Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Anführer der Maxen kniete neben drei anderen Jungen mit ölverschmierten Händen bei einem Mofa, das sie auf den Kopf gestellt hatten.
In diesem Moment ließen sie gerade den Motor aufheulen, der dann allerdings ziemlich schnell zu spucken anfing und schließlich absackte.
„Steht ja ganz schön Farbe hier herum“, bemerkte Paul Nachtigall, während er sein Fahrrad dichter heranschob. Er dachte daran, daß die Maxen früher einmal so ziemlich alle freien Wände in der Stadt und einen Teil der Gehsteige mit ihren Parolen zur Wahl einer gewissen Büste mit der Nummer 27 vollgeschmiert hatten. „So viel Farbe auf einem Haufen kann eine ausgesprochene Versuchung bedeuten.“
„Jedenfalls lagert hier genug, um eure ganze Schule knallrot oder giftgrün anzupinseln“, erwiderte Ulli, der seine kurze schwarze Lederjacke ausgezogen und über eine Kiste geworfen hatte. „Mutig, wie du so ganz allein hier angeritten kommst!“
„Hab’ für den Notfall einen Hund in meiner Hosentasche“, grinste der Boß der Glorreichen Sieben. „Ihr habt ihn vielleicht zufällig schon mal irgendwo gesehen. Ist ein kastanienbrauner Setter...“
„Du gehst mir auf den Wecker“, knurrte Ulli Buchholz. Sein T-Shirt war dunkelblau, und seine Arme waren braun gebrannt. „Was willst du?“
„Da ist über Nacht etwas passiert“, erwiderte Paul Nachtigall sachlich und holte die heutige Ausgabe der Bad Rittershuder Nachrichten aus der Innentasche seiner Jacke.
„Wenn du glaubst, daß man allein in eurer Bruchbude von Gymnasium lesen lernt, bist du schief gewickelt“, meinte der Anführer der Maxen und ließ wieder einmal den Motor aufheulen.
Aber er fiel gleich darauf wieder in sich zusammen. „Verdammter Dreck!“
„Ihr wißt also Bescheid?“
„Klar, aber was geht uns das an?“ fragte der Maximilianschüler mit den viel zu großen Ohren. „Betrifft uns doch gar nicht.“
„Wir wollen jetzt Ruhe und keinerlei Ablenkung. Insofern betrifft es euch doch“, meinte Paul Nachtigall. „Wir brauchen unsere Zeit jetzt ausschließlich für Bissegger und für alles, was so mit seinem Fernsehauftritt in Berlin zusammenhängt.“
„Wollt ihr ihm Händchen halten?“ fragte der Anführer der Maxen und grinste anzüglich. „Also noch mal, was willst du?“
„Ihr habt euch doch bestimmt schon irgendeinen Zirkus als Revanche für eure gestrige Blamage ausgedacht?“
„Du bist ein kluges Kind“, stellte der Junge mit dem dunkelblauen T-Shirt fest, „nur leider ein wenig vorlaut.“
„Vergessen wir den Quatsch“, schlug Paul Nachtigall vor. „Schließlich habt ihr angefangen.“
„Und wenn wir ablehnen?“
„Dann verschiebt eure Retourkutsche wenigstens.“
„Da muß ich aber gründlich nachdenken“, meinte der Anführer der Maxen.
„Ja, Junge, dann grüble mal schön“, grinste Paul Nachtigall.
„Also, ihr winselt um Waffenstillstand, wenn ich’s richtig verstehe“, schaltete sich der Junge mit den großen Ohren wieder ein. Er hatte plötzlich eine ganz piepsige Stimme.
„Für zwei Wochen, schlage ich vor“, erwiderte der Boß der Glorreichen Sieben ruhig. Er war mit dem Vorsatz gekommen, sich keinesfalls provozieren zu lassen. „Schließlich geht’s ja auch um die Stadt. Ob ein Kandidat aus Bad Rittershude auf die Nase fällt, sollte auch euch nicht egal sein.“
„Er appelliert an unser Nationalgefühl“, grinste der Anführer der Maxen. „Aber mit mir kannst du ja reden wie mit einem Maikäfer. Vierzehn Tage Sendepause — na ja. Also abgemacht, du Gartenzwerg.“
„Abgemacht, du Seifensieder“, erwiderte Paul Nachtigall grinsend.
„Das wäre bis Dienstag in vierzehn Tagen“, stellte Ulli Buchholz sachlich fest und blickte auf seine Armbanduhr über der ölverschmierten Hand. „Auf die Minute genau vierzehn Uhr achtundzwanzig.“
„Ich hab’s notiert“, piepste der Junge mit den auffallend großen Ohren.
„Dann darf ich mich wohl wieder zurückziehen?“ fragte der Boß der Glorreichen Sieben höflich.
„Ja, hau ab, du hast lang genug unsre gute Luft verpestet“, erwiderte der Anführer der Maxen in einem Ton, der sich nicht weniger höflich anhörte.
Paul Nachtigall drehte sein Fahrrad herum und gondelte los.
Als er durch die Toreinfahrt wieder zur Straße einbog, fing in seinem Rücken der Mofamotor erneut zu knattern an.
Schon eine halbe Stunde später betrat er zusammen mit einem Teil der Jungen das Büro des Kurdirektors im linken Seitenflügel des Thermalbades.
Die
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