Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
der Greis. » Eurem Großvater. Er ist das Sandkorn im Getriebe des Universums.«
» Das ist ja ganz was Neues«, befand die Wallattin sarkastisch.
» Aber ja«, beharrte Nol. » Saat ist nicht einfach nur euer Feind oder ein gewöhnlicher Sterblicher, der davon besessen ist, die Welt zu erobern. Er dürfte gar nicht da sein. Seine Existenz verhindert, dass das Zeitalter von Ys anbricht. Er ist ein Fehler im Gepräge der Welt, ein Makel in ihrem Gewebe, und das kann weitreichende Folgen haben…«
» Wie weitreichend?«, fragte Damián.
» Alle einstigen Dämonen, die auf der Welt umherirren, könnten ihr Gedächtnis und ihre Macht wiedererlangen. Es hat bereits begonnen. Die Frage ist nur, ob es wieder aufhört. Irgendwann könnten sich sogar die Toten aus ihren Gräbern erheben, so wie Saat es getan hat. Und schließlich könnte das ganze Universum vernichtet werden.«
Maara starrte Nol herausfordernd an, um den Unglückspropheten dazu zu bringen, seine düsteren Worte zurückzunehmen. Aber stattdessen brachte der todernste Blick des Hüters sie aus der Fassung.
Guederic hatte Nols Erzählung gelauscht, ohne ihn zu unterbrechen. Erst schwieg er nur aus Respekt, aber dann fesselte ihn die Geschichte so sehr, dass er alles um sich herum vergaß. Außerdem war er so aufgewühlt, dass statt Worten sicher nur Schluchzen aus seiner Kehle gekommen wäre.
Guederic konnte sich nicht erklären, warum ihn die Schilderung des Hüters derart erschütterte. Vielleicht ging ihm das Schicksal der Götterkinder so nah, weil es ihn an die Waisen erinnerte, um die er sich in Lorelia gekümmert hatte. Vielleicht war er aber auch nur erschöpft. Nach über zwölf Dekanten ohne Schlaf konnte man schon ein wenig empfindlich sein.
Seit einer Dezille war es mit der Gefühlsduselei jedoch vorbei. Seit der Hüter Saat erwähnt hatte und das Übel, für das der Hexer verantwortlich war, pulsierte Zorn durch seine Adern. Nun beteiligte er sich aus einem ganz anderen Grund nicht an dem Gespräch: aus Angst, seinem alles verzehrenden Hass ungezügelt Luft zu machen.
» Das ganze Universum vernichten?«, wiederholte Damián tonlos. » Hat Saat dazu denn die Macht?«
Nol dachte einen Augenblick nach, während die Gefährten ihn bang anstarrten. » Nein«, sagte er schließlich. » Jedenfalls noch nicht. Aber was der Hexer beabsichtigt, ist nebensächlich. Wenn die Welt untergeht, ist das eine Folge des Bruchs, den Saats Existenz verursacht. Ich glaube kaum, dass er auf die Vernichtung des Universums aus ist. Dazu hängt er viel zu sehr am Leben.«
» Das verstehe ich nicht«, sagte Josion. » Wie kann er gegen seinen Willen den Untergang der Welt herbeiführen? Und warum lebt er überhaupt noch, wo ihn Léti doch vor fast fünfzig Jahren getötet hat?«
» Das ist ja genau das Problem«, antwortete der Greis mit einem Seufzer und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
Nols sorgenzerfurchtes Gesicht verstärkte Guederics Empörung noch. Der Hexer würde für seine Untaten büßen; das schwor sich der junge Mann bei seinem Leben.
» Saat war zu lange dem Einfluss des Karu ausgesetzt«, erklärte Nol. » Selbst seine Seele ist vom Gwel durchdrungen, dem schwarzen, übel riechenden Schlamm der Unterwelt. Als der Hexer das Karu zum ersten Mal verließ, war er bereits tot. Aber er nutzte Sombres Kraft, um das Band zwischen seinem Körper und seinem Geist aufrechtzuerhalten. Als Léti ihm das Schwert ins Herz stieß und seine Seele befreite, hätte diese eigentlich mit einem der Dämonen im Karu verschmelzen müssen. Doch Saat fand die Kraft, sich dem zu widersetzen. Wenn das Jal nicht zerstört worden wäre, hätte das keine schlimmen Folgen gehabt. Dann würde Saat heute noch durch die Gänge des Karu irren. Aber leider hat das Schicksal anders entschieden.«
» Ich verstehe immer noch nicht, wo der Hund begraben liegt«, sagte Maara ungehalten.
» Nach der Vernichtung des Jal wurden alle Seelen, die sich im Jal mit den Untersterblichen vereint hatten, entweder im Körper eines Menschen wiedergeboren oder lösten sich in nichts auf. Die Götter und Dämonen, die nur aufgrund des Glaubens der Sterblichen existiert hatten, verschwanden. Usul, Eurydis und Sombre, die von menschlichen Eltern abstammten, starben und wurden im Körper eines Sterblichen wiedergeboren. Und mindestens drei von uns verloren zwar ihre Unsterblichkeit, nicht aber ihre Persönlichkeit: die Wächterin des Karu, Eryne und ich.«
Nol legte eine Pause ein, damit die
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