Die Glaszauberin pyramiden1
außergewöhnlich.«
»Wir hinken hinter dem Zeitplan her!« sagte Boaz. »Und die Sicherheitsvorkehrungen sind unglaublich schlampig! Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht?«
»Ich habe mein Bestes getan«, erwiderte Ta’uz leise aber mit äußerster Würde, »und bin nicht herumspaziert, um Gärten in Setkoth anzulegen.«
»Ich glaube, ich möchte das Glas und die Kammer genauer erklärt haben«, unterbrach sie da Chad Nezzar, bevor die Feindseligkeiten noch schlimmer werden konnten. »Nun, Ta’uz?«
»Großmächtiger. Wie Ihr sehen könnt, wird am Ende die ganze Kammer in Glasnetze gehüllt sein, selbst der Boden.«
»Es ist sehr gut gemacht.« Chad Nezzar drehte sich um und streckte mir die Hand entgegen. »Mädchen. Es sieht sehr zerbrechlich aus, wie bleibt es da oben?«
Ich ergriff zögernd seine Hand, konzentrierte mich auf das Gemurmel seiner Juwelen statt auf die Verzweiflung des Glases und erklärte, so gut ich konnte. »Schließlich werden die Platten von geschickt angebrachten Haken und Schrauben gehalten, Großmächtiger. Ich glaube, nicht einmal ein Erdbeben könnte sie lösen«, schloß ich meine Erläuterungen.
Boaz’ Lippen zuckten, aber nicht vor Belustigung.
Chad Nezzar sah es und ließ meine Hand los; ich trat schnell zurück und gesellte mich zu Isphet. »Boaz, ich glaube, dieses Glas ist nach deinen Vorgaben entstanden?«
Boaz verbeugte sich. »Richtig, Großmächtiger. Ich habe Jahre damit verbracht, die Formeln für das Glas zu vervollkommnen.«
Ich spürte, wie sich Isphet überrascht bewegte. Sie war für das Mischen und das Brennen dieses goldenen Glases verantwortlich, aber sie tat es nach einer Formel der Magier. Boaz war dafür verantwortlich? Sicherlich brauchte man doch einen Meister der Glasmacher, um die richtige Mischung herzustellen?
Aber nein, anscheinend war das Glas das Produkt eines Verstandes, der von der Macht der Eins durchdrungen war.
»Von Glasmachern erfuhr ich alles über die Mengen an Metallpulver, die sie für die Glasherstellung brauchten«, fuhr er fort und bemerkte Isphets Überraschung, »und ich verfeinerte sie mit meinen eigenen Formeln, um diese Mischung zu bekommen. Eine kleine Vorführung, Onkel?«
»Ich glaube kaum, daß…«, begann Ta’uz mit einem warnenden Blick in unsere Richtung.
»Daraus kann kein Schaden entstehen, Ta’uz«, sagte Boaz und trat vor das Glas. »Sie werden es sowieso nicht verstehen. Und jetzt sagt mir, die Schächte hinter dieser Wand sind fertiggestellt und verglast?«
Ta’uz nickte steif.
»Und sie können geöffnet und geschlossen werden?«
Wieder nickte Ta’uz.
»Nun denn«, sagte Boaz, und er fuhr langsam mit der Hand über eine bestimmte Stelle des Glases und drückte.
Ich runzelte die Stirn – was tat er da? Ich hatte mit eigenen Augen gesehen, wie man dieses Teilstück dort angebracht hatte, und dahinter befand sich nichts als solider Stein. Ich…
Das Glas, das Boaz berührte, schrie vor solcher Angst auf, daß ich davon getroffen wurde und schwankte. Isphet, die genauso darunter litt wie ich, konnte sich jedoch beherrschen, und ihre Finger bohrten sich in meinen Oberarm.
Es reichte aus, daß ich meine Fassung wiedergewann, auch wenn ich davon überzeugt war, daß Boaz meine Reaktion nicht verborgen geblieben war.
Was geschieht hier? hörte ich die Soulenai durch Chad Nezzars Schmuck und Ringe rufen, als sie versuchten, das Glas zu erreichen.
Gebt acht, es gibt ein Unheil, erklang es wieder.
Hinter der Wand flutete Licht heran, und mir wurde klar, daß Boaz irgendwie einen Mechanismus berührt hatte, der die Zugänge, die Klappen, öffnete oder schloß, die wiederum die Menge und Richtung des Lichts bestimmten, das durch die Schächte zur Außenhaut der Pyramide floß.
Aber nicht die Tatsache, daß auf einmal Licht hereinflutete und das Glas erleuchtete, war so schrecklich, daß jeder in dem Raum aufschrie, ob nun begeistert oder furchterfüllt, sondern wie das Licht das Glas erhellte.
Irgendwie hatte Boaz eine Formel für das Glas entwickelt, daß die Innenwand in einem satten goldenen Farbton leuchtete, während die Netzmaschen davor das Licht in lebhaftes Scharlachrot umwandelten.
Auf der Stelle erwachten sämtliche Schriftzeichen, Symbole, Worte und Zahlen, die die Netzmaschen bildeten, zu flammendem Leben. Sie wallten über die Wände, als würden sie leben, wie Blut, als würden sie etwas suchen, und sie pulsierten mit der Macht der Eins.
Plötzlich erschien ein grausam deutliches Bild
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