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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Studienrat Dr. Purzer zwischen seine Überlegungen. „Nein, das ist alles kalter Kaffee“, seufzte der Junge mit der Stupsnase und den blauen Augen unhörbar. „Purzer kennt die ältesten und neuesten Maschen, und Abschreiben bei ihm wäre glatter Selbstmord. Damit muß man sich leider abfinden.“
    Referendar Bissegger verbreitete sich inzwischen über Beuteltiere im allgemeinen und ausgerechnet über Känguruhs im besonderen.
    „Sie haben ein sandfarbenes Fell und werden in ihrer Heimat von den Viehzüchtern gejagt, weil sie den Schafen und Rindern das Gras wegfressen.“
    Ein Teil der Klasse bereitete sich immer noch auf die bevorstehende Klassenarbeit vor. Aber manche Schüler hatten inzwischen unbekümmert ihre Plätze getauscht, saßen gruppenweise beisammen, flüsterten mehr oder weniger laut. Karlchen und Emil Langhans hatten den Kopf in die Hand gelegt und steckten an den Figuren eines Reiseschachs herum. Hans Pigge löste gemeinsam mit dem Jungen in der ausgebleichten Jeansjacke Kreuzworträtsel. Sie hatten die Beine weit unter ihre Tische geschoben und lümmelten fast gestreckt auf ihren Stühlen.
    „Wo sind Känguruhs zu Hause?“ wagte der Referendar zu fragen. „Kann mir das einer sagen?“
    „In Australien natürlich, wo denn sonst“, rief Emil
    Langhans, ohne sich umzudrehen. Gleichzeitig bedrohte er Karlchens Dame mit einem Turm. „Gardez, Herr Kubatz!“
    „Ich stelle fest, die Klasse ist äußerst unaufmerksam“, ließ sich Bissegger vernehmen.
    „Bitte, nicht so laut“, entgegnete der Junge in dem buntkarierten Sporthemd. „Sie stören uns, Herr Referendar.“
    Bissegger preßte die Lippen zusammen, und seine auffallend schlanken Hände verkrampften sich.
    „Das war nicht gerade die feine englische Art“, zischte Karlchen Kubatz.
    In die Klasse kam Bewegung. Man setzte sich wieder auf die eigenen Stühle, verstummte und blickte neugierig zu dem jungen Mann mit der randlosen Brille hinüber. Die Klasse erwartete jetzt irgendein Theater.
    Aber dem Referendar hatte es die Sprache verschlagen.
    Die Schüler waren verwundert, gleichzeitig enttäuscht und fühlten sich um ein Vergnügen betrogen. Herr Bissegger hätte doch wenigstens aufspringen und explodieren können.
    Die Klasse gab ihm noch die Chance einer halben Minute. Aber es geschah nichts. Da löste sich die Spannung wieder, und zugleich wurden auch die abgebrochenen Unterhaltungen neu aufgenommen. Es hörte sich schließlich so an, als sei das ganze Klassenzimmer voller dicker, schwarzer Fliegen, die sich ständig vermehrten und brummend durcheinanderflogen. Zwischendurch streckte der Junge mit den Sommersprossen um die Nase seinen rechten Arm in die Luft und gab bekannt, daß er unbedingt austreten müsse.
    „Das hat vermutlich bis zum Läuten Zeit“, entschied Herr Bissegger. „So lange wirst du dich wohl noch beherrschen können.“
    „So was ist ungesund“, entgegnete der Schüler aufsässig. „Der bekannte Feldherr Wallenstein und Herzog von Friedland soll daran während einer Schlacht fast krepiert sein!“
    Jetzt hatte die Klasse schließlich doch noch ihr Theater. Sie tobte und wieherte vor Lachen.
    Aber der junge Referendar betrog die 9 B jetzt schon zum zweitenmal um ihren Spaß. Er ließ das Gejohle über sich ergehen wie einen unvermeidlichen Gewitterregen, rührte sich überhaupt nicht, blickte zum Fenster hinaus und wartete. Er wartete so lange, bis den Schülern schließlich die Luft ausging und ihr Gelächter versickerte. Als es soweit war, setzte er seinen Unterricht fort, als ob in der Zwischenzeit nicht das geringste passiert wäre. Er berichtete lustlos weiter, daß sich Känguruhs tagsüber im Dickicht aufhalten und bei einer Größe von einem Meter bis zu fünfzig Pfund schwer werden können.
    Rund um den Klassensprecher herum versammelte sich währenddessen der größte Teil der Klasse. Sie bildete eine Ansammlung von Köpfen, die zusammengedrängt auf einen Grundriß starrten, den Emil auf ein Stück Papier gezeichnet hatte. Dieser Grundriß zeigte eine fatale Ähnlichkeit mit dem Verlauf der Korridore und des Treppenhauses im Schulgebäude, und die dicht nebeneinanderstehende Gruppe erinnerte an einen Generalstab bei der Lagebesprechung.
    „Karlchen da an der Ecke und Hans drüben, wo die Treppe eine Kurve macht“, flüsterte Emil. Er hatte inzwischen mit einem Rotstift kleine Kreise auf seine Zeichnung gemalt. Diese roten Kringel hätten ohne viel Phantasie bedeuten können, an welchen Punkten

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