Die Glaszauberin pyramiden1
gesellten sich nun auch zu uns.
»Es war Chad Nezzar«, informierte Isphet sie kurz. »Was habt ihr vom Dach aus gesehen?«
»Flußschiffe«, sagte Kiath. »Vierzig oder fünfzig. Mit Männern in Rüstung besetzt, vielleicht fünftausend. Chad Nezzar hat eine große Eskorte dabei. Seine Soldaten schwärmen in ganz Gesholme aus.«
»Erwartet er Schwierigkeiten?« murmelte Isphet. »Weiß er Bescheid? Kann er überhaupt Bescheid wissen?«
Mir drehte sich der Magen um. Hatte Chad Nezzar auf irgendeine Weise von unserer geplanten Revolte erfahren? Hatte ein aufmerksamer Wächter Yaqob und Yassar bei einem Gespräch belauscht? Hatte jemand das Versteck der Waffen gefunden?
Was auch immer: wir konnten nichts tun, da fünftausend Soldaten uns einen Besuch abstatteten.
Yaqob muß zornig sein, dachte ich und wünschte mir, er würde zu mir kommen.
Aber das war unmöglich. Nicht, wenn fünftausend Mann durch das Lager streiften. Nicht einmal die Dächer würden sicher sein.
In dieser Nacht schlief keiner von uns gut.
Am nächsten Morgen war die Stimmung in der Werkstatt sowohl gedrückt als auch von Spekulationen erfüllt. Die Nachricht von Chad Nezzars Anwesenheit hatte sich genauso schnell in Gesholme verbreitet wie seine Soldaten; jeder hatte eine Theorie, warum er gekommen war.
Da mehrere Arbeiter in der Werkstatt keine Elementisten und noch nicht in die Pläne für die Revolte eingeweiht waren, konnte keiner von uns offen über die Furcht sprechen, vielleicht ertappt worden zu sein.
Yaqob, dem seine Schlaflosigkeit anzusehen war, fauchte jeden gereizt an, auch mich. Das erste Stück Glas, das er anfertigte, zerbrach unter seinen Händen, und er fluchte und warf die Stücke in eine Ecke.
Ich zuckte zusammen, tauschte einen Blick mit Isphet und eilte in die erste Etage, um dort an meinen Glasnetzen weiterzuarbeiten. Zumindest Orteas und Zeldon würden ruhiger sein.
Ruhiger schon, aber ebenfalls angespannt. Ich trat auf den Balkon hinaus. Chad Nezzars Soldaten waren überall. Die meisten waren mit normalen Rüstungen ausgestattet und nicht mit dem Prunk der persönlichen Leibwache des Chad, aber sie alle waren schwerbewaffnet, jederzeit einsatzbereit und wachsam.
Ich ging wieder hinein und setzte mich. Yaqob hatte seine Pläne größtenteils darauf aufgebaut, daß die Wächter von Gesholme nach Jahren des Gehorsams und der Demut der Sklavenbevölkerung überheblich geworden waren.
Aber jetzt…
Ich nahm ein Stück Glas und malte mit einem Wachsstift die Umrisse des Musters auf. Ich mußte meine Linien mehrere Male abwischen, bevor ich sie richtig hinbekam, und Zeldon sah mich böse an.
Mir fiel auf, daß er ein Stück Glas mittlerweile so lange mit Sand geschliffen hatte, daß es in seinen Fingern zu zerbrechen drohte.
Von unten drang Lärm herauf. Rufe, dann das Gepolter einer großen Gruppe, die umherging. Isphets Stimme, ruhig aber unterwürfig. Orteas, Zeldon und ich hörten auf, so zu tun, als würden wir arbeiten, und starrten einander an.
Zeldon gab uns mit einer Geste zu verstehen, uns nicht zu rühren, legte sein Glas vorsichtig hin und ging zur Treppe. Er schaute ein paar Minuten vorsichtig nach unten und kam dann zurück zu unserem Tisch.
»Und?« wollte Orteas wissen.
Zeldon sah uns an. »Chad Nezzar. Und eine große Eskorte.«
»Was!« rief ich aus, und Zeldon packte meinen Arm.
»Ruhe!« zischte er.
»Was tun sie hier?« wollte Orteas wissen.
»Isphet zeigt dem Chad, wie die Brennöfen funktionieren.« Zeldons Lippen verzogen sich zu einem bösen Lächeln. »Und wenn Chad Nezzar noch näher herangeht, wird sein goldener Prunk direkt mit seiner Haut verschmelzen.«
Orteas fand das nicht so lustig. »Kommen sie hier herauf?«
Stimmen und Schritte auf den Stufen waren Antwort genug.
»Zurück an die Arbeit!« zischte Zeldon.
Meine Hände zitterten. Würde Boaz dabei sein?
Isphet betrat den Raum als erste und lud Chad Nezzar mit einer anmutigen Geste ein, näherzutreten. Entsetzt starrte ich wieder auf mein Glas, umklammerte es, um meine Hände am Zittern zu hindern.
Chad Nezzar blieb hinter Zeldon stehen und schaute ihm flüchtig über die Schulter.
»Gute Arbeit«, sagte er mit träger, gelangweilter Stimme. Selbst die wenigen Worte klangen so, als hätten sie eine große Anstrengung erfordert.
»Ich danke Euch, Großmächtiger«, sagte Zeldon.
Andere betraten den Raum. Ich wagte es nicht, aufzuschauen.
»Hier werden die Glasnetze für die Kammer zur Unendlichkeit
Weitere Kostenlose Bücher