Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
seltsame Szene beäugten: Tymo und Rose, die auf der nassen, dunklen Plattform standen, und Basil in seiner gelben Öljacke, aus der der Kopf eines Katers lugte.
»So eine Überraschung!«, sagte Tymo. »Und was macht ihr hier an diesem schönen, verregneten Abend?«
»Wir sind hier, um unseren Abschied von der
Gala des Gâteaux Grands
zu feiern«, sagte Muriel. »Wir sind heute rausgeflogen, und wir haben diesen blöden Ballon als Trostpreis bekommen. Wir sind hier hinaufgekommen, um ihn frei zu lassen.«
»Sie meint
steigen zu lassen,
sagte Miriam. »Die eigentliche Frage ist aber, was
ihr
hier macht«, setzte sie misstrauisch hinzu.
Wie aufs Stichwort ließ Basil seinen mächtigsten Rülpser los. Er war so mächtig, dass er den Regen in die andere Richtung blies.
Die beiden Mädchen traten ein paar Schritte zurück.
»Ihr habt meinen kleinen Bruder sicher gehört«, erwiderte Tymo. »Er leidet an einer Krankheit, die, äh,
Blähitis
heißt und die unkontrollierbares Aufstoßen verursacht. Das ist äußerst peinlich, deshalb sind wir hier heraufgekommen, damit keiner hören muss, wie eklig er ist.«
»Hör mal!«, rief Basil empört. Mit dem letzten Rülpser war er das restliche Gas losgeworden. Er stand jetzt mit beiden Füßen auf der Plattform und beeilte sich, das Sicherheitsseil loszuschnüren.
»Ihr verzeiht doch, nicht?«, sagte Tymo. Und dann versuchte er es mit seiner beliebtesten Pose, dem
naiven Haarschwung.
Er zog die Augenbrauen hoch, neigte den Kopf und fuhr sich mit den Fingern durch das feuchte Haar.
Doch Miriam und Muriel waren von anderem Kaliber als die Mädchen, die Tymo aus der Highschool von Calamity Falls gewohnt war, und der
naive Haarschwung
schien nicht zu wirken.
»Ihr seid mitten in einem Gewitter hier heraufgekommen, damit euer Bruder rülpsen konnte?«, sagte Muriel hämisch. »Wie interessant. Das erklärt aber nicht die Katze unter seiner Regenjacke und auch nicht, warum er so ein Geschirr umgelegt hat und an dem Geländer festgebunden ist.«
»Mit eurer Familie stimmt was nicht«, sagte Miriam. »Wenn ich auch nicht sagen kann, was es ist.«
»Du hast recht«, sagte Tymo. »Es ist schon seltsam, wie attraktiv wir sind. Oder … ich zumindest.«
»Nein, das meinte ich nicht«, sagte Miriam. »Aber wir überlassen euch jetzt euren seltsamen Machenschaften.«
»Nein!«, rief Tymo. »Bleibt doch noch!«
»Bonne nuit«,
sagte Muriel.
Rose tätschelte Tymo die Schulter, während die Desjardins-Zwillinge im Aufzug verschwanden.
»Der
naive Haarschwung
hat doch sonst
immer
gewirkt«, flüsterte er wie unter Schock.
»Beim nächsten Mal klappt es bestimmt,
mi hermano
«, sagte Rose.
Am nächsten Morgen ließ Jean-Pierre Jeanpierre den Blick durch den Saal schweifen und sang: »Da waren’s nur noch fünf.«
Rose, Lily, Rohit Mansukhani, Dag Ferskjold und Wei Wen hatten jetzt die Küchenzeilen belegt, die der Bühne am nächsten standen. Lily befand sich immer noch direkt gegenüber von Rose.
»Die heutige Kategorie verlangt überragendes Können«, sagte der Meister. »Das Thema des Tages ist FLUFFIG .«
Puh!
Rose dachte erleichtert an die beiden blauen Einmachgläser, die sie in Balthasars Zutatenkoffer untergebracht hatten, und zog das Rezept für
Engelshauch-Biskuit
aus ihrer Gesäßtasche. Sie las es noch einmal durch, obwohl sie es so gut wie auswendig kannte, denn sie war fast die ganze Nacht aufgeblieben und hatte sich die Rezepte eingeprägt.
»Das haben wir voll im Griff,
mi hermana
«, sagte Tymo.
Die übrigen Teilnehmer eilten in ihre Zimmer, um ihre Spezialzutaten zu holen, oder setzten sich mit ihren Teams zusammen, um Rezepte zu diskutieren. Polly kam eilig angelaufen, Nella und Basil im Schlepptau. Basil hatte Gus in der Babytrage umgeschnallt. Wie üblich sah Gus sehr unglücklich aus angesichts der unwürdigen Position.
»Dad und ich haben die Liste der noch zu beschaffenden Zutaten erst zur Hälfte durch«, sagte Polly, »wir machen uns also auf zur Jagd. Balthasar ist noch im Hotel und übersetzt. Du bleibst hier und passt auf Nella auf, und in einer Stunde sind wir zurück, um dir beim Backen zuzusehen.« Polly entdeckte die braune Fellkugel, die sich in Roses Sweatshirttasche verkrochen hatte. »Ah, Jacques! Da bist du ja wieder! Trotz der Warnung des Katers! Das nenne ich wahre Tapferkeit, wirklich!«
»Ich bin schließlich ein Spion«, erwiderte Jacques.
»Also gut«, sagte Polly. »Ich bin weg.« Sie gab Rose einen Kuss und entschwand
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