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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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war einem Jesuitenmantel gefolgt. Sie hatte Sandro gesucht. Er wusste das. Wie gern wäre er aufgesprungen, hätte sie in den Arm genommen, hätte sie beruhigt … Doch er konnte nichts tun. Er musste das hier zu Ende bringen.
    Luis rannte Inés nicht nach. Ein paar Schritte lief er hinter ihr her, aber dann fiel ihm wohl ein, dass das Treffen mit Hagen wichtiger war als die Verfolgung eines Mädchens, das er früher oder später ja doch in die Hände bekäme.
    »Verfluchte Irre«, schimpfte Luis vor sich hin. »Hat mir einen gehörigen Schrecken eingejagt. Wo bleibt Hagen, der Narr?«
    Luis schlang die Arme um seinen Körper, um sich aufzuwärmen. Mit diesem Wetter hatte Sandro nicht gerechnet. Wenn es so weiterschneite, konnte es passieren, dass Luis bald wieder gehen würde, und falls er das tat, war der ganze Plan gescheitert.
    Eine Weile, die Sandro wie eine Ewigkeit vorkam, passierte gar nichts. Luis drehte sich gelegentlich um, er wurde unruhig, trat auf der Stelle, fror, murmelte bisweilen irgendetwas vor sich hin, das Sandro nicht verstehen konnte. Selbst die Eiche bot keinen Schutz mehr vor dem dichten Schneetreiben. Die Sicht wurde immer schlechter. Bald war es unmöglich für Sandro, Luis die ganze Zeit über im Auge zu behalten.
    Wie schon Inés, so tauchte auch die zweite Gestalt völlig unvermittelt auf. Jäh erschien sie inmitten des Schneegestöbers, eingehüllt in einen Mantel, und ging entschlossen auf Luis zu, der sie nicht bemerkte.
    Sandro gab seine Deckung auf, lief gebückt ein paar Schritte vor. Sprungbereit hockte er auf dem Boden.
    Die Gestalt trug einen Dolch. Einen Schritt hinter Luis blieb sie stehen und hob den Arm.
    »Jetzt«, rief Sandro und stürzte vor, packte den Arm des Täters.
    Luis wich mit aufgerissenen Augen zurück und strauchelte.
    Sandro griff nach der Waffe, berührte dabei jedoch die Klinge und spürte den kalten Schnitt in der Hand. Er biss die Zähne zusammen, ließ aber nicht los. Es kam zu einem Handgemenge, und endlich fiel die Waffe, ein langer, spitzer Dolch, zu Boden.
    Die Gestalt riss sich von Sandro, der sie zu halten versuchte, los, aber sie kam nicht weit. Den zwei Wachen, die hinzugekommen waren, lief sie geradewegs in die Arme. Die beiden kräftigen Männer hatten keine Mühe, sie zu festzuhalten.
    Sandro keuchte. Lange Fahnen seines Atems stießen in die kalte Luft.
    Seine linke Hand blutete. Der Schnitt zog sich vom Daumenansatz bis zum Zeigefinger, eine saubere, weiße Wunde, die sich innerhalb kurzer Zeit mit Blut füllen würde. Noch spürte er kaum etwas.
    Luis stand auf und näherte sich zögerlich. »Sandro, was – was geht hier vor? Wer ist das?«
    Die Gestalt stand mit gesenktem Kopf vor ihnen, wurde an den Armen von den Soldaten festgehalten. Die weite Kapuze bedeckte das Gesicht fast völlig, aber Sandro erkannte es. In diesem Moment wünschte er, er hätte sich geirrt.
    Er wandte sich seinem Mitbruder zu.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen, Luis«, sagte er. »Mein allererster Verdacht galt dir. Dass ich dich mit Cespedes gesehen habe, dass du Villefranche bestochen hast, dass du dich mit Hagen verbündet hast – das alles zeigte mir, dass du viel zu verbergen hast. Der Zettel stammt übrigens nicht von Hagen, er ist gefälscht.«
    Die Überraschung in Luis’ Augen tat Sandro gut.
    »Wegen deiner Machenschaften, Luis, hast du ganz oben auf meiner – leider beschämend kurzen – Liste gestanden. Allerdings fehlte mir ein Motiv. Nun gut, Bertanis Tod kam dir entgegen, weil er sich nicht auf Hagens Angebot – das ja eigentlich euer gemeinsames Angebot war – einließ. Er hätte mit seiner Unbestechlichkeit, seinem strikten Betreiben einer Kirchenreform und der Vereinigung mit den Protestanten zu einer Gefahr für euren Plan werden können. Doch wozu dann dieses Symbol auf seiner Haut? Um mich in die Irre zu führen? Bei Cespedes stimmt alles, du hattest ein Motiv, ihn zu töten, da er vorhatte, dem Druck des Kaisers nachzugeben und die Vereinigung mit den Protestanten zu unterstützen. Bei Villefranche wiederum stimmt überhaupt nichts. Er hatte sein Geld bekommen, und er erledigte auf der Konzilssitzung, bei der ich anwesend war, die ihm bezahlte Aufgabe bravourös, indem er den von dir und Matthias zum Schein eingegangenen Kompromiss rundweg ablehnte. Wozu ihn umbringen? Nein, das alles ergab keinen Sinn, keine Linie. Du bist kein Mörder. Du bist allerdings auf dem besten Weg, einer zu werden, doch das ist eine andere

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