Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
am Ende noch einen Heidenspaß.“
„Bestimmt“, sagte Frau Breitschuh überzeugt und bekam dabei strahlende Augen. „Dafür verwette ich die ganze Pension, meinen Kakadu eingeschlossen, und der ist mein ein und alles, wie Sie wissen.“
Die Glorreichen Sieben jagen von einem Termin zum anderen
Von dem Augenblick an, als die ersten Exemplare der Bad Rittershuder Nachrichten am nächsten Morgen durch die Schlitze der Briefkästen fielen, zwischen den Maschendraht von Gartentüren gesteckt wurden oder an den Kiosken zum Verkauf auslagen, dauerte es nur noch eine runde Stunde, und der Referendar Helmut Bissegger war eine stadtbekannte Person.
„Bad Rittershude beim ,Großen Preis’ dabei“, hatte sich Herr Kubatz zusammen mit seinem Redaktionsstab als Schlagzeile für die erste Seite ausgeknobelt. Mit etwas kleineren Buchstaben stand darunter: „Referendar Bissegger vertritt unsere Stadt vor Millionen Fernsehzuschauern in Berlin.“ Ein Foto zeigte den Kandidaten neben seinem kastanienbraunen Setter mit reihenweise dichtgestapelten Büchern im Hintergrund. Am linken Bildrand war das Profil der Nofretete deutlich zu erkennen.
Der Chefredakteur hatte den dazugehörenden Leitartikel höchstpersönlich verfaßt, berichtete ausführlich von der überraschenden Neuigkeit, die erst gestern abend in die Redaktion geplatzt sei, und erzählte dann ein wenig vom Privatleben des Referendars. Allerdings beschränkte er sich vorerst darauf, daß der Referendar in dieser Stadt, und zwar in der Ahornstraße 46, das Licht der Welt erblickt habe. Er nannte auch den Geburtstag, aber mehr verriet er im Augenblick noch nicht. Als es gerade anfing für die Bad Rittershuder Leser spannend zu werden, verwies er mit den Worten „Fortsetzung folgt“ auf die nächsten Ausgaben der Zeitung.
Der getürmte Hotelgast wurde lediglich unter den Buchstaben M. P. und ohne Nennen des Kurfürsten auf der dritten Seite erwähnt. Allerdings mit einer ziemlich genauen Personenbeschreibung und dem Hinweis auf den dunkelbraunen Sternsaphir am Mittelfinger seiner linken Hand.
Herr Bissegger, der bis zu diesem Tag an jedem Morgen völlig unbeachtet von seiner Pension zum Prinz-Ludwig-Gymnasium gegondelt war, wurde heute bereits beim Einsteigen in die Straßenbahn vom Schaffner unter Nennung seines Namens freundlich begrüßt und anschließend von total fremden Fahrgästen. Einige wünschten ihm augenzwinkernd oder mit offenem Lachen viel Glück und versicherten, daß sie ihm für Berlin die Daumen drücken würden.
Auch die Schüler, die ihn bisher auf dem letzten Stück seines Weges von der Straßenbahnhaltestelle zum Prinz-Ludwig-Gymnasium kaum beachtet hatten, sagten heute höflich „Guten Morgen, Herr Referendar“, wenn sie ihn kommen sahen. Manche überholten ihn auch mit der Absicht, sich dabei umdrehen zu können und ihn gleichfalls zu grüßen. Sie blickten ihn dann so neugierig an, als hätte er sich über Nacht die Haare grün gefärbt.
Als er im Schulhof bei den abgestellten Mülltonnen vorbeikam, die ja seit neuestem von den herausgerissenen und aufgestapelten früheren Schulbänken Gesellschaft bekommen hatten, erschreckte ihn plötzlich die Stimme von Paul Nachtigall.
„Da sind wir nun gestern zwei geschlagene Stunden beim Eis zusammengesessen, und Sie sagen keinen Ton.“ Er hatte gerade sein Fahrrad in den Eisenständer geschoben und nahm jetzt eine mit Büchern und Heften prallgefüllte Segeltuchtasche vom Gepäckträger. „Ihre Geheimnisse müssen wir aus der Zeitung erfahren.“
„Als wir uns gestern abend verabschiedet haben", erwiderte Herr Bissegger, der stehengeblieben war, „hatte ich von der Bombe noch keine Ahnung. Sie ist erst explodiert, nachdem ich in der Pension die Tür hinter mir zugemacht hatte.“
„Jedenfalls ist das Ding ein ganz enormer Knüller“, meinte Emil Langhans, dessen Stimme morgens besonders blechern klang. Die Glorreichen Sieben waren kurz zuvor beinahe gleichzeitig vor dem Gymnasium eingetroffen.
Nur Karlchen Kubatz fehlte noch, was aber keinen verwunderte.
Im Lehrerzimmer erhoben sich ein paar Minuten später die bereits anwesenden Studienräte wie eine Schulklasse von ihren Stühlen, als Herr Bissegger vom Korridor in den Raum kam.
„Guten Morgen“, riefen sie übermütig im Chor. „Wir gratulieren und wünschen Erfolg.“
Der Referendar war restlos von den Socken und blieb verlegen stehen.
„Wir haben das ein paarmal geübt“, erklärte Dr. Purzer vergnügt und genoß die
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