Die Glücksformel für den Hund: 98 Tipps vom Hundeflüsterer (German Edition)

haben oft ein geringes Selbstbewusstsein. Da das Problem so tief im Leben des Hundes verwurzelt ist, dauert die Behandlung von Ängstlichkeit wesentlich länger als bei anderen Problemen wie Aggression. Bei aggressiven Hunden sehe ich meist schon in der ersten halben Stunde Ergebnisse. Bei ängstlichen Hunden kann das Monate dauern.
    DIE ÄNGSTLICHKEIT ÜBERWINDEN
    Das beste Rezept gegen das geringe Selbstbewusstsein eines Hundes ist die Macht des Rudels – in diesem Fall des Hunderudels. Strukturiertes Training mit anderen Hunden unterstützt die Sozialisierung und liefert ängstlichen Hunden Vorbilder. Dazu müssen Sie mit einem Trainer arbeiten. Er hilft Ihnen auch dabei, die richtige Energie in sich selbst zu finden, und zeigt Ihnen, wie Sie sich beim Hundetraining gleichzeitig selbst trainieren.
    FALLGESCHICHTE
    Luna

    E iner der ängstlichsten Hunde, mit denen ich je gearbeitet habe, war Luna, ein anderthalbjähriger Labradormischling. Abel Delgado hatte sie von der Pasadena Humane Society zu sich geholt, weil sie ihn an ihn selbst als Junge erinnerte. Er erzählte, dass er in Los Angeles in einer großen Familie mexikanischer Immigranten aufgewachsen war und dass beide Eltern dauernd arbeiteten, also musste er sich um seine jüngeren Geschwister kümmern. Ständig machte er sich Sorgen darüber, was er tat oder tun sollte.
    Heute ist Abel Musiklehrer, Dirigent und Flötist und arbeitet im Rahmen seiner gemeinnützigen Organisation mit Schulkindern. Er schaffte es, die Angstprobleme seiner Jugendzeit zu überwinden. Luna dagegen gelang das nicht so gut. Abel beschrieb, dass ihr alles Angst machte, was sich bewegte oder Geräusche von sich gab – im Prinzip also jedes Lebewesen. Alle Objekte mit Rädern – Fahrräder, Skateboards, LKW – versetzten sie beim Gassigehen in Panik, und sie rannte ohne jegliches Gefühl für die eigene Sicherheit davon.
    Eines Tages ging Lunas Halsband kaputt, und sie rannte direkt auf die Straße, wo sie von einem Auto gestreift wurde und auf der anderen Straßenseite verschwand. Abel fand sie zum Glück unverletzt, doch es war klar, dass Lunas Problem die extremste Form von Ängstlichkeit war: Ihr Fluchtreflex war stärker als ihr Selbsterhaltungstrieb – sie floh aus einer Gefahr direkt in eine andere. Sie brauchte zwei ganze Monate im Dog Psychology Center, aber dann konnte sie zu Abel zurückkehren. Jetzt begleitet sie ihn sogar zur Arbeit und sitzt ruhig daneben, während er ein Schülerorchester dirigiert. ▪
    Wird der ängstliche Hund langsam selbstbewusster, können Sie damit beginnen, ihn verschiedenen Reizen auszusetzen. Ein Laufband eignet sich ideal für dieses Training. Sobald sich der Hund auf dem Laufband wohlfühlt, können Sie Geräusche oder Gegenstände präsentieren, die seinen Fluchtreflex auslösen, mit dem Ziel, dass er darauf nicht mehr reagiert. Das funktioniert deswegen, weil sich das Hundehirn beim Laufen auf die Vorwärtsbewegung einstellt, das Gegenteil der Fluchtbewegung. So wird der Hund darauf konditioniert, den ehemals erschreckenden Reiz mit der Bewegung darauf zu assoziieren.
    Nach einer Weile können Sie beginnen, den Hund in kleinen Schritten unterschiedlichen Situationen auszusetzen. Gehen Sie mit einem Freund oder Hundetrainer und einem anderen Hund dort spazieren, wo andere Hunde sind, dann dort, wo es andere Menschen gibt. Suchen Sie Orte mit ungewöhnlichen Geräuschen oder Gerüchen. Laufen Sie neben einem Fahrrad- oder Skaterweg. Mit ruhigen, entschlossenen Menschen und einem ausgeglichenen Hund an der Seite wird der ängstliche Hund in solchen Situationen langsam Selbstvertrauen aufbauen. Dies ist eine der wenigen Gelegenheiten, für die ich eine einziehbare Leine empfehle, allerdings nur gezielt und mit Bedacht – Sie ermutigen den ängstlichen Hund damit, sich von Ihnen wegzubewegen und die Gegend zu erkunden, und geben ihm gleichzeitig jederzeit die Möglichkeit, zu Ihnen zurückzukommen, falls er Angst bekommt oder Sie ihn zurückrufen.

    Ängstliche Hunde machen sich oft gut im Agility-Training, weil sie dort klare Ziele gesteckt bekommen. Fangen Sie klein an, mit nur ein oder zwei Hindernissen, und erweitern Sie den Parcours nach und nach. Sie werden sehen: Mit jedem Erfolg wird das Selbstvertrauen Ihres Hundes wachsen.
    Wenn Ihr Hund nur draußen ängstlich ist, können Sie diesem Verhalten über seinen Geruchssinn begegnen. Geben Sie vor positiven Ereignissen wie dem Füttern ein bis zwei Tropfen eines angenehmen Geruchs,