Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske
kurzerhand ausgeräumt und hinter den Tisch der Portiersloge gestellt worden: ein Kasten mit Leitzordnern, eine alte Reiseschreibmaschine, zwei Bürostühle, eine Rotlichtlampe und ein Handkoffer aus schwarzem Leder mit Sicherheitsschlössern. Herr Knebusch stand eine knappe Sekunde wie erstarrt und kriegte eine Gänsehaut.
Er konnte später nicht erklären, wie es kam, daß er plötzlich den schwarzen Koffer vom Boden nahm, Andy zum Barometer schickte, das drüben an der Wand hing, und selbst durch den Nebeneingang verschwand, der direkt auf den Parkplatz hinausging.
Andy hatte überhaupt nicht begriffen, was los war. Er schlafwandelte völlig benebelt durch die leere Halle, blieb vor dem Barometer stehen, und jetzt erst wurde ihm klar, daß sein Freund Walter soeben ihren eigenen Koffer geklaut hatte. Und sofort war er hellwach.
Genauso hatte es früher im Ring gerochen, wenn ein K. O. in der Luft lag.
Es traf sich ganz ausgezeichnet, daß neben dem Barometer ein Spiegel an der Wand hing. So konnte er, ohne sich umzudrehen, von seinem Standpunkt aus die ganze Halle überblicken. Und wenn er den Kopf ein klein wenig schief hielt, erlaubte ihm sein Blickwinkel sogar die Beobachtung der weißhaarigen Putzfrau hinter der Portiersloge. Sie war inzwischen mit der Arbeit fertig, hatte ihren Schrubber zusammen mit einem Wassereimer wieder herausgebracht und stellte jetzt alle Gegenstände, die sie weggeräumt hatte, wieder im Nebenraum auf ihre alten Plätze zurück. Anschließend verschloß sie die Tür, zog den Schlüssel ab und hängte ihn neben der kleinen Telefonzentrale an einen Haken. Daß inzwischen ein schwarzer Lederkoffer verschwunden war, fiel ihr gar nicht auf. Sie wischte noch mit einem Staublappen über die Tischplatte und trottete schließlich mit Schrubber und Putzeimer, ohne aufzublicken, zum Lift. So bemerkte sie auch Herrn Knebusch nicht, der im selben Augenblick wieder in die Halle zurückkam. Er blickte ihr nach, äugte kurz zu der leeren Portiersloge hinüber und war im Bilde. Als er an Andy vorbeikam, schnipste er mit Daumen und Zeigefinger. Der ehemalige Berufsboxer guckte noch einmal in den Spiegel und lief dann hinter ihm her wie ein Hund.
„Sie hat den Braten nicht gerochen“, flüsterte Andy aufgeregt.
„Damit war zu rechnen“, erwiderte das Babygesicht selbstbewußt und strahlte aus allen Knopflöchern.
Im großen Salon mit den Zimmerpalmen und Samtvorhängen spielten die beiden Musiker gerade einen Walzer.
Mitten unter den Tanzenden begegneten sie Mister Pinkerton und Herrn Wunderlich. Sie grüßten mit einem höflichen Lächeln und deuteten im Vorbeigehen eine leichte Verbeugung an.
Überall, wo Herr Wunderlich auf seinem Weg zum Ausgang vorbeikam, steckten die Leute hinter ihm die Köpfe zusammen, denn inzwischen war er in Bad Rittershude bekannt wie ein bunter Hund. Aber weil die Herren Knebusch und Paschke keine Zeitungen lasen, konnten sie das nicht wissen.
„Bitte sehr“, sagte der Hotelpage Fridolin, der zum Servieren ein weißes Jackett anhatte, „hier ist gerade frei geworden.“ Er nahm ein Schachspiel vom Tisch und rückte die Stühle zurecht. Später brachte er Tee und Sandkuchen.
„Zuerst dachte ich, mir bleibt vor Schreck der Wecker stehen“, bemerkte Andy durch die Zähne, als der klapperdürre Pikkolo wieder verschwunden war.
„So was schenkt einem das Glück im Leben nur alle Jubeljahre“, antwortete Herr Knebusch nachdenklich. Die Musik war so laut, daß er sicher sein konnte, an den Nebentischen nicht mehr verstanden zu werden. „Und wer da nicht blitzschnell zupackt, ist für immer von der Verlosung ausgeschlossen. Dämlichkeit wird vom Glück nämlich bestraft.“
„Und wo hast du ihn?“ fragte Andy neugierig. „Ich meine den -
„Abgeschlossen im Kofferraum“, flüsterte das Babygesicht. „Falls man ihn finden sollte, tun wir maßlos erstaunt, weil wir den Koffer doch wie jeden Tag beim Portier hinterlegt hätten, Stein und Bein könnten wir darauf schwören. Aber offenbar ist uns ein Irrtum unterlaufen, sind wir das Opfer einer Täuschung „Dann lassen wir morgen alles ins Wasser fallen?“ wollte Andy jetzt wissen.
„Aber das wäre doch ganz dumm, Wuschelköpfchen“, lächelte Herr Knebusch in seine Teetasse hinein. „Kein Mensch wird jemanden verdächtigen, der gerade noch selbst so gemein bestohlen wurde.“
„Also die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe“, bemerkte Andy voll Bewunderung.
„Mehr noch“, meinte das
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