Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
wie sie aufgetaucht war.
Herr Bissegger beschäftigte sich zwischen seinen vielen Büchern gerade mit Psammetich von Sais und der äthiopischen Königstochter Nitokris , als Frau Elfriede Breitschuh am späten Nachmittag schüchtern an seine Tür klopfte und die Glorreichen Sieben eintreten ließ. Diesmal war auch Fritz Treutlein bei ihnen.
„Die Herrschaften behaupten, mit Ihnen verabredet zu sein“, entschuldigte sie die Störung.
„Ja, das stimmt“, entgegnete der Referendar. „Haben wir unseren Besuchern irgend etwas anzubieten?“
„Coca-Cola, Orangensaft oder ein Glas frische Milch?“
„Besten Dank, aber machen Sie sich bitte keine Umstände“, bemerkte Paul Nachtigall. „Wir wollen Herrn Bissegger ja gar nicht lange aufhalten.“
„Ihr habt um eine Unterredung gebeten“, stellte der Referendar fest, als die Pensionsinhaberin die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte und in ihren Privatsalon mit dem Kakadu Alexander zurücktrippelte. Als sie dort den Käfig öffnete, um dem Tier seine täglichen Rundflüge von der Kommode auf die Gardinen-
Stange und weiter zur Standuhr zu ermöglichen, platzten die Glorreichen Sieben im Zimmer von Herrn Bissegger gerade mit ihrer überraschenden Neuigkeit heraus. Sie saßen und hockten um den Schreibtisch des Referendars herum, wie sie eben Platz gefunden hatten, auf zwei Stühlen, dem Sofa oder auch auf dem blankgeputzten Linoleumfußboden.
„Wollen wir keine Zeit verlieren und nicht um den Brei herumquatschen“, schlug Paul Nachtigall vor.
Herr Bissegger klappte seine Bücher zu, in denen er bisher gelesen hatte. Er lehnte sich neugierig in seinen Sessel zurück.
„Wir haben beschlossen, Sie zu begleiten“, sagte Emil Langhans so behutsam, als müsse er einem Kranken beibringen, daß seine Fieberkurve leider wieder in die Höhe geklettert sei.
„Weil wir in Berlin so etwas wie Ihre Rückendeckung sein wollen“, fügte Karlchen Kubatz hinzu.
„Du hast es also nicht vergessen“, meinte Herr Bissegger und schmunzelte. Anschließend blickte er eine Weile zum Fenster hinaus und dachte nach. Hinter den Dächern der umliegenden Häuser konnte man die Spitze des Rathausturmes sehen.
Die Glorreichen Sieben hielten den Atem an und ließen den Referendar nicht aus den Augen.
„Das wäre natürlich fast zu schön, um wahr zu sein“, brach Herr Bissegger schließlich das Schweigen. Er betrachtete jetzt wieder die Gesichter der versammelten Jungen und strahlte sie an.
Das genügte den Glorreichen Sieben. Sie waren ganz plötzlich ausgelassen, lachten, schlugen sich gegenseitig auf die Schulter, und der dickliche Sputnik stimmte sogar ein Lied an. „So ein Tag, so wunderschön wie heute...“ Und die anderen sangen mit.
Frau Breitschuh steckte erschrocken ihren Kopf durch die Tür:
„Ist was passiert, du meine Güte?“
„Alles ist in bester Ordnung“, krähte Hans Pigge. „Aber darf man vielleicht erfahren, was…“
„Später, Frau Breitschuh, später“, unterbrach sie Emil Langhans mit glücklichen Augen.
„Na, denn nicht“, erwiderte die Pensionsinhaberin und verschwand wieder.
„Wir dürfen also mitkommen?“ fragte Paul Nachtigall, nachdem sich alle beruhigt hatten.
„Darüber würde ich mich, wie gesagt, freuen wie ein Schneekönig“, erwiderte der Referendar. „Aber leider geht es nicht.“
Es war so, als pladderte es von einer Sekunde zur anderen in Strömen, obgleich doch weit und breit keine Wolke am Himmel war.
„Und weshalb geht es nicht?“ fragte Paul Nachtigall. Seine Stimme klang plötzlich belegt.
„Weil eine Reise für sieben Figuren nach Berlin mehr Geld kostet als ein Referendar in einem halben Jahr verdienen kann“, erklärte Herr Bissegger. „Von der Unterbringung und allem Drum und Dran gar nicht zu reden. Das ist eine ganz einfache Milchmädchenrechnung.“
„Wenn es nur darum geht“, meinte Sputnik erleichtert. „Das ist seit kurzem kein Problem mehr.“
„Habt ihr etwa Falschgeld gedruckt?“ fragte Herr Bissegger belustigt. „Oder habt ihr gar eine Bank überfallen?“
„Wir haben Gedankenarbeit geleistet“, stellte Emil Langhans ein bißchen großspurig fest.
Und jetzt gab es bei den Glorreichen Sieben kein Halten mehr. Die Neuigkeiten sprudelten abwechselnd aus ihnen heraus wie das Thermalwasser aus den drei Brunnen im Kurpark.
„Erstens mal, das Fernsehen bezahlt uns die Reise...“
„Das Publikum würde hundertprozentig seinen Spaß daran haben, wenn ein Lehrer als Kandidat
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