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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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gezischten Schmähungen einiger Theaterbesucher, die sich darüber empörten, daß er sich in seinem chromblitzenden Horsepower 27-Buick chauffieren ließ. Gutgelaunt und mit wohligem Stöhnen nahm er im Fond des Wagens Platz. Kandl hatte vor der Oper auf ihn gewartet und startete nun den Wagen.
    Es war ein wunderbarer Abend gewesen. Urban liebte am Theater weniger das, was auf der Bühne mit künstlerischer Angestrengtheit zum besten gegeben wurde, sondern das festliche Ambiente. Er genoß das feiertäglich gekleidete Publikum, das erwartungsvolle Wispern und Raunen in den vollbesetzten, über granatrotem Samt von glitzernden Lüstern besternten Sälen, das Aufflammen teuren Geschmeides an Dekolletes und das seidige Knistern der Roben. Er fischte die verstohlenen, blanken Blicke schöner Frauen auf, gab sie mit versprechenden Augen zurück und schwelgte im Gefühl der Zugehörigkeit zu den höheren Schichten der Münchner Gesellschaft. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde man auch ihn zu den Soireen bei den Bruckmanns am Karolinenplatz, den Hanfstaengls, Scharrers, Werlins und wie sie alle heißen mochten, laden, und damit würden die Zeiten vorüber sein, in denen er sich mit widerspenstigen Huren, schwerfälligen Luden und talentlosen Künstlern herumstreiten mußte. Das Spiel lief gut.
    Auch der heutige Tag war äußerst erfolgreich verlaufen. Gewiß, die Gespräche, die er geführt hatte und zu denen er sich natürlich nicht mit seinem Buick, sondern der gutdeutschen Adler-Limousine fahren ließ, hatten zuvor Investitionen in die Taschen einiger Beamter erfordert, und für sein Engagement in dieser Gemeinde im Rottal, die - wie er erfahren hatte - in Kürze zum Heilbad erhoben werden sollte, war sicherlich noch einiges an Überzeugungsarbeit nötig. Alles sah jedoch danach aus, als würde es sich in die Richtung wenden, die er sich wünschte.
    »Sag, Kandl«, rief er zum Fahrer, »wart ihr neulich noch lang unterwegs? War gemütlich, die Spazierfahrt? Ich weiß überhaupt nicht, was ihr anstellts, wenn ich nicht auf euch aufpaß!«
    »Warst ja den ganzen Tag nicht da, Fritz. Du hättst es schon noch erfahren.«
    »Dann ists ja gut. Also, wie wars?«
    »Na ja, so halt«, sagte Kandl gleichgültig. »Ein Mordsverkehr ist halt.«
    »Das ist wahr«, stimmte Urban seufzend zu, »er wird immer narrischer.«
    »Und allerweil gefährlicher wird es. Da paßt einmal nicht auf, dann wirst gleich zusammengefahren. So viel Leut gehen heut durch den Autoverkehr drauf. Erst gestern nacht soll einer vor ein Auto gelaufen sein.«
    »Was du nicht sagst. Der arme Mensch. Und? Ist er hin?«
    Kandl drehte sich kurz nach hinten. »Er muß von der Brücke an der Rosenheimer Straße auf die Straße gesprungen sein.«
    »Ein Selbstmörder also.«
    »Ja«, bestätigte Kandl, »ein Selbstmörder.«
    »Furchtbar…«, sagte Urban bedauernd. »Aber, was willst machen? Wenns einer so will, dann will er es so. Ein Österreicher solls gewesen sein, heißts?«
    »Könnt schon sein.«
    Der Wagen bog in die Schützenstraße ein. Die Huren am Straßenrand winkten ihm zu. Urban ließ anhalten und stieg aus. Gutgelaunt betrat er sein Lokal.
    Alle Blicke richteten sich auf ihn. Er bemerkte sofort, daß etwas nicht stimmte. Schon stürmte Schoos auf ihn zu und teilte ihm flüsternd mit, daß ein erneuter Anschlag auf ihn verübt worden sei. Dieses Mal auf seine Villa. Man sei sieher, den Brandstifter verletzt zu haben, er sei aber entkommen.
    Urban glotzte ihn ungläubig an. »Mei Haus is anzündt worden?« Schoos nickte.
    »Das kannst abreißen lassen.«
    Urbans Schultern fielen herab. »Wer?!« fragte er fassungslos.
    Niemand antwortete.
    »Kommts mit!« stieß Urban hervor und befahl sie in den Flur, der zum Bühneneingang führte. Er straffte sich. »Der Kandl auch! Wo sind die anderen? Der Domerl?«
    »Den haben die Gendarmen erwischt, wie er grad die Gotti auf der Müllerstraß verdroschen hat. Auf der Zweier-Wach sind ganz neue. Den alten sind sie draufgekommen, daß sie sich früher vom Kaiser haben schmieren lassen. Besonders einer von ihnen, ein junger Gendarm, soll ein besonders scharfer sein. Zunhammer heißt er.«
    Urban schnitt ihm mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab.
    »Das wird schon. Da kümmern wir uns ein anderes Mal drum. - Wo ist der Messer?«
    »Den… den hats erwischt, Fritz. Du hast ihm doch gesagt, er müßt aufs Haus aufpassen.«
    Urbans Augen weiteten sich. »Und?«
    »Er hat nicht mehr aus dem Haus

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