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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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übergegangen. Einer der Gäste drehte seinen Kopf im wulstigen Hals. Er wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
    »Nichts für ungut«, gluckste er. »Sie sind der Inhaber, hab ich recht?«
    Urban nickte streng.
    »Nichts für ungut, Herr Inhaber, aber…«, er kicherte wieder, »… das dürfens uns nicht übelnehmen. Die da ihr mageres Gerüst hin und her geschmissen hat, das war nämlich die Walli Turek aus dem Siebzehnten! Verstehens?«
    »Nein!«
    »Aus dem siebzehnten Bezirk in Wien kommt sie, die Cleopatra!«
    »Das Fräulein Mary ist aus Wien gebürtig, stimmt«, gab Urban zu.
    »Mary!« kreischte ein anderer außer sich. »Mary heißtsü Die Walli!«
    Der Dicke faßte Urban am Saum. »Eben! Aus Wien! Da sind wir auch her! Was glaubens, von was der ganze Siebzehnte seit Wochen nur noch redet, seit per Zufall bekannt geworden ist, wo dem blahden Turek sein feins Töchterl blieben ist? Und da, hihi, ham wir uns gsagt, das müssen wir uns anschauen…«
    Urban begann zu verstehen.
    »… sinds uns ned bös, Herr Inhaber! Die Wiedersehensfreud lassen wir uns auch was kosten.« Der Dicke hob die Stimme. »Herr Ober! Bitte sehr!«
    Schmunzelnd hatte sich Urban wieder zurückgezogen und an seinem Tisch Platz genommen. Er beobachtete, wie der Conferencier das Publikum um einen Moment Geduld bat. Die nächste Attraktion sei bereits in Vorbereitung.
    »Ich weiß ned, ob ich den altmodischen Käs nicht sein lassen sollt«, grübelte Urban, »lebende Bilder! Ich habs ja bloß, weil ichs nicht übers Herz bring, den Gustl nauszuhauen. Wo gibts denn das fade Zeugs noch? Nirgendwo. Gut, eine andere Möglichkeit, eine Nackerte auszustellen, hast heutzutag nicht. Trotzdem. Was meinen Sie, Herr…, Herrschaft, jetzt hab ich seinen Namen schon wieder vergessen!«
    »Kajetan. Langsam wirst alt, Fritzi.« Mia verdrehte die Augen. Urban beachtete sie nicht.
    »Was meinens, ob ich mir nicht einmal eine von den neuen Kapellen da holen sollt, die da diese amerikanische Musi spielen? Wie heißts gleich wieder?«
    »Jazz, Fritz, meinst?«
    »Genau, Mia. Eine Jazz-Kappelln mein ich.«
    »Ist doch bloß eine Mod, Fritz«, warf Kandl abschätzig ein.
    »Hab ich dich gefragt oder den Herrn Kajetan?«
    »Da wirst in ganz München keinen finden, der wo sich das freiwillig anhört!«
    »Ich hab dich allerweil noch nicht gefragt, Kandl«, sagte Urban scharf. »Ich möchte nämlich nicht deine Meinung hören, sondern die von einem intelligenten Menschen. Also, was meinens, Herr Kajetan?«
    »Ich selber bin da eher ein Altmodischer«, gab Kajetan zögernd zu, »aber was Neues ist halt erst einmal was Neues.« Er hatte das Gefühl, etwas unendlich Dummes gesagt zu haben. Doch Urban schien anderer Meinung zu sein. Er lehnte sich zufrieden zurück.
    »Genauso ist es!« sagte er anerkennend. »Sie sind nicht blöd.«
    »Ha?« Kandl verstand nicht. Urban stöhnte gespielt auf.
    »Das Gesetz der Moderne, mein lieber Kandl! Der Herr Kajetan hat grad in einem Satz das Gesetz der Moderne erzählt.«
    »Gsetzer? Das Wort kennt der gar nicht«, lachte Schoos und steckte die anderen damit an. »Prost beieinander!«
    Auch Mia hob das Glas. Sie wandte den Kopf leicht zu Kajetan und sah ihn durch das Weinglas an. Er wurde ruhig.
    »Singens heut noch, Fräu’n Mia?« erkundigte er sich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Bloß am Freitag.«
    »Schad.«
    »Gefallts Ihnen eigentlich da herinnen?« Kajetan nickte zögernd.
    »Nicht?« Sie musterte ihn mit einem raschen, argwöhnischen Blick. »Ist Ihnen nicht fein genug, gell? Sinds vielleicht was Besseres?«
    »Was Be…« Kajetan war verdattert. Sie unterbrach ihn.
    »Sie brauchen sich gar nichts einzubilden!«
    »Aber ich…«
    »Sei nicht so ekelhaft, Mia«, verteidigte ihn Gotti, die das Gespräch verfolgt hatte. »Er ist wahrscheinlich eher ein Gschamiger. Kann nicht jeder so einen geschliffenen Schnabel haben wie du.«
    »Wenn einer ein Gschamiger ist, heißt das noch lang nicht, daß er sich nichts einbildet«, erwiderte Mia spitz.
    »Aber ich bild mir nichts ein«, protestierte Kajetan dünn.
    Sie sah ihn prüfend an. Dann lächelte sie. »Lügens mich nicht an. Gebens ruhig zu, daß es nicht das Ihrige ist da herinnen. - Schad. Und schad auch, daß der Fritz Ihnen nicht helfen will.«
    »Das brauchts doch auch nicht.«
    »Ich frag ihn noch einmal!« sagte sie entschlossen.
    »Nein!« Kajetan schüttelte bestimmt den Kopf. »Das möchte ich nicht, daß Sie…«
    »Wies meinen. Sie ham ihren Stolz,

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