Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
Kameras. »Für Waisenkinder tue ich doch
alles
!«
Lily zog einen Filzstift aus der Schürzentasche und machte sich daran, all die Hochglanzfotos mit ihrem Hochglanzgesicht darauf zu signieren – zweihundert Stück, um genau zu sein.
»Ich glaube, Lily und der Geschrumpfte werden in der nächsten Stunde nirgendwo hingehen«, sage Tymo. »Gute Idee,
mi hermana
.«
»Danke«, sagte Rose. »War es schwierig, Miriam und Muriel dazu zu überreden?«
Tymos Grinsen wurde breiter. Er strich sich über seine Igelfrisur. »Nö. Klar, sie waren misstrauisch. Sie wollten wissen, warum ich so etwas Seltsames von ihnen wollte. Ich hab einfach gesagt, das sei ein Staatsgeheimnis, da sind sie noch misstrauischer geworden. Aber dann habe ich zum Doppelschlag ausgeholt«, fuhr er fort. »Ich hab zuerst den
waidwunden Athletenblick
aufgesetzt, gefolgt vom
verirrten Jungen
. Klappt immer.«
»Raus mit der Wahrheit!«, sagte Rose.
Tymo sah betreten zu Boden. »Ich hab ihnen einen Fünfziger gegeben.«
Während Gus und Basil in der Expo-Küche Schmiere standen, eilten Tymo, Rose mit Nella auf dem Arm und Jacques zum
Hôtel de Notre Dame
zurück.
Als sie in die Lobby kamen, war Nella mit ihrer Rolle dran.
»Bist du bereit, Nella?«, fragte Rose und setzte sie ab.
»Wenn du mir versicherst, dass es die einzige Möglichkeit ist, die Suite der großartigen Lily Le Fay zu betreten, dann bin ich bereit, jawohl.«
Rose und Tymo beobachteten, wie Nella zum Empfangstresen watschelte. Jacques saß in Roses Tasche.
»Hallo!«, rief Nella dem Hotelportier zu und schlug mit der Faust vorne an den Tresen. »Ich habe meinen Schlüssel verlegt und brauche einen Ersatz.«
Der Portier sah sich verwirrt um, dann beugte er sich über den Mahagonitresen, um nachzusehen, wer denn da etwas wollte. Zu seiner Überraschung stand dort ein Kind in einem schmutzigen
101 -Dalmatiner-
T-Shirt. »Hallo, Kleine!«, sagte er. »Wo ist denn deine Mutter?«
»Reden Sie mit dem angemessenen Respekt mit mir!«, regte sich Nella auf. »Ich bin Gast in Ihrem Hotel und eine Persönlichkeit von großem Ansehen!«
Der Portier lächelte. »Aber natürlich. Welches Zimmer?«
»Welches Zimmer?«, wiederholte Nella empört. »Seien Sie nicht so herablassend, junger Mann. Ich residiere doch nicht in einem
Zimmer
! Ich wohne in einer Ihrer exklusiven Suiten auf dem Fantasy-Stockwerk!«
»Ach … tatsächlich?«, fragte der Portier.
»Das ist ja die Höhe«, verkündete Nella so laut, dass es durch die ganze Lobby hallte. »Beurteilen Sie mich einzig und allein nach meiner zu klein geratenen Statur? Kann man denn hinter meiner Zierlichkeit nicht geistige Größe erkennen? Nein! Alle lassen sich von ihren Augen täuschen! Niemand erkennt die Gräfin Juniper du Frost! Die Frau des berühmten Grafen Ashcroft du Frost, Assistent der großen Lily Le Fay! Ich wohne mit meinem bärtigen Gemahl auf dem Fantasy-Stockwerk, in Mrs Le Fays Suite, und ich habe meinen Schlüssel verlegt! Bitte geben Sie mir einen Ersatzschlüssel!«
In der plötzlichen Stille der Hotellobby konnte jeder hören, wie der Portier sich fast verschluckte. »Verzeihen Sie mir, Madame du Frost! Es wird nicht wieder vorkommen.« Mit einem Lächeln in Richtung der umstehenden Zeugen beugte er sich feierlich herunter und legte einen riesigen Messingschlüssel in Nellas ausgestreckte Hand.
Nella nickte knapp. »Das ist die Art von gepflegtem Service, die ich immer von meinen Hoteliers erwarten durfte.« Sie neigte den Kopf und machte eine ausladende Handbewegung. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie eine Belobigung von Ihrem Vorgesetzten bekommen!«
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stapfte an den Aufzügen und an dem Hotelrestaurant vorbei, durch das mit Samt ausgeschlagene Treppenhaus bis zu den geheimen Aufzügen, die nur ins Fantasy-Stockwerk führten. Dort warteten schon ihre Geschwister auf sie.
Sie lächelte zuckersüß. »Na also«, sagte sie. »Jetzt bringt mich hinauf. Ich möchte den Duft einatmen, der Lilys Wohngemach durchweht.«
Kurz darauf, während Rose B U C H in die Tastatur des Fahrstuhls eingab, wurde sie von einer schrecklichen Vorahnung übermannt.
Vielleicht ist das doch keine gute Idee, dachte sie. Vielleicht habe ich es doch übertrieben, indem ich meine kleine Schwester überredet habe, so zu tun, als sei sie eine berühmte Gräfin – wo ich doch nicht mal weiß, ob das Backbuch dort ist. Vielleicht bin ich zu weit gegangen.
Tymo tippte Rose auf die
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