eine liebevolle und begabte, aber nicht immer einfache Tochter großgezogen, hatte klaglos seine Kräfte und sein Können schwinden sehen und sich irgendwann damit abgefunden, dass der Tod ihn an der Hand nehmen würde, bevor seine Hoffnungen für Antonia sich erfüllten.
    Und dann hatte Gott sich seiner erinnert. Er hatte ihm zuerst Carlotta geschickt und dann Villefranche, neue Liebe und neue Hoffnung. Ein paar Jahre mit Carlotta – mehr hatte er nicht erwartet. Und Toulouse für Antonia. Das Debakel von Ulm, der Hass von Menschen wie Berthold Hagen, die sein Leben zerstört hatten, wäre ihm damit vergolten worden und er hätte so etwas wie Gerechtigkeit erfahren.
    Aber Gott war ungerührt. Gott hatte ihm Liebe und Hoffnung nur gegeben, um sie ihm wieder zu nehmen.
    Vielleicht, dachte Hieronymus, ist Gott tatsächlich Protestant.
    Hieronymus legte Antonias Entwürfe zur Seite und warf einen Blick in ihre Kammer, wo Inés einen ruhigen Schlaf schlief. Sie zappelte nicht, sie stöhnte nicht. Es war also ganz unnötig von Antonia gewesen, sich eine behelfsmäßige Schlafstelle in der Materialkammer des Ateliers zu bereiten, um endlich einmal – wie sie gesagt hatte – durchzuschlafen. Er ging zu ihr und blickte lange in ihr ausdrucksloses Gesicht, dasselbe Gesicht, das sie gezeigt hatte, als ihnen die Nachricht von Villefranches Absage mitgeteilt worden war. Antonia hätte erfreut sein können, dass ein Grund für eine mögliche Heirat mit Matthias weggefallen war; oder sie hätte entsetzt oder wenigstens enttäuscht sein können. Doch sie hatte nur nachdenklich gewirkt und vielleicht ein wenig ratlos.
    Er küsste

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