Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
niemals Frieden finden. Bis dahin wird ein Priester wie ich nur eine Muschelschale sein, die im Wind widerhallt.«
    Seine Worte gingen mir durch den Kopf, als ich hinaus in die Sonne trat.
    Ich ging von der Kirche aus zum Fluss, setzte mich auf eine schattige Bank und sah zu, wie die Sonne den Dunst über den Hügeln wegbrannte. Das Erdreich, das durch die Schneeschmelze in den Fluss geschwemmt worden war, hatte sich inzwischen abgelagert, und das Wasser war jetzt wieder dunkelgrün und strömte ruhig über die überfluteten Felsen an den tiefsten Stellen hinweg, und am Rande der Schattenzonen stiegen Forellen auf, um sich die erste Nymphe des Tages zu schnappen.
    Ich hatte noch knapp drei Wochen Zeit, um mich auf Docs Verteidigung vorzubereiten. Wenn alles schief ging, konnte ein abgebrühter Strafverteidiger immer noch die Schuld auf die Polizei schieben. Aber bei einem Mann wie Sheriff Cain wäre das unklug, denn er war intelligent, anständig und sehr beliebt, und außerdem kam mir eine Verteidigungsstrategie, die bewusst darauf angelegt war, den Glauben der Menschen in ihre Rechtsordnung zu erschüttern, immer ein bisschen so vor, als ob man die Häuser all seiner Nachbarn niederbrannte, um das eigene zu retten.
    Wer hatte Lamar Ellison tatsächlich umgebracht? Ich hatte eine Ahnung, aber meine Spekulationen nutzten nichts. Meiner Meinung nach waren Lamar Ellison und seine zwei Gefährten von Carl Hinkel zu Docs Haus geschickt worden, um dessen Tochter zu vergewaltigen. Aber inzwischen waren alle drei tot, und Hinkel bekam ich vermutlich niemals in einen Gerichtssaal. Hinkel war wie ein Betrunkener, der mit überhöhter Geschwindigkeit eine rote Ampel überfährt, ein heilloses Chaos und ein Blutbad anrichtet und unerkannt verschwindet. Dennoch glaubte ich nicht, dass er hinter dem Mord an Ellison steckte, sosehr ich ihn und die rassistische Einstellung verachtete, die bezeichnend für ihn und seinesgleichen war.
    Ich dachte über den Schlamassel nach, in den Doc und ich an dem Abend geraten waren, als er sich in der Bar in Lincoln mit den Bikern angelegt hatte, und versuchte das ganze Geflecht halbwegs zu durchschauen. Es ging um eine Goldmine am Blackfoot River, darum, dass Cleo Lonnigan glaubte, Lamar Ellisons Bikergang hätte ihr Kind umgebracht, um Nicki Molinari, der behauptete, dass Cleo Lonnigan ihm Geld vorenthielt, um Xavier und Holly Girard, die sich irgendwie mit Molinari eingelassen hatten, um die Entführung und die Ermordung von Sue Lynn Big Medicines kleinem Bruder und um die geradezu fanatische Verbissenheit, mit der die ATF-Agenten den Tod ihrer Freunde und Kollegen rächen wollten, die im Alfred P. Murrah Building umgekommen waren.
    Ich fragte mich, wie es wohl wäre, wenn man Kinderfotos von all diesen Menschen nebeneinander legte. Würde uns das etwas über die Einflüsse verraten, denen ein jeder von uns im Laufe seines Lebens ausgesetzt war? Vermutlich. Aber wahrscheinlich wäre das Ergebnis so deprimierend, dass man gar nicht darüber nachdenken wollte.
    »Ich habe noch ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen«, sagte jemand hinter mir.
    »Oh, hallo, Mrs. Girard«, sagte ich, nahm den Hut ab und stand von der Bank auf.
    Sie trug eine Sonnenbrille, ein weißes Kostüm, Stöckelschuhe und weiße Strümpfe und hatte eine Einkaufstüte von einem eleganten Damenmodengeschäft in der Hand. Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander und zündete sich mit einem silbernen Feuerzeug eine Zigarette an.
    »Was dagegen?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte ich, wusste aber nicht recht, ob sie wegen der Zigarette fragte oder weil sie sich unaufgefordert zu mir setzte.
    »Gott bewahre, aber meine Gebete sind erhört worden. Mein Mann hat aufgehört zu trinken. Außerdem ist er verrückt geworden. Ich glaube, Sie und Doc Voss haben ihn auf dumme Gedanken gebracht«, sagte sie.
    »Das bezweifle ich.«
    »Er möchte, dass ich mein Filmprojekt abbreche. Er sagt, der Blackfoot wird dadurch zu bekannt und von Touristen überlaufen. Er sagt, er will Nicki Molinari den Marsch blasen. Halten Sie das etwa für ratsam?«
    »Weiß ich nicht, Mrs. Girard. Und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal.«
    Sie nahm die Sonnenbrille ab und legte sie auf ihren Schoß. Im Schatten waren ihre Augen fliederfarben, aber vielleicht lag es auch an ihrem Make-up. Nachdenklich ließ sie den Blick über mein Gesicht schweifen und lächelte dann so ungekünstelt und offen, dass es überhaupt nicht zu ihrem sonstigen Gehabe passte.
    »Sie

Weitere Kostenlose Bücher