Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
seiner Schnauze in die Luft geschnappt, als ob er die aufzuckenden Lichter wie Mücken einfangen könnte.
„Dann haben Sie Ihren Wohnsitz augenblicklich in Köln?“ fragte Herr Kubatz, der sich unversehens in einer gewissen Bedrängnis sah.
„Meine Eltern leben dort.“
„Aber Sie persönlich?“ schoß Herr Hildesheimer seine Frage ab. „Sie sind doch augenblicklich Referendar in Ihrer Geburtsstadt und bestimmt auch hier polizeilich gemeldet?“
„Noch nicht —“, meinte Herr Bissegger. „Ich wollte damit warten, bis ich eine feste Wohnung gefunden habe...“
„Die werden wir noch heute nacht für Sie auftreiben“, stellte der Chefredakteur kurz entschlossen fest. Er paffte jetzt ganz schnell hintereinander ganze Wolken von Rauch aus seiner Pfeife. „Ganz egal, ob sie darin wohnen wollen oder nicht. Und bevor das Rathaus morgen früh richtig aufgewacht ist, sind Sie polizeilich angemeldet. Wäre ja gelacht, wenn wir aus Ihnen nicht im Handumdrehen einen waschechten Bad Rittershuder Bürger machten. Der Kandidat Bissegger muß nämlich ein Kind dieser Stadt sein, oder die ganze Geschichte interessiert unsere Leser überhaupt nicht, logo?“ Er hatte sich wieder beruhigt, was vor allem an seinem Pfeifenrauch zu erkennen war, der sich bedächtig unter der Deckenlampe kringelte. „Und da Sie ja tatsächlich hier geboren sind, bleibt der kleine Schwindel noch in den Grenzen des Erlaubten. Die paar Jährchen, die Sie in anderen Städten gewohnt haben, lassen wir einfach unter den Tisch fallen.“
„Da müßte bestimmt was Brauchbares dabeisein“, meldete sich in diesem Augenblick der junge Pressefotograf zu Wort. „Ich hab’ einen ganzen Film vollgeknipst.“
„Verdampfen Sie also“, meinte Herr Hildesheimer. „Und das Labor in der Redaktion soll sich sputen.“
„Ich bin schon gar nicht mehr da“, stellte der junge Mann fest und verschwand augenblicklich zusammen mit seinem Fotoapparat, dem Blitzlichtgerät und seinem Metallkoffer.
Er hatte noch kaum die Tür hinter sich zugemacht, als Herr Bissegger den Setter wieder zum Weiterschlafen in sein Bad schickte und dann wie aus heiterem Himmel mit leiser Stimme feststellte: „Ich werde den ganzen Quatsch absagen.“ Er nippte an seinem Bier und verzog gleich darauf das Gesicht, als hätte er Salatöl geschluckt.
„Aber das können Sie doch nicht“, rief Frau Breitschuh geplättet.
„Ich telegrafiere, daß ich zu meinem größten Bedauern einen Weisheitszahn bekomme“, sagte der Referendar. „Oder ich hätte plötzlich Ziegenpeter."
„Das ist doch eine Kinderkrankheit“, warf Karlchen Kubatz ein.
„Auch Erwachsene kriegen manchmal Mumps“, beharrte Herr Bissegger hartnäckig.
„Eine Absage wird jetzt nicht mehr so einfach sein“, bemerkte der Chefredakteur. Er nahm nachdenklich drei Züge aus seiner Pfeife und lächelte. „Ich meine, wenn Sie morgen früh als Schlagzeile und mit Ihrem Foto von der ersten Seite der Bad Rittershuder Nachrichten den Leuten in die Augen springen...“
„Noch gibt es ein privates Persönlichkeitsrecht, verdammt noch mal“, unterbrach ihn Herr Bissegger. „Das ist im Grundgesetz verankert.“
„Stimmt", gab Herr Kubatz zu. „Aber das gilt leider nur, solange Sie nicht aus der Reihe tanzen, ein Lehrer sind wie jeder andere, ein Bankbeamter wie jeder andere oder ein Staubsaugervertreter wie jeder andere. Sobald Sie aber nur silberne Löffel klauen, in einer Bundesligamannschaft Tore schießen, Schauspieler sind oder gar Minister, vielleicht einen Ihrer Schüler aus dem Wasser fischen und ihm damit das Leben retten, ist die Öffentlichkeit an Ihnen interessiert, und Ihr Persönlichkeitsrecht geht flöten...“
„Aber ich bin kein Bundesligatorjäger und erst recht kein Minister“, fiel ihm der Referendar wieder ins Wort. „Die Öffentlichkeit hat nicht die geringste Ahnung von mir...“
„Was sich ab morgen gründlich ändern wird“, unterbrach jetzt der Chefredakteur seinerseits Herrn Bissegger. „Schließlich flimmern Sie in einer Woche über den Fernsehschirm, und Millionen Menschen sitzen zu Hause in ihren Sesseln oder auf ihren Sofas und gucken Ihnen zu.“
„Das ist ein Alptraum, meine Herren“, stöhnte der junge Referendar. „Kann man das wirklich nicht mehr aufhalten?“
„Zu spät, lieber Herr Bissegger“, meinte der Chefredakteur der Bad Rittershuder Nachrichten. „Aber vielleicht sehen Sie im Augenblick nur die eine Seite der Medaille, und der ganze Rummel macht Ihnen
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