Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
bleiben, und Balthasar hatte Nella schon ins Bett gebracht. Polly und Albert waren noch unterwegs und suchten ihrerseits Zutaten zusammen.
»Seid ihr sicher, dass ihr auf die dritte Plattform wollt,
mes enfants
?«, fragte der Aufzugführer, der wie ein Hotelpage in Jacke und Kappe gekleidet war. »Es regnet stark. Alle anderen sind nach Hause gegangen!«
»Wir müssen auf der Stelle hinauf, Monsieur!«, rief Rose. Es war die beste Gelegenheit, um die Zauberzutat zu erlangen, die sie für die Kategorie ZUCKERLOS benötigten. Nach dem kleinen Erfolg am Vortag in der Kategorie SÄUERLICH hatte Rose Zuversicht geschöpft, dass ein Sieg möglich war. Sie wollte gewinnen. Sie musste gewinnen. Sie hatte sich das Backbuch durch die Lappen gehen lassen, und nun musste sie einfach alles tun, um gegenüber ihrer Familie und gegenüber Calamity Falls und vor allem gegenüber sich selbst, diesen Fehler wiedergutzumachen. Der Wunsch zu gewinnen brannte in ihr wie Bauchweh. »Bitte.«
Der Aufzugführer starrte Basils runden Bauch misstrauisch an. Basil trug eine dicke gelbe Öljacke und einen gelben Südwester, und unter seinem Regenschutz saß Gus. Er war in die Babytrage geschnallt und atmete durch ein Knopfloch in der Öljacke. So sehr er es hasste, im Regen draußen zu sein, hatte er doch darauf bestanden, dass sein Gewicht den nötigen Ballast geben würde.
»Was hast du unter der Jacke?«, fragte der Aufzugführer.
»Oh, das ist leider sein ganz normaler Bauch, Monsieur. Er lebt ausschließlich von Mikrowellen-Pommes. Weil unsere Eltern ständig unterwegs sind.«
Der Aufzugführer sah Basil argwöhnisch an, dann zuckte er die Schultern. »Dann viel Spaß dort oben. Wir schließen in einer Viertelstunde.«
Nach einer kurzen Fahrt mit dem Aufzug traten die Glycks auf die oberste Plattform des Turmes. Der Boden aus Metall war von einer rutschigen Wasserschicht bedeckt, und der Regen kam waagrecht mit heftigen Sturmböen. Rose versuchte die Biegung der Seine zu erkennen, konnte jedoch nur schwarzen Nebel sehen.
»Also gut, kleiner
hermano
, trink das gute Zeug aus«, sagte Tymo und reichte Basil eine Thermoskanne, die mit heißem Helium-Kakao gefüllt war.
Unter der Anleitung von Gus hatte Rose auf dem Herd in der Suite eine sirupartige braune Flüssigkeit hergestellt: Milch, Kakaopulver, Zucker und ein Luftstoß von dem seltenen Heliumkäfer, einem schillernden blauen Insekt, das Balthasar in einem Glas im Koffer hatte.
»Was bewirkt der Käfer denn?«, hatte Rose gefragt.
»Er stößt Helium aus«, hatte Gus erklärt.
»Wo stößt er das aus?«, hatte Basil misstrauisch wissen wollen.
»Wenn du es so genau wissen willst, an beiden Enden«, hatte Gus geantwortet, und der Käfer hatte ein zufriedenes Grunzen von sich gegeben.
»Mannomann! Käfergas!«, hatte Basil gekichert.
Doch jetzt, wo er im dunklen Regen stand und die einzigen Lichtstrahlen von einem kreisenden Suchscheinwerfer kamen, fand er das Käfergas nicht mehr so lustig. Nervös starrte er in die Wolken, während er den warmen Inhalt der Thermoskanne trank.
Inzwischen band Tymo seinem Bruder ein mitgebrachtes Seil kreuzweise wie ein Geschirr um die Brust und den Bauch. »Zieh zweimal an dem Seil, wenn du den Regen aus der Wolke eingefangen hast. Okay?«
Basil gab Rose die Thermoskanne zurück und leckte sich die Lippen. »Okay«, krächzte er mit Piepsstimme. Das Helium, das er getrunken hatte, bewirkte, dass seine Stimme wie eine zu schnell abgespielte Schallplatte klang.
»Lass bloß keinen Regen unter die Jacke kommen!«, kam Gus’ Stimme erstickt unter der Regenhaut hervor. »Wenn auch nur ein Tropfen Wasser auf mein empfindliches Fell trifft, werde ich sehr unangenehm!«
Tymo ließ Basil los und gab dem Seil Spiel, so dass Basil langsam von der Plattform in den dunklen nassen Himmel schwebte. »Halt!«, schrie er. »Ich will es doch nicht!«
Rose war kurz hin- und hergerissen. Das hier war gefährlicher als alles, was sie bisher gemacht hatten, sogar noch gefährlicher, als der Besuch bei dem Geist in den Katakomben. War Basil nicht viel wichtiger als das Backbuch und der Sieg über Lily?
»Tymo!«, rief sie. »Hol ihn zurück!«
Aber es war zu spät. Basils Füße waren schon in den schwarzen Wolken über ihnen verschwunden. Das Seil zischte durch Tymos Hand, und Basil stieg immer höher auf. Tymo musste kämpfen, damit die Leine ihm nicht entglitt. »Wir hätten kein Nylonseil nehmen sollen«, rief er. »Der Regen macht
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