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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ein Mann in hautengen Jeans, Cowboystiefeln und einem langärmligen, getupften Hemd, dessen Manschetten zugeknöpft waren. Er trug rote Ärmelhalter um die Oberarme. Er nahm seinen breitkrempigen Hut nicht ab, obwohl sich die Leute hinter ihm fortwährend räusperten und zur Seite beugten, um an ihm vorbeizuschauen.
    Er war zeitig gekommen, begleitet von einem weibisch wirkenden, langhaarigen Jugendlichen, dessen hämisches Feixen, schlaffe Muskulatur und schlechte Haltung in krassem Gegensatz zu der offenkundigen Körperkraft und Konzentration des hohlwangigen Mannes mit dem Hut standen.
    Das Publikum verehrte Xavier Girard. Er war aufgeschlossen und respektlos, widersetzte sich jeder Muffigkeit und Konvention. Für ihn waren alle Menschen gleich, er war bescheiden und achtete im Beisein von Frauen auf Anstand und Ausdrucksweise. Mit seinem Ruhm und Erfolg ging er eher lässig um, und bei Signierstunden verteilte er seine Bücher auf eigene Rechnung, wenn sich ein Student oder Akademiker keines leisten konnte. Man verzieh ihm seine Sünden, auch wenn er einen Schluck zu viel aus der Thermosflasche mit kaltem Wodka trank, die neben seinem Ellbogen stand, meinte, dass sein vom Alkohol gerötetes Gesicht nur eine Maske sei, mit der er den Schmerz verbergen wollte, den nur ein Dichter empfindet.
    Sein Mund war bläulich verfärbt, immer noch angeschwollen von der Schlägerei mit Lamar Ellison, doch seine Stimmedrang kraftvoll durch den Saal. Er las die Dialoge seiner Romanfiguren im Cajun- und Hinterwäldlerdialekt, schien jeden Zuhörer unmittelbar anzuschauen, und seine beschreibenden Passagen klangen mit ihrem jambischen Silbenfall wie Zeilen aus einem Sonett.
    Doch als sein Blick auf Wyatt Dixon fiel, verharrte er einen Moment, und seine Augen wurden schmaler, wie wenn ein Jäger im Wald etwas Unverhofftes sieht und mit einem Mal begreift, dass sich die Rollenverteilung soeben von Grund auf geändert hat.
    Bei der Fragestunde, die sich an die Lesung anschloss, reckte Wyatt Dixon seine breite, schwielige Hand in die Luft.
    »Ja, Sir?«, sagte Xavier.
    Dixon stand auf und nahm seinen Hut ab. »Sie, Sir, sind offensichtlich ein großartiger Schriftsteller, der an das Land der Freien und die Heimat der Tapferen glaubt«, sagte er. »Vielleicht können Sie mir in diesem Sinne erklären, was schlecht daran sein soll, wenn Amerikaner am Blackfoot eine Goldmine betreiben und Jobs für andere Amerikaner schaffen.«
    Rundum herrschte Schweigen. Ein paar Leute drehten sich um und schauten zu Dixon, wandten dann den Blick ab.
    »Wir können kein Zyanid im Fluss gebrauchen. Ist Ihre Frage damit beantwortet?«, sagte Xavier.
    »Selbstverständlich. Ich bin froh, dass Sie mir das erklärt haben. Herzlichen Dank, Sir«, sagte Dixon. »Sir, dürfte ich Sie fragen –«
    Ein Bibliothekarin schnappte sich das Mikrofon vom Podium, streifte mit dem Mund über die Membran und sagte gehetzt: »Mr. Girard wird an einem Tisch im Hinterzimmer Ihre Bücher signieren. Inzwischen können sich alle beim Punsch bedienen.«
    Als die Schlange am Getränketisch kürzer wurde, fülltenauch Dixon und sein junger Freund ihre Becher. Aber Dixon trank nichts. Er roch nur daran, sog genießerisch den Duft des mit Erdbeersirup vermischten Selterswassers ein. Dann nahm er den Hut ab, tauchte seinen Taschenkamm in die Schüssel und kämmte sich vor einem Wandspiegel die Haare.
    Während ihn die Leute noch mit offenem Mund anstarrten, setzte er seinen Hut wieder auf und stellte sich in der Schlange vor dem Signiertisch an.
    »Schreiben Sie einfach eine Widmung für meinen Freund Carl Hinkel rein, einen Patrioten und Gentleman aus Virginia«, sagte Dixon.
    »Das kann ich nicht machen«, sagte Xavier.
    »Wie ich sehe, sind Sie ein Mann, der zu seiner Überzeugung steht. Schreiben Sie einfach Ihren Namen rein, dann werde ich es immer in Ehren halten. Außerdem würde ich Ihnen gern die Hand geben, Sir.«
    Xavier stand auf und reichte Dixon die Hand.
    »Schön, dass Sie hier waren. Aber Sie sollten andere Leute nicht drangsalieren«, sagte er, dann verzog er unwillkürlich den Mund, als Dixon zudrückte.
    »Lamar Ellison und ich haben uns in Quentin ein Haus geteilt«, sagte Dixon. Er grinste unverwandt und schaute Xavier mit leerem Blick an. »An der Westküste bezeichnen die Leute, die sitzen, eine Zelle als ›Haus‹. Das wissen Sie nicht, weil Sie noch nie gesessen haben. Deshalb darf man Ihnen das nicht vorhalten. Aber für Ihr nächstes Buch sollten Sie

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