Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Worte hinein hatte die Schulglocke geläutet.
„Bis zur großen Pause“, flüsterte Paul Nachtigall noch, und dann machten sich die Glorreichen Sieben aus dem Staub.
Drüben im Lehrerzimmer war es nämlich plötzlich wieder ganz still geworden.
Als später Herr Bissegger zur dritten Stunde in die 9 B kam, um heute in Geographie auszuhelfen, war die Klasse wie ausgewechselt. Sie begrüßte ihn geradezu übertrieben freundlich, saß auf ihren nagelneuen Stühlen, ohne sich zu rühren, und verhielt sich so interessiert und aufmerksam, als würde Studienrat Dr. Purzer unterrichten.
Nur einmal wagte Emil Langhans zwischendurch die Frage, was denn unter Ägyptologie überhaupt zu verstehen sei.
Aber das war eine bewußte Ablenkung, die von den Glorreichen Sieben abgesprochen war.
Gleichzeitig verließ nämlich Karlchen Kubatz seinen Stuhl, machte ein paar Schritte und bückte sich dicht vor dem Tisch des Referendars. „Entschuldigung, aber da ist Ihnen wohl etwas runtergefallen“, sagte er. Dabei legte er einen Zettel vor Herrn Bissegger neben das aufgeschlagene Klassenbuch und setzte sich wieder.
Der Referendar beachtete das kleine Stück Papier vorerst gar nicht. Er erklärte zu Ende, was sich hinter dem Begriff Ägyptologie verbarg, und schlug dann wieder einen Bogen zu seinem eigentlichen Unterrichtsstoff zurück. Erst als er hinterher aus Honduras kommend die Grenze nach Nicaragua überschritt, las er ganz beiläufig und so, daß es so aussah, als würde er einen Blick in das gerade vor ihm liegende Buch werfen, die Nachricht, die ihm der kleine Junge mit dem Bürstenhaarschnitt auf den Tisch gelegt hatte.
„Wir müssen Sie unbedingt noch heute sprechen. Bitte, wann und wo?“ Unterschrieben war die Botschaft lediglich mit einer Sieben.
Erst einige Minuten später, als Herr Bissegger bereits zum Sprung nach Costa Rica ansetzte, schrieb er gleichfalls wieder ganz beiläufig ein paar Worte unter die ihm vorgelegte Frage. Es sah so aus, als würde er sich irgend etwas an den Rand seines Buches notieren.
Als es gleich danach zur großen Pause läutete, zerknüllte erden Zettel achtlos und warf ihn beim Weggehen in den Papierkorb neben der Tafel.
Er hatte die Türklinke noch nicht richtig in der Hand, als Emil Langhans, der dickliche Sputnik und Manuel Kohl von ihren Stühlen aufstanden. Sie beeilten sich nicht sonderlich, um nicht aufzufallen. Aber sie plazierten sich derart, daß sie mit ihren Körpern den Blick auf Karlchen Kubatz verdeckten, der das Papierknäuel blitzschnell aus dem Papierkorb fischte.
„17 Uhr Pension Flora“, hatte der Referendar als Antwort unter die Frage der Glorreichen Sieben gekritzelt.
Und auf die Minute pünktlich trafen sie sich dann auch mit ihren Fahrrädern in der Amselstraße und klingelten bei Frau Elfriede Breitschuh.
In der Zwischenzeit war allerdings noch einiges passiert. Und zwar als Ergebnis der Besprechung in der großen Pause im Schulhof bei den Mülltonnen und den abgestellten Fahrrädern. Nach einem genauen Plan hatte jeder, seiner Begabung entsprechend, einen anderen Auftrag bekommen.
Nach Schulschluß ersuchte Emil Langhans zusammen mit dem dicklichen Sputnik, der als Finanzexperte galt, im Vorzimmer des Direktors bei Fräulein Kowalski um eine Unterredung mit dem Oberstudiendirektor.
„Ich werde sehen, was ich für euch tun kann“, sagte die Sekretärin und verschwand nebenan hinter der ledergepolsterten Tür ihres Chefs.
„Der Herr Oberstudiendirektor läßt bitten“, meldete sie eine halbe Minute später, und die beiden Jungen traten ins Allerheiligste des Prinz-Ludwig-Gymnasiums.
„Wo brennt’s?“ fragte Herr Senftleben durch eine kleine Zigarillorauchwolke hindurch. „Ich bin leider etwas in Eile.“
„Damit wären wir bereits beim Thema“, meinte Emil Langhans und grinste. „Es geht um die herausgerissenen Bänke, die im Schulhof aufeinandergetürmt sind und nicht gerade zu seiner Verschönerung beitragen. Sie sollten schleunigst verschwinden, wenn wir das bemerken dürfen.“
„Euer Interesse an der keimfreien Schönheit unserer Anstalt rührt mich“, stellte der Direx fest. „Was steckt dahinter? Aber keine faulen Tricks, wenn ich bitten darf.“
Die beiden Schüler gaben zu, daß sie für die alten Bänke unter Umständen Verwendung hätten. Was immer das auch sei, jedenfalls würden die Klamotten vom Hof verschwinden, und der Schule würden für den Abtransport keine Kosten entstehen.
„Darüber habe ich gerade vor einer
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