Die Goblins 02 - Die Rückkehr der Goblins
Goblinpiekser riss einen großen Splitter aus ihrem Stab, als sie ihn herauszog. Sie schnitt eine Grimasse und strich mit der Hand über das Holz: Sie würde das später mit einem Stein abschmirgeln müssen, vorausgesetzt sie überlebte. Sie steckte die meisten Goblinpiekser in ihren Beutel zurück, behielt aber für alle Fälle ein paar in der Hand. »Bereit?«
»Bereit wofür?«, fragte Schlitz.
Veka grinste und schwenkte ihren Stab. Idealerweise hätte der Umhang um ihre Füße flattern sollen, als sie in die Luft schwebte, aber nach ihrer fehlgeschlagenen Kriechtour durch den Schlamm reichte es nur zu ein bisschen Tröpfeln. Ein flüchtiger Blick auf Schlitz genügte, und der Hobgoblin folgte ihr.
»Du solltest diesmal besser wissen, was du tust!«, schnauzte Schlitz sie an. »Ansonsten werde ich dir etwas sehr viel Schlimmeres verpassen als einen Tritt an den Kopf!«
Sie flogen über die rissige Eisebene, und der Wind spielte mit ihrem Umhang. Sie rotierte Schlitz herum und ließ ihn nach oben steigen, bis seine Nase fast an der Kavernendecke scheuerte, dann brachte sie ihn wieder herunter. »Halt Ausschau nach Kobolden! Die meisten werden wahrscheinlich die Königin begleitet haben, aber ein paar könnten dennoch hier unten geblieben sein.«
Sie flog zwischen den aus dem Eis ragenden Baumkronen durch und versuchte, dabei so niedrig wie möglich über dem Boden zu bleiben. Den braunen, sterbenden Ästen auszuweichen, war kein Problem; zu verhindern, dass Schlitz durch sie donnerte, war schon kniffliger. Mehr als einmal hörte sie ihn ihren Tod planen und abgestorbene Blätter ausspukken. Veka grinste und legte einen Zahn zu.
Veka hatte damit gerechnet, höchstens eine Handvoll Koboldwachen anzutreffen. Sie hatte richtig gelegen. Nur fünf Kobolde hockten auf dem Fels vor dem Eingang zu Straums Hort und klebten an dem vereisten Gestein wie leuchtende Fliegen. Ein sechster stand auf dem Rücken von etwas, das wie die Cousine der geflügelten, brennenden Schlange aussah, die versucht hatte, sie unter dem Eis in die Falle zu locken. Der einzige wirkliche Unterschied bestand darin, dass diese Schlange so dick wie Schlitz’ breiter Kopf war und so lang, dass sie Veka und den Hobgoblin mit ihrem Körper vom Scheitel bis zur Sohle hätte umschlingen können, ohne auch nur das geringste bisschen Platz zwischen den Windungen zu lassen.
»So viel zum Thema hereinschleichen«, sagte Schlitz.
Veka lenkte sich und den Hobgoblin nach unten hinter die Krone eines in der Nähe stehenden Baumes. Trockene, papierartige Blätter boten etwas Dekkung, vorausgesetzt dass die Kobolde sie noch nicht entdeckt hatten. Die Schlange bäumte sich auf und sah mit flatternden Flügeln um sich. Dann hob sie tatsächlich ab und flog tief über das Eis – sie jagte. Eine Zunge aus grünem Feuer züngelte aus ihrem Mund. Veka konnte spüren, wie leichte Beben durch die Magie um sie herum liefen, wie Wellen in einem Teich. Die Schlange kostete die Magie: Sie suchte nach ihnen. Nach ihr. Sobald sie versuchte, einen Spruch zu wirken, würde das gewaltige Reptil sie finden.
»Amateure!«, murmelte sie.
»Wovon redest du?«
Sie deutete auf die Schlange. »Einfach Riesenaus—gaben von normalen Lebewesen zu machen! Das ist simple Grundlagenmagie. Die meisten Lehrlinge lernen das in ihrem ersten Studienjahr. In meinem Zauberbuch waren Anmerkungen darüber: Riesenfledermäuse, Riesenschlangen, Riesenohrwürmer … meistens sterben sie alle innerhalb weniger Tage. Der größere Körper ist nicht richtig proportioniert. Aber ab und zu landet jemand einen Glückstreffer. Dann sieht man schon mal Riesenwiesel in einem Dorf randalieren oder Riesenkröten durch die Gegend hüpfen und Leute zerquetschen oder Riesenmistkäfer übers Land toben auf der Suche nach Riesenkloaken.«
»Kannst du das machen?«, fragte Schlitz. »Oder besser noch, kannst du das rückgängig machen?«
Veka errötete. »Die Anmerkungen in meinem Buch … sie waren nicht vollständig.«
Schlitz sagte nichts. Fast wünschte sie, er würde.
Sie öffnete die Hände und betrachtete die Goblinpiekser, die sie darin aufbewahrt hatte. Ihre Handflächen waren blutverschmiert, weil sie die Fäuste zu stark darum geballt hatte. Sie hatte nicht einmal gespürt, dass die Stacheln ihre Haut durchbohrt hatten.
Sie waren zahlenmäßig unterlegen. Jede Magie, die sie anwandte, würde sie verraten. Ganz davon zu schweigen, dass sechs Kobolde eine ganze Menge mehr Magie anwenden
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