Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske
nämlich dicht unter die Nase des Chefredakteurs und auf seine Oberlippe. Aber schon ein paar Augenblicke später massierte er ihm Kölnisch Wasser in das frisch rasierte Gesicht und sagte: „Das hätten wir wieder einmal.“
Herr Kubatz stand auf und angelte Trinkgeld aus seiner Hosentasche.
„Besten Dank“, meinte Fritz Treutlein höflich und half dem Chefredakteur in den Mantel.
„Darf ich meinen Herrn Sohn von dir grüßen?“ fragte Herr Kubatz, denn er wußte ja, daß der Friseurlehrling auch zu den Glorreichen Sieben gehörte.
„Das wäre sehr freundlich“, erwiderte Fritz, und beinahe gleichzeitig sagte er zu seinem Vater: „Ich muß jetzt los, wenn's recht ist.“ Er hängte seinen weißen Kittel an den Kleiderhaken, nahm eine Ledertasche unter den Arm und flitzte zur Tür. „Auf Wiedersehen allerseits“, rief er noch und war verschwunden.
„Er hat jeden Tag um ein Uhr einen Kunden im Kurfürsten“, erklärte Vater Treutlein.
„Was, schon kurz vor eins?“ fragte Chefredakteur Kubatz. „Da muß ich mich ja auch auf die Socken machen.“ Er stand jetzt bereits an der Kasse und konnte durch den Spiegel ein Stück vom Damensalon sehen. „Das ist doch unsere liebe Frau Breitschuh, wenn ich mich nicht irre?“
„Sie irren sich nicht“, rief die Besitzerin der Pension Flora aus dem Waschbecken heraus. Corny, die Schwester von Fritz, war nämlich gerade dabei, ihr den Kopf zu waschen.
„Ich wünsche einen schönen Tag“, meinte Herr Kubatz. „Hoffentlich geht es Ihnen ganz ausgezeichnet.“
„Ich kann nicht klagen“, entgegnete Frau Elfriede Breitschuh, und weil Corny ihre Haare jetzt in zwei große Handtücher packte, war die Unterhaltung beendet.
„Sie sagten doch gerade noch, daß nichts los sei“, bemerkte Polizeimeister Kalender nach einer Weile. „Und trotzdem haben Sie’s auf einmal so eilig?“ Er lächelte so undurchsichtig, als hätte er gerade einen Taschendieb entdeckt.
„Wenn Sie wüßten, mit wem ich verabredet bin“, meinte Herr Kubatz ein wenig geheimnisvoll und steckte sich seine Pfeife an, „ich wette, Sie würden sich das Blaue vom Himmel wundern. Auf Wiedersehen.“ Er tippte an seine Mütze und kletterte gleich darauf draußen in sein knallrotes Cabrio. „Wundern ist gut“, kicherte er wie ein kleiner Junge in sich hinein. Der Mann, den er schon in ein paar Minuten treffen würde, hörte nämlich ausgerechnet auf den Namen Wunderlich.
Der Chefredakteur ließ den Motor aufheulen, drückte aufs Gaspedal und sauste ab.
Der Plan X hat zwei Seiten, und vielleicht fährt der Zirkus Zamboni im Augenblick bloß durch einen Tunnel
Die Kurgäste schlenderten durch den Park hinter dem Rathaus wie mitten im Hochsommer. Sie hatten sich allerdings dicke Mäntel und warme Schuhe angezogen, und weil sie große Gläser mit sich herumschleppten, damit sie zwischendurch immer wieder mal einen Schluck Thermalwasser trinken konnten, trugen die meisten außerdem noch Handschuhe gegen kalte Finger.
Im übrigen war es den Damen und Herren, die in Bad Rittershude ihr Rheuma, ihre Niere oder was sonst noch alles kurieren wollten, piepegal, ob es schon tiefer Herbst war oder nicht. Sie stellten sich taub und nahmen ihn einfach nicht zur Kenntnis.
Auch Herr Wunderlich wanderte mit einem Glas in der Hand über die schmalen Wege zwischen den Rasenflächen am leeren Musikpavillon vorbei. Und da der Chefredakteur auf die Unterhaltung mit ihm so scharf war wie eine Rasierklinge, mußte er wohl oder übel neben ihm herspazieren. Um nicht aufzufallen, hatte er sich sogar wie alle anderen ein Glas mit Thermalwasser besorgt. Herr Wunderlich hielt sich nämlich sehr gewissenhaft an den Stundenplan seiner Kurverordnung und hätte sich um nichts in der Welt auch nur zehn Minuten von ihr abknapsen lassen.
Die beiden Männer bummelten jetzt schon eine ganze Weile lang nebeneinanderher, betrachteten im Vorbeigehen die Gesichter der übrigen Kurgäste, blickten gelegentlich in den Himmel und nahmen hin und wieder einen Schluck von dem Bad Rittershuder Thermalwasser, von dem die Bäderverwaltung behauptete, daß es vor allem ungeheuer eisen- und jodhaltig sei.
„Aha, das gehört also bei Ihnen zur Routine, sozusagen“, bemerkte Herr Wunderlich, als sie jetzt mitten in ihrem Gespräch an einem der abgeblühten Holunderbüsche vorbeikamen. „Ich meine, daß Sie in den Gästelisten herumschnüffeln.“ Mit seiner Goldrandbrille, dem wettergebräunten Gesicht und der schlanken Figur wirkte er
Weitere Kostenlose Bücher