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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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dem Hund ein halb aufgegessenes Würstchen.
    »Hey, Mann, wie heißt du?«, rief ihm der Collegejunge hinterher.
    »Lucas Smothers.«
    »Wir wär’s, wenn du uns das Frisbee zurückwirfst, Lucas Smothers?«
    Lucas ließ es durch die Luft segeln, packte den Hund um den Bauch, hob ihn hoch und setzte ihn auf den Rücksitz von Sue Lynns Auto.
    Sue Lynn hatte alles mit angesehen, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt schaute sie ihn mit sonderbarem Blick an, schob sich die Haare aus den Augen und reckte das Kinn hoch, als führte sie ein Selbstgespräch.
    »Ist irgendwas?«, fragte er.
    »Nein«, sagte sie.
    »Ich mache jetzt lieber, dass ich nach Hause komme. Billy Bob gerät sonst in Schwierigkeiten, wenn ich nicht in der Nähe bin.«
    »Willst du fahren?«
    »Nichts dagegen.«
    Sie fuhren den Highway am Blackfoot entlang, durch bewaldete Cañons und Weideland, durch Sonnenschein und schattige Gegenden, in denen das Schmelzwasser über den Asphalt lief. Der Hund schlief bereits auf dem Rücksitz. SueLynn rückte näher zu Lucas, zog seine rechte Hand vom Lenkrad und hielt sie.
    Als er zu ihr schaute, hatte sie den Blick geradeaus gerichtet und war in Gedanken versunken, die er nicht ergründen konnte.
    Sag mir einer, dass Frauen kein Rätsel sind, dachte er.

15. KAPITEL
    Am nächsten Tag fuhr ich zu einer katholischen Kirche im Universitätsviertel von Missoula. In der Sakristei war niemand, und die Beichtstühle standen voller Möbel. Eine Sekretärin im Pfarramt teilte mir mit, dass ich den Priester zu Hause antreffen könnte. Ich lief im Schatten der Ahornbäume die Straße entlang, bis ich zu einem braun verputzten Haus mit einem gepflegten Hof und Tulpenbeeten im Garten kam und einen hoch aufgeschossenen Mann in Unterhemd und schwarzer Hose auf dem Dach sah.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, sagte er und blickte durch die überhängenden Ahornblätter herab.
    »Ich möchte mich einer Rekonziliation unterziehen«, erwiderte ich.
    »Haben Sie Höhenangst?«
    Ich stieg die Leiter hoch und begab mich zu der flachen, schattigen Stelle neben dem Kamin, wo er seine Werkzeugtasche aufgehängt hatte und seine Mittagspause machte. Der blaue Himmel, der durch eine Lücke im Laubdach des Ahornbaumes zu sehen war, wirkte wie ein Gewässer, als ob die Erde auf dem Kopf stünde und wir von hoch oben auf eine Flusslandschaft hinabblickten.
    Der Priester hieß Hogan, und er bot mir ein Sandwich aus seiner Brotzeittüte an. Er wechselte ein paar höfliche Worte mit mir, bemerkte dann meine Verlegenheit und erkannte, dass ich nicht genau wusste, was es mit dem Ritus, den man in der katholischen Kirche als Rekonziliation bezeichnet, auf sich hatte.
    »Wurden Sie nicht von klein auf im katholischen Glauben erzogen?«, fragte er.
    »Ich wurde bei einem fundamentalistischen Gottesdienst im Fluss getauft, als ich noch ein Kind war. Ich bin konvertiert, nachdem ich einen Freund verloren habe.«
    »Wollen Sie mir sagen, was Ihnen zu schaffen macht?«
    »Ich bin mit einer Frau ins Bett gegangen. Es geschah aus purer Selbstsucht, war zwanghaft und unbedacht«, sagte ich.
    »Ich habe das Gefühl, dass es nicht so ausgegangen ist, wie Sie sich das vorstellten.«
    »Das ist eine Untertreibung, Sir.«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie mir damit beichten wollen. Meinen Sie damit, dass Sie sich der Wollust hingegeben haben, haben Sie das Gefühl, dass Sie jemand anderen benutzt haben, oder bedauern Sie lediglich, dass Sie sich mit der Falschen eingelassen haben?«
    »Wie wär’s mit allem zugleich?«
    »Aha.«
    »Ich habe so was früher schon getan. Weil ich eine schwerere Sünde aus meiner Vergangenheit kaschieren wollte.«
    »Ich glaube, da komme ich nicht ganz mit«, sagte er.
    In der Stille hörte ich, wie die Ahornzweige über das Dach scharrten. »Ich habe aus Versehen meinen besten Freund erschossen. Es geschah, als wir andere Männer umbrachten. Sein Tod verfolgt mich Tag und Nacht. Sein Geist lässt mir keine Ruhe«, sagte ich.
    Der Priester verzog keine Miene, aber er senkte die Augen, damit ich seinen betroffenen Blick nicht sehen konnte.
    »Wollen Sie mir noch irgendetwas anderes sagen?«, fragte er.
    »Nein, Sir.«
    Er legte mir die Hand auf die Schulter. »Kommen Sie zurecht, Partner?«, sagte er.
    »Ganz bestimmt«, sagte ich und hoffte, er würde mir meine Lüge nicht vorhalten.
    An diesem Nachmittag fuhr ein frisch gewachstes schwarzes Auto, auf dessen getönten Scheiben das Sonnenlicht wie Flammenzungen tanzte, über die Wiese

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