Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske
Tag immer wieder von neuem. Sie holte eine angebrochene Pralinenschachtel aus dem Schrank, streifte sich die Schuhe von den Füßen und blätterte zuerst einmal in der Zeitung nach der Seite für die Frau. Anschließend knobelte sie an einem Kreuzworträtsel herum, und dann nahm sie schließlich ihr Strickzeug. Einmal kraus und einmal flach.
Gegen vier ging sie in die Küche. Als sie gerade Kaffee aufbrühen wollte, klingelte es, und Karlchen Kubatz stand vor der Wohnungstür. Er stellte sich höflich vor, und Frau Breitschuh war ganz entzückt darüber, daß der Sohn des Chefredakteurs der Bad Rittershuder Nachrichten ihren neuen Gast besuchen wollte.
Karlchen wanderte durch die Pension wie durch ein ungeheuer interessantes Museum, blickte sich überall neugierig um, blieb schließlich vor dem Aquarium stehen und spähte interessiert zu den Goldfischen ins
Wasser. Als Ronny aus seinem Zimmer kam, tippte er mit dem Fingernagel gerade gegen die Scheibe. „Hey, ich störe hoffentlich nicht“, sagte er, ohne aufzublicken. „Aber es war ja abgemacht.“
„Ja, es war abgemacht“, erwiderte der Zirkusjunge ein wenig verwundert. „Allerdings hatten wir keine Zeit vereinbart
„Macht nichts“, meinte Karlchen Kubatz unbekümmert und griff dabei automatisch nach der Fischfutterbüchse, die neben dem Bassin stand. „Ich schlage vor, daß wir zuerst Mathe machen und dann Englisch.“ Er zerrieb ein paar Krümel zwischen den Fingerspitzen.
„Guck mal, wie sie alle angeflitzt kommen.“ Die Goldfische veranstalteten in ihrem Aquarium tatsächlich ein regelrechtes Wettschwimmen. „Aber wir wollen keine Zeit verlieren“, bemerkte der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt plötzlich und wandte sich um. „Wo ist deine Bude?“
Als dann Frau Elfriede Breitschuh eine Viertelstunde später mit dem Ellbogen die Türklinke zu Ronnys Zimmer herunterdrückte, weil sie Kaffee und Streuselkuchen bringen wollte, spazierte Karlchen Kubatz, die Hände im Rücken, bereits auf dem Teppich hin und her. „Und jetzt die Menge aller Zahlen aus N, die bei Verminderung um 8 auf eine Differenz -“ Er unterbrach sich. „Besten Dank, Frau Breitschuh, das ist aufmerksam.“ Im gleichen Atemzugfuhr er fort: „-auf eine Differenz von höchstens 10 führen?“
Die Besitzerin der Pension Flora sperrte sprachlos Mund und Ohren auf. Sie schob ihr Tablett so geräuschlos wie irgend möglich über das Tischtuch und schlich sich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
Draußen schaltete sie das Radio ab und prüfte nach, ob alle Fenster geschlossen waren. Auch als es dunkel wurde und sie aus dem Haus mußte, bewegte sie sich immer noch wie auf Katzenpfoten. Sie zog ganz vorsichtig die Vorhänge zu, zupfte an ihren Falten, bis sie senkrecht und wie Wellblech auf den Teppichen standen. Das versäumte sie nie, ehe sie die Pension verließ. Bereits in Hut und Mantel, schrieb sie noch auf einen Zettel, daß sie leider zum Bad Rittershuder Frauenverein müßte, wo man heute die Wohltätigkeitsveranstaltungen für Weihnachten besprechen würde. Sie sei gegen neun zurück. Im Eisschrank lägen Leberwurst und Sülze.
In Ronnys Zimmer hatten die beiden Schüler inzwischen die Plätze gewechselt und die Rollen vertauscht. Jetzt wanderte der schlanke Zirkusjunge, eine Hand auf dem Rücken und in der anderen ein Buch, immer wieder vom Fenster zum Kleiderschrank und zurück. „The next day he could hardly wait“, las er vor, während auf der Straße gerade wieder einmal die Linie sieben vorbeifuhr, „till the hour appointed
„Entschuldigung“, unterbrach Karlchen Kubatz, der auf dem Stuhl am Fenster saß. „Aber wir müssen jetzt allmählich die Kurve kratzen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen -“
„Tell me in English what you want“, unterbrach ihn Ronny und tat vorwurfsvoll. Sie hatten nämlich verabredet, daß vorerst kein einziges deutsches Wort gesprochen würde.
„I think we should scratch the bend“, übersetzte Karlchen Kubatz gehorsam, „when we want to come righttimely.“
„O. K.“, grinste Ronny. „Let’s go.“
Als dann die Glocke auf dem Rathausturm Punkt acht mit ihren ersten Schlägen anfing, gondelten sie bereits durch die Ahornstraße. Karlchen Kubatz saß dabei vor Ronny quer hinter der Lenkstange. Es mußte am späten Nachmittag irgendwann geregnet haben. Jedenfalls spiegelten sich die Straßenlaternen und die Lichter der Schaufenster in den nassen Straßen.
Beim achten Schlag der Rathausglocke streckte Karlchen Kubatz
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