Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
und schlug sie dem Mann in den Magen.
» Nein!«, schrie Souanne.
Aber es war zu spät. Guederics Schlag erfüllte ihn allerdings nicht mit der erhofften Befriedigung: Der Wahnsinnige schien ihn gar nicht zu spüren. Er wand sich nur etwas heftiger in Josions Griff und schnappte mit den Zähnen nach Guederic. Josion hatte die größte Mühe, ihn festzuhalten, und Maara kam ihm zu Hilfe.
» Das war nicht nötig, Guederic«, sagte Zejabel zornig. » Der Schlag hat ihn nur noch mehr in Rage gebracht.«
» Dafür braucht er mich nicht«, ätzte Guederic.
Wut pulsierte durch seinen Körper. In diesem Moment war sein Verstand ausgeschaltet, und er hatte nur noch eines im Kopf: Er musste dieser wilden Bestie klarmachen, wer der Stärkere war!
Zejabel warf ihm einen Blick zu, den er noch nie an ihr gesehen hatte und der ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Sie musterte ihn mit der kaltblütigen Entschlossenheit der einstigen Kahati, die vor nichts zurückschreckt. Guederic erschütterte dieser Blick so sehr, dass er eine entschuldigende Geste machte. Er hatte zwar keine Angst vor ihr, aber sein Gefühl sagte ihm, dass dies der falsche Zeitpunkt wäre, sich mit ihr anzulegen.
Während dieses stummen Kräftemessens hatte Josion seinen Gefangenen in die Knie gezwungen und ihn mit einem Armhebel dazu gebracht, sich bäuchlings auf den Boden zu legen. Nun setzte er sich auf den Rücken des Mannes und bat Najel um ein Seil.
» Wir müssen ihn freilassen«, sagte Souanne plötzlich. » Wir dürfen ihn nicht fesseln! Das wäre Frevel!«
Die anderen sahen sie verständnislos an. Guederic hätte dem Irren am liebsten einen Knüppel über den Kopf gezogen und dem Ganzen so ein Ende bereitet. Doch diesen Gedanken behielt er lieber für sich.
» Wenn ich ihn freilasse, wird er sich auf uns stürzen«, widersprach Josion.
» Das wissen wir nicht«, konterte Souanne.
» Wenn er uns angreift, muss ich ihn vielleicht töten. Das will ich auf keinen Fall, und du ja wohl auch nicht.«
Josion ließ sich auf keine weiteren Diskussionen ein, sondern wickelte das Seil mehrmals straff um die Arme und Handgelenke des Mannes. Der Gefangene zerrte knurrend an seinen Fesseln.
» Ihr seht doch, dass er harmlos ist!«, flehte Souanne. » Er ist bloß ein Landstreicher, der nichts anderes verbrochen hat, als sich unserem Lagerfeuer zu nähern.«
» Aber er ist nicht allein«, sagte Damián. » Das ist schon der zweite, der sich an uns heranpirscht. Solange wir nicht wissen, wer diese Kerle sind, will ich ihn im Auge behalten.«
» Warum geht dir das eigentlich so nah?«, fragte Maara misstrauisch. » Du bist schließlich Soldatin, ein hochrangiges Mitglied der Grauen Legion … Hast du noch nie jemanden für eine Nacht in den Kerker gesteckt?«
Guederic ignorierte den Seitenblick, den Souanne ihm zuwarf. O doch, das hatte sie, und zwar ihn. Nach einer seiner Kneipenschlägereien hatte sie ihn festgenommen und in Handschellen abgeführt. Es kam ihm vor, als wäre das in einem anderen Leben gewesen. Guederic hatte jedoch nicht die Absicht, Souanne zu Hilfe zu kommen: Es war offenkundig, dass sie beide nicht das gleiche Ziel verfolgten.
» Ich … Ich empfinde tiefes Mitgefühl für diesen Unglücklichen«, gestand die Legionärin schließlich. » Das ist mir in Crek schon einmal so ergangen. Nennt es von mir aus Schwäche oder Rührseligkeit, aber mir ist, als spürte ich die Schmerzen dieses armen Kerls am eigenen Leib. Als würde uns etwas verbinden.«
Guederics Blick wanderte von der geifernden Kreatur zu der jungen Lorelierin, die ihnen ihr Herz ausgeschüttet hatte. Plötzlich wurde ihm speiübel. Souanne hatte Recht, zumindest, was eins anging: Der Verrückte ähnelte einem der Gefährten. Aber nicht Souanne, sondern Guederic. Jetzt war ihm auch klar, warum er dieses grässliche Zerrbild seiner selbst unbedingt töten wollte!
Die anderen waren nicht minder erschüttert, wenn auch nicht aus demselben Grund. Souanne hatte schon mehrmals eine Eingebung gehabt und ihre Suche immer genau dann vorangebracht, wenn sie im Sande zu verlaufen drohte. Sie mussten ihre Intuition ernst nehmen. Schon begannen die Erben, den Wahnsinnigen mit anderen Augen zu sehen.
» Und was sollen wir deiner Meinung nach tun?«, fragte Damián.
» Ich weiß es nicht«, antwortete Souanne seufzend. » Mir ist klar, dass es gefährlich wäre, ihn laufen zu lassen, aber mir fällt keine andere Lösung ein.«
» Aber nicht vor morgen früh«, entgegnete
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