Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
seiner Meisterleistung. Durch Köpfchen und Kaltblütigkeit hatte er die Vorsichtsmaßnahmen des Hauses glatt überspielt und sein Ziel erreicht. Jetzt konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Der Lift war leer, als er sich mit einem leisen Summen öffnete.
Donnerwetter, wie leicht die beiden Pelze waren. Er spürte ihr Gewicht kaum auf seinem Arm. Aber die würde er nicht bei Ede Krüger in Neukölln versilbern. Damit mußte er zu einem Hehler der ersten Kategorie. Zum „Diamanten-Hugo“ nach Hamburg zum Beispiel, der würde sie mit Kußhand nehmen. Echte indische Breitschwänze waren für Kenner so etwas wie Kaviar unter den Pelzen.
Ab der dritten Etage war es mit der Ruhe vorbei. Chefredakteur Kubatz und Herr Bissegger hatten zusammen mit den Glorreichen Sieben in ihren schneeweißen Hotelbademänteln gewartet und drängelten sich jetzt durch die Tür in den Lift.
„Entschuldigung“, protestierte der Mann mit dem falschen Kinnbart, als er ganz in die Ecke gedrängt wurde. „Aber der Fahrstuhl ist nur für acht Personen.“
„Für acht Erwachsene“, erwiderte ausgerechnet der dickliche Sputnik. „Wir sieben sind aber nur halbe Portionen, macht also nach Adam Riese, alle zusammengerechnet, genau sechs Komma fünf Ganze, Sie, mein Herr, eingeschlossen. Einverstanden?“
„Na ja“, murmelte der Mann in dem taubenblauen Anzug. Er wollte um alles in der Welt jetzt keinen Terror. Aber innerlich kochte er.
Fehlt noch, daß ich im letzten Moment auffliege, nur weil dieser Lift wegen Überlastung steckenbleibt. Im übrigen geht mir diese Bande mit ihrem andauernden Gekichere und Gequatsche auf die Nerven. Man müßte diesen verdammten Bengels die Mäuler mit Leukoplast zukleben, wütete er in sich hinein.
Im Erdgeschoß löste sich die Versammlung dann ganz schnell in Wohlgefallen auf.
Die Glorreichen Sieben mit den Herren Kubatz und Bissegger schienen es eilig zu haben, hüpften wie Frösche aus dem Lift und verschwanden, ohne sich umzublicken, hinter der undurchsichtigen Glastür zum Schwimmbad.
Auch Herr Piepke, alias Andreas Bertram, hatte keine Zeit zu vertrödeln. Er ging ein paar Schritte weiter zu einer Treppe, die er noch von früher her kannte und die direkt in den Hof hinter dem Hotel und auf den Parkplatz führte. Im Gehen drehte er die beiden Pelzmäntel so, daß nur noch ihr seidenes Innenfutter zu sehen war. Wenn der indische Hellseher mit seinem Sekretär trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit in diesen Pelzen über den Ku’damm flanierte, verwunderte das niemanden, weil die Herren in ihrer Heimat ja tropische Temperaturen gewohnt waren. Aber ein durchschnittlicher Mitteleuropäer wie der Rosafarbene wäre an einem solchen Frühlingstag mit derselben Bekleidung bestimmt aufgefallen, und gerade das wollte er nicht riskieren. Um alles in der Welt nur jetzt nicht auffallen.
Er angelte sich also das nächstbeste Taxi, ließ sich beim nächstbesten Lederwarengeschäft absetzen und kaufte dort den nächstbesten Koffer. Er war aus weißem Kunststoff und lächerlich billig.
Eine ganze Weile zuvor waren die Glorreichen Sieben zusammen mit den Herren Kubatz und Bissegger im Swimming-pool bereits von Oliver Krauße mit ß erwartet worden. Seine Haare waren im Augenblick allerdings nicht so verwuschelt wie üblich, sondern naß und ganz glatt, weil er zwischenzeitlich bereits geduscht hatte.
„Eigentlich darf das Hotelpersonal hier gar nicht rein, weil wir den Gästen nicht vor der Nase herumschwimmen sollen“, grinste er. „Aber der Bademeister ist in Ordnung und hat ein Auge zugedrückt.“
„Hoffentlich kriegt er davon nicht den Keuchhusten“, witzelte Herr Kubatz. Er hatte noch kurz vorher den Bad Rittershuder Nachrichten seinen Artikel für die morgige Ausgabe durchtelefoniert und war blendend aufgelegt. Einerseits, weil er sich einbildete, wieder einmal ein journalistisches Meisterstück geliefert zu haben, und andererseits, weil ihm Herr Hildesheimer berichtet hatte, daß die Auflage seit der Geschichte um den Kandidaten und die Glorreichen Sieben um rund tausend Exemplare in die Höhe geschnellt war.
Im selben Augenblick, als die Bad Rittershuder Expedition ins Wasser sprang, braute sich ein paar Stockwerke höher, und zwar genau in der sechsten Etage, ein Gewitter zusammen. Es fing mit einer harmlosen Windstille an, wie es Gewitter so an sich haben.
Noch völlig ahnungslos kam der schwarzhaarige Sekretär des indischen Hellsehers vom Hauptlift herüber durch den Korridor
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