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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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zweigte nach links die Voßstraße ab, die als einzige Straße hell erleuchtet war, da sich an ihrer Nordseite die Hauptfront der Reichskanzlei befand. Er würde diesen kleinen Umweg nehmen. Am Ende der Voßstraße konnte er wieder nach rechts abbiegen und über die Wilhelmstraße sein Ziel erreichen.
    Seine Beschatter würden im kräftigen Schein der neuen Laternen an der Reichskanzlei erkennbar werden oder es sogar vorziehen, ihre Verfolgung abzubrechen. Er war im Begriff, um die Straßenecke zu biegen, als er hinter sich die Silhouetten dreier Männer im Laufschritt näher kommen sah. Er beschleunigte seine Schritte, um in die Straßenmitte zu gelangen. Dort würde er im Blickfeld der beiden Ehrenwachen sein, die weniger als fünfzig Meter entfernt auf halber Höhe des Treppenaufgangs zum Hauptportal von Hitlers Residenz an ihren vorbestimmten Plätzen strammstanden.
    Die Front der Reichskanzlei war abweisend wie eine Festung und mutete, von der Straßenecke aus betrachtet, nahezu endlos an. Die schmalen Fenster der zwanzig Meter hoch aufragenden Außenfassade wirkten aus Clarsons Perspektive wie überdimensionierte Schießscharten.
    Für seine Verfolger würde es ein Leichtes sein, zu ihm aufzuschließen, und es war müßig, dagegen anzugehen. Auf seinen Stock gestützt, blieb er in der Mitte der Straße stehen.
    »Hinken alle in der Familie?«, tönte einen Moment später eine verächtliche Stimme in seinem Nacken.
    Er wandte sich um. Vor ihm stand ein Bulle von Mann, der aussah, als sei er einem Leni-Riefenstahl-Film entsprungen. Er trug einen schwarzen Ledermantel mit Schulterstücken und Kragenspiegel, auf denen die Runen der SS zu erkennen waren. Pistolentasche und Dolch trug er über dem Mantel am eng geschnürten Koppel, die Offiziersmütze hatte er aus der Stirn geschoben und das Licht der zahlreichen Laternen spiegelte sich in einem jungen Gesicht wider, das Stolz und Brutalität ausstrahlte. Der Mann hielt Clarson eine metallene Dienstmarke an einer Kette hin. »Gestatten der Herr? Obersturmführer Struttner, SD.«
    Einen Schritt hinter ihm hatten sich zwei weitere Männer in Ledermänteln der SS postiert, beide deutlich älter als ihr Vorgesetzter.
    »Unterwegs, um sich ein wenig die Beine zu vertreten?«, fragte der Obersturmführer ohne weitere Einleitung und begann, Clarson langsam zu umkreisen. »Oder wieder auf dem Weg zu einer Verabredung in einer Swing-Bar?«
    Seine ironische Frage verdiente keine Antwort.
    »Wie ich höre, haben Sie kürzlich Bekanntschaft mit der Deutschen Kriminalpolizei gemacht. Kommissar Traube. Pflichtbewusster Mann. Versucht einen Mörder zu fangen. Hatte ihn eigentlich schon, musste ihn aber wieder laufen lassen. Das kann einem den Spaß am Beruf nehmen so etwas.« Struttner baute sich wenige Zentimeter vor Clarson auf, sein Atem roch nach Schnaps. »Man hat Sie aus Gründen der Staatsräson nicht in Haft gehalten«, fuhr er mit höhnischem Unterton fort, »doch das kann sich ändern. Ich habe jetzt die alleinige Ermittlungshoheit über den Fall. Ich könnte Sie auf der Stelle verhaften lassen und Sie würden schon bald ohne viel Aufhebens an einem Galgen baumeln.«
    Clarson schaute seinem Gegenüber ins Gesicht, in die Augen, die ihn im fahlen Laternenlicht anstarrten. »Sie wissen sehr gut, dass ich nicht der Täter bin.«
    »Ihre Fingerabdrücke auf der Tatwaffe, dazu ein belastender Augenzeuge, ich kann mir gar keine eindeutigere Indizienlage vorstellen.«
    Clarson machte Anstalten, sich zum Weitergehen abzuwenden, doch der SD-Offizier blockierte ihm den Weg.
    »Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«, seufzte Clarson.
    »Nun, zum Beispiel würde es mich interessieren«, Struttner hielt sich eine in einem schwarzen Lederhandschuh steckende Faust vor den Mund und unterdrückte ein Aufstoßen, »warum Sie sich mit einem britischen Diplomaten zu heimlichen Treffen in einem mehr als fragwürdigen Tanzschuppen verabreden.«
    Keine Replik über Liebhaberei von Jazzmusik würde ihn jetzt weiterbringen. »Wäre es nicht angemessener, wenn Sie mich morgen im Hotel Adlon aufsuchten?«, entgegnete er stattdessen. »Oder darf ich Ihre Frage bereits als Teil eines offiziellen Verhörs verstehen?«
    Struttners Antwort kam prompt. Er machte einen kleinen Schritt zurück und trat Clarson ansatzlos und mit voller Wucht zwischen die Beine.
    Clarson, auf die Attacke gänzlich unvorbereitet, krümmte sich unter dem stechenden Schmerz zusammen, der ihm bis ins Rückenmark schoss und hoch zu

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