Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
sie in Ruhe lasse«, erwiderte er.
Ich schaute ihn ungläubig an. »Wollen Sie damit sagen, dass die Bundespolizisten allesamt Säufer sind?«
»Arrogante Arschlöcher. Und nun verziehen Sie sich. Gehen Sie Forellen angeln, besuchen Sie Ihren Freund in der Arrestzelle oder schnitzen Sie draußen an einem Stück Holz rum. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, mein Junge, meine Hochachtung vor den Texas Rangers hat einen schweren Dämpfer erhalten.«
Mir klangen die Ohren, als ich aus seinem Büro ging. Aber seine Sprüche ließen mir keine Ruhe. Ich öffnete die Tür und ging wieder hinein.
»Ich vertrete Dr. Voss. Er wird nicht vernommen, wenn ich nicht anwesend bin. Aus dieser Sache werde ich Ihnen einen Strick drehen«, sagte ich.
»Verdammt, dann machen Sie’s doch. Ich kann diesen Job nicht ausstehen«, sagte er und griff wieder zu seiner Zeitung.
Es war Samstag, und vor dem Haftprüfungstermin am Dienstag konnte für Doc keine Kaution gestellt werden. Ich fuhr mit einem Deputy im Aufzug zum Zellenblock des Gerichtsgebäudes hinauf und wartete in einem kleinen Vernehmungsraum, bis der Deputy Doc in Handschellen und einem orangen Overall den Korridor entlangführte.
»Wollen Sie ihm die Handschellen nicht abnehmen?«, sagte ich zu dem Deputy.
»Die bleiben dran«, antwortete er und schloss die Tür.
»Am Dienstag hole ich dich raus, Doc«, sagte ich.
Doc stand am Fenster und schaute auf die Ahornbäume hinab. »Wie schlimm steht die Sache?«, fragte er.
»Kannst du dich an das Messer erinnern, das ich dir geschenkt habe?«
»Ja, ich konnte es neulich nicht finden.«
»Es war in Ellisons Hütte. Deine Fingerabdrücke waren drauf.«
»Das sieht nicht gut aus, nicht wahr?« Er hob die gefesselten Hände und stützte sie aufs Fensterbrett. Die Hügel nördlich des Bahnhofs ragten wie grüne Kuppeln zum Himmel auf, und an den Hängen ästen Weißwedelhirsche, die in kleinen Rudeln durchs Gras zogen. »Pass gut auf Maisey auf, ja?«
»Doc, du hast es doch nicht getan, oder?«
Er setzte zu einer Antwort an, starrte dann schweigend aus dem Fenster. Der schlecht sitzende orangefarbene Overall wirkte wie ein Clownskostüm.
Bis Montagnachmittag hatte ich die Ermittlungsberichte zum Mordfall Lamar Ellison gelesen, festgestellt, wo sich Ellisonam Freitagabend herumgetrieben hatte, und seine Spur bis zu der Kneipe am Blackfoot zurückverfolgt. Außerdem hatte ich einen Barkeeper in der Kneipe ausgefragt, mit Holly und Xavier Girard gesprochen und war auf einen Biker gestoßen, der mit Sue Lynn und Ellison am Tisch gesessen hatte.
Der Biker hieß Clell Miller und betrieb in einem Blechschuppen im Westen von Missoula eine Schweißerei. Er hatte seine Schutzbrille auf die Stirn geschoben, und der Schweiß rann ihm über den nackten Oberkörper in die Unterhose, die aus dem Bund seiner Jeans hing.
»Worüber haben sich Lamar und Sue Lynn unterhalten?«, sagte ich.
»Lauter sinnloses Zeug. Lamar war stoned. Irgendwas über Kids«, sagte er. »Schau, Mann, ich will über Tote nichts Schlechtes sagen. Die mexikanische Mafia hat’s auf den Typ abgesehen. Er hat im Knast ’n paar Leute verpfiffen. Also ham die ihn vielleicht abgefackelt. Das is so ihre Art. Die schmeißen einem Molotowcocktails in die Zelle.«
»Meinen Sie, Wyatt Dixon könnte ihn möglicherweise in Brand gesteckt haben?«, sagte ich.
Er stellte den Schneidbrenner ab, den er gerade benutzt hatte, und wischte sich mit einem Lappen den Schweiß und Ruß vom Gesicht.
»Von Wyatt Dixon hab ich gar nix gesagt. Ich hab Ihnen nicht mal erzählt, dass er da war.«
»Das stimmt. Von Wyatt Dixon haben Sie kein Wort gesagt. Woher haben Sie die konföderierte Flagge an der Wand?«, sagte ich.
»Von ’ner Indianer-Versammlung in Arlee. Was geht Sie das an?«, erwiderte er gereizt.
»Ist Wyatt ein übler Typ?«
»Ich weiß, worauf Sie’s anlegen, Mann. Das Ganze hat angefangen,weil die Tochter von Ihrem Freund mal tüchtig durchgezogen worden is. Soweit ich gehört hab, hat sie die Jungs eingeladen und konnte nicht genug kriegen. Drehn Sie’s, wie Sie wollen, Chef, aber entweder Sie zischen ab, oder ich brat mir ’nen Texastoast.« Er stellte seinen Schneidbrenner wieder an.
Als ich zu Docs Haus zurückkam, sah ich eine alte Limousine zwischen den Bäumen unten am Fluss stehen. Windschutzscheibe und Scheinwerfer waren ausgebaut, die ganze Karosserie war mit grauer Grundierung bemalt, und auf der Fahrertür prangten zwei große orange Ziffern.
Die
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