Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
quatschen Sie hier keine Opern“, sagte der Portier nach einer Weile. „Warten Sie, Moment mal...“ Er klappte das Gästebuch auf, blätterte eine Seite um und holte gleichzeitig seine Lesebrille heraus. „Erna, diese dämliche Kuh, beschwert sich, weil man ihr mit keinem Ton gesagt hätte, daß Einhundertundzwölf heute abreist“, murmelte er dabei zu dem Pagen Fridolin hinüber. Anschließend nahm er wieder den Hörer ans Ohr. „Also, von Abreise keine Spur. Wie kommen Sie denn auf so was?“
„Weil das Zimmer total leer ist“, erwiderte das Zimmermädchen aus dem zweiten Stockwerk eingeschnappt. „Die Koffer sind verschwunden, und die Schränke sind leer bis auf den letzten Hosenknopf. Sogar der Papierkorb ist ausgeräumt.“
„Und Sie träumen nicht?“ fragte Herr Pelz behutsam.
„Ich träume nicht einmal nachts“, kam es vom anderen Ende der Leitung.
„Warten Sie, bis ich komme“, befahl der Portier und legte auf.
„Diese Person ist dümmer als ein Gartenzaun“, knurrte er noch und gab Fridolin ein Zeichen, ihm zu folgen.
Das Zimmermädchen Erna hatte eine mollige Figur, die alle Sprachen sprach, und ganz besonders große, tiefschwarze Augen. Es stimmte allerdings, daß ihr Intelligenzquotient bereits in den Kinderschuhen verkümmert sein mußte.
Sie wartete vor der offenen Tür von Zimmer 112 im Korridor, als Herr Pelz im Eilschritt vom Lift her auf sie zukam. Fridolin folgte ihm wie sein Schatten, den Kopf neugierig vorgestreckt.
„Das ist ja...“ stieß der Portier hervor. Er stand jetzt auf der Türschwelle und konnte das verlassene Zimmer mit einem Blick übersehen.
Für zwei oder drei Sekunden fehlten ihm die Worte.
„Gestern abend hab’ ich noch das Bett gemacht, und da war alles in Ordnung“, berichtete das Zimmermädchen Erna. „Er muß heute morgen in aller Frühe abgereist sein.“
„Der Herr ist nicht abgereist“, unterbrach sie Herr Pelz, „er ist getürmt.“
„Ich glaube, mich knutscht ein Elch“, rief die mollige Erna erschrocken. Als sie sich kurz darauf wieder beruhigt hatte, fügte sie noch hinzu: „Dabei war Herr Piepke ein so liebenswürdiger und freundlicher Gast. Aber so kann man sich in den Menschen täuschen. Schon meine Großmutter hat mir eingetrichtert, daß man niemandem über den Weg trauen darf, und wenn ich...“
„Halten Sie gefälligst Ihren Mund, Erna“, knurrte Herr Pelz. Er hatte inzwischen stumme Gedankenarbeit geleistet und war zu einem Entschluß gekommen. „Wir betreten das Zimmer nicht und rühren auch nichts an.“ Dabei machte er die Türe zu, schloß sie ab und steckte den Zimmerschlüssel von 112 in seine Westentasche. Als er kurz darauf in der Halle aus dem Lift kam, begab er sich ohne Zögern zum Telefon und alarmierte die Polizei.
Es dauerte eine knappe halbe Stunde, bis ein Funkwagen mit eingeschaltetem Blaulicht und heulender Sirene vom Rathausplatz herunterkam, über den Bürgersteig kurvte und mit kreischender Bremse dicht vor der breiten Eingangstreppe stehenblieb. Die Wagentüren flogen auf. An der einen Seite sprang Polizeimeister Kalender ins Freie und auf der anderen Seite sein rothaariger Reviervorsteher Nielsen. Beide in Uniform und in Eile. Sie stürzten sich wie ausgehungerte Bulldoggen in die gläserne Drehtür.
„Wo brennt’s? fragte Polizeimeister Kalender.
Der Chefportier war ihm entgegengelaufen, und beinahe wären die beiden Herren aufeinandergeprallt.
„Schön, daß Sie persönlich kommen“, sagte Herr Pelz. „Guten Tag.“
„Wir hatten leider auf dem Wochenmarkt noch eine Festnahme“, entschuldigte sich der Polizeimeister. „Wir mußten auf die Minute genau zupacken“, fügte er ein wenig aufgeblasen hinzu. „Aber, Schwamm drüber, das ist erledigt.“ Er kniff die Augen zusammen und fragte: „Wieder mal Hoteldiebstahl?“
„Eigentlich mehr Hotelbetrug“, erwiderte der Chefportier. „Etwas, das uns hier im Hause noch nicht passiert ist, seitdem ich zurückdenken kann.“ Er senkte seine Stimme. „Zechprellerei in größerem Umfang.“
„Ein Hochstapler also?“
„Es sieht ganz so aus“, gab Herr Pelz zu. „Schießen Sie los“, meinte Polizeimeister Kalender und warf dabei seinem Begleiter einen kurzen Blick zu: „Holen Sie Ihr Protokollbuch heraus und schreiben Sie alles haargenau mit.“
„Der Fall ist delikat“, mahnte der Chefportier leise. „Glücklicherweise sind unsere Gäste inzwischen im Frühstückssaal oder bereits zum Schwimmen im Thermalbad.“ Er kam
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